7.1 Allgemeines

Die OECD hat nach langen Vorarbeiten im Jahr 2006 das Projekt der Festlegung neuer Grundsätze zur Ermittlung des Betriebsstättengewinns vorgelegt, den sog. Authorised OECD Approach (AOA).[1] Anlass hierfür ist die unterschiedliche Interpretation des Artikels 7 OECD-MA in

  • Abs. 1: ‹Gewinne eines Unternehmens›,
  • Abs. 2: ‹funktionell selbstständiges Unternehmen›.
  • Abs. 3: ‹Zuordnung von Kosten›,

wobei in der Praxis durch die gleichzeitige Berücksichtigung des ‹Verbots von In-sich-Geschäften› der Fremdverhaltensgrundsatz wieder partiell rückgängig gemacht wird. Die OECD hat hierbei eine Arbeitshypothese entwickelt, die sich ‹unbeeinflusst von der ursprünglichen Intention oder der historischen Praxis und Interpretation› am Konzept des funktionell selbstständigen Unternehmens orientiert.

Hierzu ist ein 2-stufiges Verfahren vorgesehen:

  • 1. Stufe: Fiktion der Betriebsstätte als eigen- und selbstständiges Unternehmen Wesentliches Element ist die Fiktion der innerunternehmerischen Leistungsbeziehungen als ‹dealings›. Hieraus folgt die Notwendigkeit der Vergütung dieser ‹dealings› durch analoge Anwendung der 1995er Verrechnungspreisrichtlinien, wobei der Bericht auch die Aussage enthält, dass betriebsstättenbezogene Besonderheiten zu berücksichtigen sind.
  • 2. Stufe: Vergütung interner und externer Leistungsbeziehungen Hier erfolgt die Zuordnung externer Leistungsbeziehungen auf die einzelnen Unternehmensteile auf Basis der zugeordneten Wirtschaftsgüter und Risiken. Auch insoweit sind die Verrechnungspreisrichtlinien auf Leistungsbeziehungen zu verbundenen Unternehmen anzuwenden.

In Deutschland erfolgt die nationale Umsetzung durch § 1 Abs. 5 AStG 2013 und die ergänzende Rechtsverordnung[2]  Die Finanzverwaltung hat ein umfassendes, sogenanntes erläuterndes  BMF-Schreiben herausgegeben.

[3]

Nachfolgend werden, da aktuell nur wenige Länder betroffen sind, nur die Grundsätze dargestellt.

Die wesentlichen Auswirkungen der neuen Grundsätze sind:

  • Für sämtliche Innentransaktionen und insbesondere Dienstleistungen (wie z. B. der Buchhaltung, die zentral erstellt wird) ist es erforderlich, einen angemessenen Verrechnungspreis (i. d. R. cost-plus Gewinnaufschlag) zu ermitteln. Eine reine Verrechnung auf der Basis z. B. von geleisteten Stunden (Ist-Kosten Verteilung) genügt nicht.
  • Einer Betriebsstätte können Gewinne zugewiesen werden, auch wenn das Gesamtunternehmen einen Verlust macht.
  • Der Ansatz ignoriert rechtliche Identität einer Haftungsmasse des Gesamtunternehmens, indem auch das Eigenkapital nach Risikostruktur aufgeteilt wird.
  • Fiktive Zinsen und Lizenzen dürfen an der Quelle nicht besteuert werden, mindern aber den Gewinn der Betriebsstätte, da es sich um eine Art Vorabgewinn handelt. Damit wird einem Quellenstaat Besteuerungssubstrat entzogen.

7.2 Gewinnermittlungsschema des § 1 Abs. 5 AStG ab 2013

In Fortsetzung des OECD Ansatzes ergibt sich aus § 1 Abs. 5 Sätze 3 und 4 AStG nachfolgendes detailliertes Gewinnermittlungsschema:

7.3 Einzelfragen

Einzelheiten der Gewinnabgrenzung, sowohl hinsichtlich der Zuordnung von Wirtschaftsgütern als auch die Voraussetzungen für die Anerkennung anzunehmender schuldrechtlicher Beziehungen wurden in einer Rechtsverordnung, der Betriebsstätten-Gewinnabgrenzungsverordnung (BsGaV) geregelt. Diese soll noch durch ein umfassendes BMF-Schreiben, das noch im Jahr 2016 ergehen soll, erläutert. Daher werden nachfolgend nur die wichtigsten Aspekte dargestellt.

7.3.1 Verfahren

Im ersten Schritt ist eine Funktions- und Risikoanalyse zu erstellen, um damit die Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte als Teil der Geschäftstätigkeit des Unternehmens vom übrigen Unternehmen abzugrenzen. Die identifizierten (maßgeblichen) Personalfunktionen bilden dann die Grundlage für die Zuordnung der positiven und negativen Vermögenswerte, des Dotationskapitals und der Geschäftsvorfälle mit unabhängigen Dritten bzw. einer anderen nahestehenden Person[1]. Im zweiten Schritt ist, wie im übrigen auch bei nahestehenden Unternehmen, eine Vergleichbarkeitsanalyse durchzuführen, um auf dieser Basis für die festgestellten Geschäftsbeziehungen der Betriebsstätte zum übrigen Unternehmen fremdübliche Werte zu bestimmen.

7.3.2 Aufstellung einer Hilfs- und Nebenrechnung (§ 3 BsGaV)

Nach § 3 BsGaV besteht eine Verpflichtung zur Aufstellung einer Hilfs- und Nebenrechnung, die zu Beginn des Wirtschaftsjahres aufzustellen, fortzuschreiben und zum Ende des Wirtschaftsjahres abzuschließen ist. Sie beinhaltet das Ergebnis der Betriebsstätte und muss daher auch spätestens zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung verbindlich erstellt sein. In dieser Nebenrechnung sind

  • die der Betriebsstätte zuzuordnenden Vermögenswerte (auch Chancen und Risiken),
  • ihr Dotationskapital,
  • die übrigen Passiva und
  • die zusammenhängenden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben auszuweisen.

Es handelt ...

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