Der BFH hat sich in den am 17.6.2015 auf seiner Homepage veröffentlichten Urteilen[1] mit der Besteuerung von Kapitalleistungen befasst, die deutsche Steuerpflichtige im Rahmen der schweizerischen Altersvorsorge aus der so genannten 2. Säule von Schweizer Pensionskassen beziehen bzw. in der Vergangenheit bezogen haben. Dies betrifft insbesondere Steuerpflichtige, die im Inland wohnen, aber in der Schweiz gearbeitet haben bzw. noch arbeiten (sog. Grenzgänger). Betroffen sind aber auch Steuerpflichtige, die keine Grenzgänger sind/waren, zwischenzeitlich im Inland wohnen und ebenfalls Leistungen aus einer Schweizer Pensionskasse beziehen.

Entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung ist laut BFH bei der Besteuerung von Kapitalleistungen von privatrechtlichen Schweizer Pensionskassen zwischen dem Obligatorium (gesetzlich vorgeschriebener Mindestabsicherung) und dem Überobligatorium (über die Mindestabsicherung hinausgehende Einzahlungen in die Pensionskasse) zu unterscheiden.

Soweit die Auszahlung aus der privatrechtlichen Pensionskasse aus dem Obligatorium stammt, liegt eine steuerpflichtige "andere Leistung" gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG vor, die – wie bisher – mit dem maßgebenden Besteuerungsanteil steuerpflichtig ist. Soweit die Zahlung aus dem Überobligatorium stammt, erfolgt – entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung – die Besteuerung wie eine Leistung aus einer Kapitallebensversicherung. Erfolgt der Eintritt in die Pensionskasse vor 2005 und wurde mehr als 12 Jahre eingezahlt, kann die Auszahlung sogar ganz steuerbefreit sein. Bei einem späteren Eintritt in die Pensionskasse ist der Unterschiedsbetrag zwischen der Auszahlung und den entrichteten Beiträgen zu versteuern. Erfolgte in diesen Fällen die Auszahlung nach Vollendung des 60. (Vertragsabschluss bis 31.12.2011) bzw. 62. Lebensjahres (Vertragsabschluss ab 1.1.2012) und nach mehr als 12 Jahren ist nur der hälftige Unterschiedsbetrag zu versteuern.

Die vom BFH für privatrechtliche Pensionskassen angeordnete Unterscheidung zwischen dem Obligatorium und dem Überobligatorium schlägt auch auf die Einzahlungsphase durch. Hier hat die neue Rechtsprechung eine für die Steuerpflichtigen – insbesondere die Grenzgänger – nachteilige Auswirkung, da sich die überobligatorischen Einzahlungen in den meisten Fällen bei den Sonderausgaben steuerlich nicht (mehr) auswirken und die überobligatorischen Einzahlungen des Ar-beitgebers steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen.

Für Kapitalleistungen aus den öffentlich-rechtlichen Schweizer Pensionskassen (im Regelfall die Pensionskassen öffentlich-rechtlicher schweizerischer Arbeitgeber) gelten diese Grundsätze dagegen nicht, da diese Pensionskassen ihre Rechtsgrundlagen im öffentlichen Recht haben. Eine Austrittsleistung aus einer solchen Pensionskasse hat der BFH für Veranlagungszeiträume ab 2005 einheitlich (Obligatorium und Überobligatorium) als "andere Leistung" gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG beurteilt, die – soweit eine Einmalauszahlung erfolgt – nach der Fünftelregelung ermäßigt besteuert werden kann.

Die Rechtsprechung lässt sich wie folgt in nachfolgenden 2 Schaubildern darstellen:

Schaubild 1: Auszahlungen aus einer Schweizer öffentlich-rechtlichen Pensionskasse

Schaubild 2: Auszahlungen aus einer Schweizer privatrechtlichen Pensionskasse

 
Hinweis

Reaktion der Finanzverwaltung

Hierzu ist ein umfassendes Anwendungsschreiben ergangen,

[2]

das wie folgt zusammengefasst werden kann:

1) Laufende Zahlungen von Leistungen der Vorsorgeeinrichtungen der 2. Säule:

a) Obligatorium (Säule 2a):

  • Leistungen aus dem Obligatorium, die als Leibrenten erbracht werden, sind als Einkünfte nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit dem maßgebenden Besteuerungsanteil anzusetzen.
  • Steueranrechnung: max. 4,5 % des Besteuerungsanteils.
  • Hat der Steuerpflichtige vor 2005 für mindestens 10 Jahre Beiträge oberhalb der jeweils gültigen Beitragsbemessungsgrenze geleistet, wird die auf diese Beiträge entfallende Rente auf Antrag nur mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG besteuert (sog. Öffnungsklausel).
  • Steueranrechnung: max. 4,5 % des zu besteuernden Ertragsanteils.

b) Überobligatorium (Säule 2b)

2) Einmalzahlungen

a) Obligatorium (Säule 2a)

  • Leistungen aus dem Obligatorium in Form von Kapitalabfindungen stellen andere Leistungen i. S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG dar. Sie sind mit dem maßgebenden Besteuerungsanteil der Besteuerung zu unterwerfen (ggfs. auf Antrag Anwendung Öffnungsklausel).
  • Steueranrechnung: max. 4,5 % des Besteuerungsanteils des zu besteuernden Obligatoriums; soweit ein Anteil wegen der Öffnungsklausel nicht besteuert wird, kann insoweit auch keine Quell...

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