Personen, die in der Bundesrepublik Deutschland über keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügen, können auf Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen beschränkt steuerpflichtiger inländischer Einkünfte im Sinne des § 49 EStG. Die "originäre" unbeschränkte Einkommensteuerpflicht, die an den Tatbestand eines Wohnsitzes anknüpft, verbleibt dabei im ausländischen Wohnsitzstaat. Für die Auslegung des Art. 4 Abs. 1 DBA sind Personen, die unter § 1 Abs. 1 oder 2 EStG fallen, unter DBA-rechtlichen Gesichtspunkten in der Bundesrepublik Deutschland ansässig. Personen hingegen, die nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden, können nicht nach Art. 4 Abs. 1 DBA als in der Bundesrepublik Deutschland ansässig angesehen werden. Eine Ansässigkeit besteht im tatsächlichen ausländischen Wohnsitzstaat.[1]

 
Praxis-Beispiel

Auswirkungen des § 1 Abs. 3 EStG

A, der seinen einzigen Wohnsitz in Frankreich hat und in der Bundesrepublik Deutschland weder über einen Wohnsitz verfügt, noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist im Inland als Arbeitnehmer außerhalb der Grenzzone tätig. Der Arbeitslohn ist in Deutschland steuerpflichtig[2]. A wird nach § 1 Abs. 3 EStG auf Antrag als in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, da mehr als 90 % seiner Einkünfte (der Arbeitslohn) der deutschen Besteuerung unterliegen. Er erhält Dividenden i. H. v. 3.000 CHF aus der Schweiz, die i. H. v. 750 CHF mit einer Quellensteuer (sog. Verrechnungssteuer) belastet sind. Er stellt nach dem DBA Deutschland Schweiz einen Antrag auf Rückerstattung der auf die Dividenden entfallende schweizerische Verrechnungssteuer, die über 450 CHF (15 % von 3.000 CHF) hinausgeht.

Durch die Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger nach § 1 Abs. 3 EStG wird A nicht nach Art. 4 Abs. 1 DBA Schweiz in Deutschland ansässig. Da er keinen Wohnsitz in der Schweiz hat, ist er auch nicht nach Art. 4 Abs. 1 DBA Schweiz in der Schweiz ansässig und somit i. S. d. DBA Schweiz nicht abkommensberechtigt. Ein evtl. vorliegender Anspruch auf Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer ist daher nach dem DBA Frankreich-Schweiz zu prüfen.

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