Deutschland vermeidet als Ansässigkeitsstaat im Rahmen der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) die Doppelbesteuerung traditionell durch Freistellung der Auslandseinkünfte von der deutschen Besteuerung, sofern die Einkünfte aus einer aktiven Tätigkeit stammen. Dabei kann es zu einer völligen Nichtbesteuerung der Einkünfte kommen, wenn die beiden Vertragsstaaten

  • von unterschiedlichen Sachverhalten ausgehen,
  • das Abkommen unterschiedlich auslegen

    oder

  • die Abkommensbegriffe nach ihrem nationalen Recht auslegen.

Typische Anwendungsfälle sind:

7.3.6.1 Nicht besteuerte Veräußerungsgewinne bei Beteiligungen an ausländischen Personengesellschaften (bei intransparenter Besteuerung im Ausland)

 
Praxis-Beispiel

Veräußerung Beteiligungen an Personengesellschaft

An einer Personengesellschaft sind die in Deutschland wohnhaften Gesellschafter A und B beteiligt. Die Personengesellschaft übt ihre Tätigkeit im Ausland in einer dort belegenen Betriebsstätte aus. Nach dem DBA werden die dort erzielten Einkünfte in Deutschland freigestellt. Der ausländische Staat behandelt die Personengesellschaft als eigenständiges Steuersubjekt. A veräußert seinen Gesellschaftsanteil.

Da der ausländische Staat die Personengesellschaft – wie eine Kapitalgesellschaft – als eigenständiges Besteuerungssubjekt behandelt, kann er den Veräußerungsgewinn nicht besteuern. In Deutschland wird dagegen der Anteilsverkauf als Veräußerung der Wirtschaftsgüter einer Betriebsstätte behandelt, da die Personengesellschaft aus deutscher Sicht kein Besteuerungssubjekt ist. Aus dieser Sicht steht das Besteuerungsrecht dem ausländischen Staat zu, während Deutschland den Veräußerungsgewinn von der Besteuerung ausnimmt. Danach wird der Veräußerungsgewinn weder im Ausland noch in Deutschland besteuert.

Anwendungsfälle sind z. B. Spanien, Ungarn, Tschechien.

7.3.6.2 Der ausländische Staat kennt keine gewerbliche Prägung von Personengesellschaften

Dasselbe Ergebnis kann eintreten, wenn das Besteuerungsrecht dem ausländischen Staat zusteht, dieser sich jedoch wegen seines innerstaatlichen Rechts an der Besteuerung dieser Einkünfte gehindert sieht.

 
Praxis-Beispiel

Qualifikationskonflikt der ausl. Einkünfte

Eine in Deutschland wohnhafte natürliche Person C erzielt Einkünfte aus einer gewerbliche geprägten Personengesellschaft in einem ausländischen Staat, die nach dem DBA von der deutschen Steuer auszunehmen sind. Nach dem Recht des ausländischen Belegenheitsstaates sind jedoch keine Unternehmenseinkünfte gegeben, sondern Einkünfte aus Vermögensverwaltung, die u. a. Zinsen umfassen.

Nach dem nationalen Recht des ausländischen Staates unterliegen diese Zinsen nicht der Besteuerung, da sie nicht von einem dort Ansässigen erzielt werden. Die Zinsen werden dann in keinem der beiden Staaten besteuert.

Um in derartigen Fällen überhaupt zu einer Besteuerung zu kommen, schließt § 50d Abs. 9 EStG die Freistellung der Einkünfte aus, wenn die Einkünfte ansonsten nicht oder nur zu einem der Höhe nach begrenzten Steuersatz besteuert würden, weil das DBA keine Bestimmungen zur Verhinderung "doppelter" Nichtbesteuerungen oder der Besteuerung zu einem niedrigeren Satz enthält. § 50d Abs. 9 EStG gilt nur für Einkünfte, die nach einem DBA in Deutschland freizustellen sind, nicht dagegen bei Steuerbefreiungen nach innerstaatlichem Recht. Dabei erstreckt sich § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG auf die eingangs beschriebenen Qualifikationskonflikte. Bewirkt ein solcher Qualifikationskonflikt die Nichtbesteuerung oder eine Besteuerung zu einem im DBA vorgesehenen, der Höhe nach begrenzten Steuersatz, dann entfällt in Deutschland die Freistellung dieser Einkünfte.

Weitere Anwendungsfälle neben den vorgenannten Beispielen sind:

7.3.6.3 Sondervergütungen bei Beteiligungen an ausländischen Personengesellschaften

Nur wenige DBA wie z. B. Art. 7 Abs. 7 DBA Schweiz übertragen den Regelungsinhalt des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG in das DBA. In anderen Fällen droht eine doppelte Begünstigung durch Nichtbesteuerung und Abzug als Betriebsausgabe.

 
Praxis-Beispiel

Sondervergütung aus Beteiligungen an ausl. Personengesellschaften

Der Steuerinländer D beteiligt sich an einer ausländischen, gewerblich tätigen Personengesellschaft. Er gewährt ein verzinsliches Darlehen. Der ausländische Staat berücksichtigt die an D gezahlten Zinsen als Betriebsausgabe. Zur Vermeidung einer Steuerfreistellung sind die Sondervergütungen nach § 50d Abs. 9 EStG nicht steuerfrei zu stellen.[1]

 
Hinweis

Steuerbefreiung von nicht besteuerten Sondervergütungen

Bereits nach der bisherigen Rechtsprechung[2] kam es regelmäßig nicht zur Steuerbefreiung von nicht besteuerten Sondervergütungen, da nach der BFH-Rechtsprechung § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht auf das Recht der DBA übertragbar war, sondern eine Zuordnung nur nach funktionalen Gesichtspunkten möglich war. Der BFH entschied in diesem Urteil, dass die von einer Limited Partnership in den USA an ihren im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern gezahlten Darlehenszinsen nicht durch das DBA-USA von der deutschen Besteuerung ausgenommen sind.

7.3.6.4 Atypisch stille Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften

Die Gestaltung "atypische Beteiligung"...

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