Begriff

Der Begriff des Internationalen Steuerrechts ist im deutschen Ertragssteuerrecht nicht legal definiert. Der Begriff wird als übergeordnete Umschreibung der 5 Elemente des deutschen Steuerrechts bezeichnet, die sich mit grenzüberschreitenden Besteuerungssachverhalten beschäftigen. Es handelt sich um die Regelungen der

  1. Doppelbesteuerungsabkommen;
  2. der nationalen Vorschriften mit Auslandsbezug;
  3. des Außensteuergesetzes;
  4. des Mindeststeuergesetzes (Entwurf zur Umsetzung der EU-Mindestbesteuerungsrichtlinie);
  5. der Vorgaben des EU-Rechts für die direkten Steuern (Vorgabe der EU-Grundfreiheiten und der EU-Richtlinien).

Anstelle des Begriffs des Internationalen Steuerrechts wird häufig auch synonym der Begriff "Außensteuerrecht" verwendet.

Die DBA regeln hierbei vorrangig in den sog. Zuweisungsartikeln, ob und in welchem Umfang ein ausländischer Quellenstaat das Besteuerungsrecht hat, und im sog. Methodenartikel, ob in Deutschland diese Einkünfte steuerfrei sind oder die Doppelbesteuerung durch Anrechnung der ausländischen Steuer beseitigt wird. Daneben sind aber auch regelmäßig Normen zur Vermeidung einer doppelten Steuerfreistellung als neuer DBA-Zweck sowie Normen zur Streitvermeidung (Verständigungs-/Schiedsverfahren) enthalten.

Die nationalen Vorschriften wirken hierbei regelmäßig ergänzend, regeln aber auch die Vermeidung der Doppelbesteuerung in Nicht-DBA-Fällen[1] oder haben einen rein steuerpolitischen Hintergrund wie z. B. die Einschränkung des Abzugsverbots in § 2a EStG auf Drittstaatenverluste oder die Lizenzschranke des § 4j EStG.

Vergleichbares gilt für das nationale AStG, wonach ergänzende Beschränkungen zu prüfen sind, wenn sich Fragen der Steuergestaltung infolge der Nutzung des internationalen Steuergefälles ergeben (Anwendungsfälle: Verrechnungspreise, Wegzug mit einer Beteiligung i. S. des § 17 EStG /Schenkung oder Erbfall der Beteiligung in einen ausländischen Staat oder Nutzung einer thesaurierenden Kapitalgesellschaft in einem Niedrigsteuerstaat).

Das Mindeststeuergesetz, zu dem das BMF am 11.7.2023 einen Referentenentwurf vorgelegt hat, ist eine komplett neue "Sparte" des deutschen internationalen Steuerrechts, mit der die Vorgaben der OECD bzw. der EU aus dem BEPS-Prozess umgesetzt werden sollen. Das Mindeststeuergesetz-E enthält eine völlig neue Konzeption der grenzüberschreitenden Konzernbesteuerung, bei der erstmalig im deutschen Steuerrecht vom Prinzip der Individualbesteuerung abgewichen wird und die vorgesehene Konzernbesteuerung eine globale effektive Mindestbesteuerung sicherstellen soll und damit dem schädlichen Steuerwettbewerb sowohl von Steueroasen als auch Anzeizen von Industriestaaten entgegengewirkt werden soll. Die Mindeststeuer ist hierbei eine eigenständige Steuer vom Einkommen und wird zusätzlich zur Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben.

Das EU-Recht der direkten Steuern hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Dies betrifft zum einen die Rechtsprechung des EuGH, der sich als Motor des steuerlichen Binnenmarkts versteht. Der EuGH prüft hierbei vorrangig, ob nationale Rechtsnormen mit den EU-Grundrechten, insbesondere dem

  • Diskriminierungsverbot,
  • der Arbeitnehmerfreizügigkeit,
  • der Niederlassungsfreiheit oder
  • der Kapitalverkehrsfreiheit

vereinbar sind.

Das primäre EU-Recht umfasste früher lediglich ein Schrankenrecht (z. B. in der EU-Mutter-Tochterrichtlinie zur Begrenzung der Quellensteuer von Schachteldividenden oder der EU-Zins- und Lizenzrichtlinie zur Begrenzung der Quellensteuer auf Zins- und Lizenzzahlungen verbundener Unternehmen). Neuere Regelungen greifen hingegen viel weiter in nationale Besteuerungsrechte ein, indem sie umfassende Mindestvorgaben einer Besteuerung vorgeben. Zu nennen sind hierbei insbesondere die Richtlinien des Rats mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken (ATAD I und II) und die Mindestbesteuerungsrichtlinie. Weitere Richtlinien sind in Ausarbeitung, wie insbesondere die "Unshell" Richtlinie, deren Entwurf vom 22.12.2021 sich gegen Steueroasengesellschaften richtet sowie die BEFIT-Richtlinie (Business in Europe – Framework for Income Taxation), wonach eine gemeinsame Steuerbemessungsgrundlage ermittelt werden soll, wobei bislang nur eine Mitteilung der KOM vorliegt, bzw. eine öffentliche Konsultation am 13.10.2022 erfolgte.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Den Steuerpflichtigen, die Verwaltung und die Rechtsprechung bindende Normen sind hinsichtlich der DBA der Abkommenstext, das Protokoll oder Schlussprotokoll und die Rechtsverordnungen zu § 2 Abs. 2 AO (derzeit mit den Niederlanden, der Schweiz, Frankreich, den USA, Österreich, Luxemburg, Großbritannien und Belgien).

Der Stand der DBA ergibt sich regelmäßig aus einem BMF-Schreiben, das im ersten BStBl jeden Jahres veröffentlicht wird, z. B. zum Stand 1.1.2023.[2]

Der Rechtscharakter der Rechtsverordnungen zu § 2 Abs. 2 AO ist umstritten.

Der BFH hat sich im Urteil v. 10.6.2015, I R 79/13[3] erstmals mit der Bedeutung der mit dem JStG 2010 eingefü...

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