Die Gestaltung "atypische Beteiligung" an einer ausländischen Kapitalgesellschaft wurde in der Vergangenheit einerseits gewählt, um die zivilrechtliche Haftung zu begrenzen (Rechtsform Kapitalgesellschaft), andererseits aber auch, um steuerlich den Verlustabzug nach § 2a Abs. 3 EStG bis 1999 in Anspruch nehmen zu können (Rechtsform: Mitunternehmerschaft). Des Weiteren kann sich wegen eines Qualifikationskonflikts ein Vorteil ergeben.

 
Praxis-Beispiel

Einkünfte aus atypischen Beteiligungen

Die inländische ABC-AG beabsichtigt, in den USA eine Produktionsstätte in der Rechtsform einer KapGes. amerikanischen Rechts (Corporation) zu errichten. Alleinige Gesellschafterin ist die ABC-AG.

Neben der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung wird sich die AG auch als atypisch stille Gesellschafterin an der Corporation beteiligen. Als Einlage ist ein Betrag von x Mio. US $ vorgesehen. Dafür soll die AG am Gewinn und Verlust der Corporation zu 98 % beteiligt werden

Die ABC-AG ist der Auffassung, dass sie mit der atypischen stillen Beteiligung eine Betriebsstätte nach Art. 7 DBA USA begründet und die in den USA entstehenden Anlaufverluste nach § 2 a Abs. 3 EStG 1999 bei der inl. Besteuerung zu berücksichtigen sind und künftige Gewinne steuerfrei sind.

Die unterschiedliche Qualifikation der Einkünfte aus der stillen Beteiligung – aus US-amerikanischer Sicht liegt eine Kapitaleinlage des Gesellschafters vor, nach inländischem Recht ist von einer Betriebsstätte durch Beteiligung an einer gewerblichen Mitunternehmerschaft auszugehen – stehe dem nicht entgegen.

Der BFH entschied im Fall einer atypischen Beteiligungen in der Schweiz wie folgt[1]: "Ist eine in Deutschland ansässige Person atypisch still an dem Unternehmen einer Schweizer Kapitalgesellschaft beteiligt, so sind die auf diese Weise erzielten Gewinnanteile Unternehmensgewinne i. S. des Art. 7 DBA/Schweiz. Diese Gewinnanteile durften bis zum Veranlagungszeitraum 1993, soweit die Schweizer Gesellschaft aktiv tätig war, und ihr Gewinn innerhalb von schweizerischen Betriebsstätten erteilt wurde, nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden".

Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der BFH die Frage der Betriebsstätteneigenschaft nicht abschließend beurteilt hat.

Durch das Änderungsprotokoll vom 21.12.1992 ist Art. 24 DBA/Schweiz wegen dieses sich abzeichnenden Gestaltungsmodells bereits "vorsorglich" geändert worden, d. h. es erfolgt insoweit keine Steuerfreistellung, sondern Anrechnung.

Die Finanzverwaltung reagierte auf dieses Urteil mit einem partiellen Nichtanwendungserlass[2] und regelte darin folgende Punkte:

a) Qualifikation:

Vorrang abkommensspezifischer Regelungen: Soweit die DBA Sonderregelungen enthalten[3] ergibt sich kein Qualifikationskonflikt

Einkünfte aus echten stillen Beteiligungen: Diese sind abkommensrechtlich Dividenden oder Zinsen.

Grundsatz der Übernahme der innerstaatlichen Qualifikation: Gewinnanteile aus atypischen stillen Beteiligungen stellen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar. Auch soweit die DBA Gewinnanteile aus atypischen stillen Beteiligungen nicht ausdrücklich den Unternehmensgewinnen zuordnen sind die Abkommensbestimmungen über Unternehmensgewinne (vgl. Art. 7 OECD-MA) einschließlich der diesbezüglichen Regelungen über die Vermeidung der Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat anzuwenden; die Einkünfte sind nicht als Dividenden, Zinsen oder andere Einkünfte i. S. der DBA anzusehen.

Ungeachtet der nicht entschiedenen Grundsatzfrage sind nach Auffassung der Finanzverwaltung die DBA-Bestimmungen über Unternehmensgewinne auch nach den anderen DBA anzuwenden, und zwar auch, soweit ein DBA keine ausdrückliche Regelung in diesem Sinne trifft.

b) Rechtsfolgen beim Steuerinländer mit atypischen stillen Beteiligungen an ausländischen Unternehmen

Grundsatz:

Aufgrund einer atypischen stillen Beteiligung an einem ausländischen Unternehmen ist dessen Betriebsstätte als Betriebsstätte des stillen Gesellschafters anzusehen.[4] Gewinne der Betriebsstätte werden damit grundsätzlich nach dem Methodenartikel des anzuwendenden DBA zumindest bei aktiven Einkünften freigestellt. Bei Verlusten aus der atypischen stillen Beteiligung kommt hingegen wegen der sog. Symmetrie ein Verlustabzug grundsätzlich nicht in Frage. Nach der Konkretisierung der EuGH-Rechtsprechung zu sog. "finalen Verlusten" im Verfahren Timac Agro[5] ist davon auszugehen, dass diese nie in Deutschland zu berücksichtigen sind. Mit Beschluss vom 10.3.2016[6] hat der BFH das ausgesetzte Verfahren wieder aufgenommen und über die NZB entschieden. Das Verfahren wird unter I R 18/16 geführt.

Abweichende Qualifikation im Quellenstaat:

Qualifiziert der andere Vertragsstaat die Einkünfte als Dividenden, Zinsen oder andere Einkünfte i. S. des DBA und erhebt deswegen nur eine Quellensteuer oder stellt bei den sonstigen Einkünften frei, so ist – abweichend vom vorgenannten BFH-Urteil vom 21.7.1999 – nur die Anrechnung zu gewähren. Die Finanzverwaltung stützt sich insoweit auf den OECD-Beri...

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