Bei hoher Brutto-Quellensteuer und niedrigen inländischen Einkünften ergibt sich häufig ein Anrechnungsüberhang.

Nach der Grundsatzbeurteilung der Finanzverwaltung enthält das GewStG keine Regelung über eine Anrechnung ausländischer Steuern auf die GewSt.

In der Literatur wird hingegen die Auffassung vertreten, dass Art. 23A Abs. 2 OECD-MA nicht differenziert zwischen der Anrechnung auf die ESt/KSt und einer solchen auf die GewSt, was dafür spricht, dass auch letztere in Betracht zu ziehen ist.

Die Finanzverwaltung lehnt diese Auslegung jedoch ab, da Art. 23A Abs. 2 Satz 1 OECD-MA auf das innerstaatliche Recht des Ansässigkeitsstaates und den dort verankerten Grundsatz, dass jeweils nur einander entsprechende Steuern anzurechnen sind, verweist.

Aus der Verweisung auf das innerstaatliche Recht ergibt sich nur, wie anzurechnen ist. Der in Art. 23A Abs. 2 S. 1 OECD-MA verwendete Ausdruck "auf die zu erhebende Steuer" bezieht sich jedoch auch auf die deutsche Gewerbesteuer (vgl. Art. 2 Abs. 2 OECD-MA).

Verschiedene DBA schließen die Anrechnung auf die GewSt explizit aus. So z. B. die Schweiz (Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA Schweiz):

"Soweit Nummer 1 nicht anzuwenden ist, wird bei den aus der Schweiz stammenden Einkünften und bei den dort belegenen Vermögenswerten die in Übereinstimmung mit diesem Abkommen erhobene und nicht zu erstattende schweizerische Steuer nach Maßgabe der Vorschriften des deutschen Rechts über die Anrechnung ausländischer Steuern auf den Teil der deutschen Steuer (mit Ausnahme der Gewerbesteuer) angerechnet, der auf diese Einkünfte oder Vermögenswerte entfällt."

Jedoch gibt es auch den umgekehrten Fall, so z. B. Australien (Protokoll zu Art. 22 DBA Australien (e)):

"Übersteigt die australische Steuer, die in Übereinstimmung mit dem Abkommen von aus Australien stammenden Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren gezahlt worden ist, die entsprechende deutsche Einkommen- oder Körperschaftsteuer, auf die sie nach Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe b des Abkommens anzurechnen ist, so werden diese Einkünfte bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer, solange diese vom Ertrag erhoben wird, um den Teil gekürzt, der dem Verhältnis zwischen dem übersteigenden Betrag der australischen Steuer und dem in Übereinstimmung mit dem Abkommen gezahlten Gesamtbetrag der australischen Steuer entspricht."

Hinweis: Vergleichbare Probleme bestehen bei Streubesitzdividenden. Hierzu ist beim BFH ein NZB-Verfahren[1] anhängig. Das FG hatte entschieden, dass das Fehlen einer § 34c EStG/§ 26 KStG entsprechenden Vorschrift im GewStG weder verfassungswidrig ist noch gegen Unionsrecht verstößt.

[1] Az. beim BFH: I B 102/15.

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