8.1 Allgemeines

Beginn und Ende einer Betriebstätte sind grundsätzlich abhängig von der Erfüllung bzw. Nichtmehrerfüllung der in Ziffer 4 aufgelisteten Konditionen (feste Geschäftseinrichtung, Zeitdauer der Bau- und Montagebetriebsstätte bzw. Vorliegen der Vertretervollmacht). Praxisprobleme ergeben sich jedoch ergänzend hinsichtlich der Behandlung von Vor- und Nachlaufkosten.

8.2 Laufende Gründungskosten

Problematisch sind bei den laufenden Gründungskosten nicht die unmittelbaren Gründungskosten, sondern die Kosten, die bereits im Vorbereitungsstadium anfallen. Es handelt sich hierbei um Kosten wie Reisekosten, Beratungskosten im Hinblick auf eine zu diesem Zeitpunkt evtl. zu errichtende Betriebsstätte. Im Betriebsstättenstaat ist es regelmäßig zweifelhaft, ob die laufenden oder vorbereitenden Gründungskosten abzugsfähig sind, da die dortige beschränkte Steuerpflicht regelmäßig an die Errichtung einer Betriebsstätte ansetzt. Es fehlt insoweit an dem entsprechenden Steuersubjekt.

Die Finanzverwaltung vertritt hierzu die Auffassung, dass im Rahmen der laufenden Betriebsstättenbesteuerung Gründungskosten entsprechend dem wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang gem. Art. 7 Abs. 3 OECD-MA zulasten des Betriebsstättenergebnisses anzusetzen sind.[1] Auch nach Auffassung der Rechtsprechung[2] und Teilen der Literatur[3] sind Aufwendungen, die bei der Errichtung der Betriebsstätte entstehen, aufgrund ihres Veranlassungszusammenhangs bereits der Betriebsstätte zuzuordnen. Dies gilt – so die Finanzverwaltung – sowohl für in- als auch für ausländische Betriebsstätten und unabhängig davon, ob die Betriebsstätte später tatsächlich begründet wird oder nicht.[4] Diese Auffassung wird in der Literatur aber auch abgelehnt, d. h. die entsprechenden Aufwendungen sollen dem Stammhaus zuzuordnen sein. Denn ein Aufwand, der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen vor Begründung der Betriebsstätte entsteht, könne nicht der Betriebsstätte zugeordnet werden. Der (Gründungs-)Aufwand sei stattdessen – mangels Anknüpfungspunkt einer beschränkten Steuerpflicht im Ausland vor Begründung der Betriebsstätte – dem Stammhaus zuzurechnen.[5] Der BFH hat sich im Urteil v. 26.2.2014[6] umfassend mit der vergleichbaren Frage vorweggenommener vergeblicher Aufwendungen im Zusammenhang mit der Gründung einer Arztpraxis in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit dem Veranlassungsprinzip beschäftigt und ist schon aufgrund des DBA zu nicht abzugsfähigen Aufwendungen im Inland gekommen. Eine Entscheidung zu § 3c EStG wurde nicht getroffen.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob diese Beurteilung auch ab 2013 (Einführung des § 1 Abs. 5 AStG) noch greift. Die hierzu ergangene BsGaV trifft hierzu in § 3 Abs. 4 Satz 1 eine eindeutige Aussage:

Zitat

Wird eine Betriebsstätte begründet, so ist zu diesem Zeitpunkt die erste Hilfs- und Nebenrechnung für die Betriebsstätte zu erstellen.

Nach in der Literatur vertretenen Auffassung können infolgedessen einer Betriebsstätte vor deren Gründung keine Aufwendungen zugerechnet werden, weil zuvor keine Hilfs- und Nebenrechnung zu erstellen ist.[7]

[2] Vgl. BFH, Urteil v. 20.7.1973, IV R 198/69, BStBl 1973 II S. 732;

BFH, Urteil v. 28.4.1983, IV R 122/79, BStBl 1983 II S. 566;

BFH, Urteil v. 26.2.2014, I R 56/12, BStBl 2014 II S. 703.

[3] Vgl. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rz. 18.35 m. w. N.
[4] Eine Ausnahme gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung für Kosten der Auftragsakquisition, welche Grundsätzlich dem Stammhaus zuzuordnen sind; vgl. BMF, Schreiben v. 24.12.1999, IV B 4 – S 1300 – 111/99 BStBl 1999 I S. 1076, Rz. 2.9.1.
[5] Zu Einzelheiten vgl. Wassermeyer in W/A/D, Betriebsstätten-Handbuch, Rz. 5.3 und 5.8 f.
[7] Vgl. Ditz/Luckhaupt, ISR 2015, 1 (8 f.).

8.3 Gescheiterte Betriebsstättengründung

Scheitert die Betriebsstättengründung, stehen die Gründungskosten in einem Veranlassungszusammenhang mit der Betriebsstätte; § 3c EStG ist anwendbar.[1] Dies führt dazu, dass die Kosten weder im Ausland (mangels Betriebsstättenbegründung) noch im Inland (wegen des funktionalen Zusammenhangs mit geplanten steuerfreien Einnahmen) abzugsfähig sind.

Die Finanzverwaltung übernimmt diese Rechtsprechung[2] und folgt damit nicht der Auffassung von Baranowski (IWB, Fach 3, Deutschland, Gruppe 2, 735), dass die Rechtsprechung und die Verwaltungsauffassung zu Schuldzinsen im Zusammenhang mit Schachtelbeteiligungen[3] entsprechend anzuwenden sind und damit nur Betriebsstättengründungskosten nichtabzugsfähig sein sollen, wenn die Betriebsstättenbegründung darauf abgezielt hätte, Einkünfte i. S. d. § 2a Abs. 1 und 2 EStG zu erzielen. Ob diese Grundsätze mit der EuGH-Rechtsprechung zur Notwendigkeit der Berücksichtigung endgültiger Verluste im Stammhausstaat noch vereinbar sind, ist strittig. Der BFH hat sich jedoch – bezüglich eines Drittstaatenfalls[4] – uneingeschränkt für die Nichtabzugsfähigkeit ausgesprochen. Eine Äußerung der Finanzverwaltung steht noch aus.

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