Nach Art. 7 Abs. 1 des OECD-MA, dem die deutschen DBA i. d. R. folgen, wird das Besteuerungsrecht für gewerbliche Gewinne zwar grundsätzlich dem Sitzstaat eines Unternehmens zugewiesen, aber zugleich eingeschränkt, wenn eine Betriebsstätte in einem anderen Staat begründet wird.

Zuordnungsprinzip

Art. 7 Abs. 1 OECD-MA a. F. lautet:

"Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats können nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort belegene Betriebsstätte aus. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit auf diese Weise aus, so können die Gewinne des Unternehmens im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebsstätte zugerechnet werden können".

Art. 7 Abs. 1 Satz 2 OECD-MA a. F. enthält damit bereits die erste abstrakte Zuordnungsvorschrift. Danach kann, wenn ein Unternehmen durch eine Betriebsstätte in einem anderen Staat tätig wird, dieser auswärtige Staat die Gewinne des Unternehmens besteuern, jedoch nur soweit, als sie der Betriebsstätte zugeordnet werden können. Das Besteuerungsrecht erstreckt sich damit nur auf die unmittelbaren durch die Betriebsstätte erzielten Gewinne des Unternehmens, nicht aber z. B. auf Direktgeschäfte (z. B. Direktlieferungen) aus Deutschland im ausländischen Staat bzw. umgekehrt. Das z. B. im DBA-USA 1954/66 enthaltene Abstraktionsprinzip, d. h. die Zurechnung von artgleichen Geschäften, gilt damit nicht für neuere deutsche DBA, die dem OECD-MA ab 1992 entsprechen.

Fremdverhaltensprinzip

Zur weiteren Abgrenzung der nach Art. 7 Abs. 1 i. V. m. Art. 5 OECD-MA im Betriebsstättenstaat zu versteuernden und im Wohnsitzstaat Deutschland i. d. R. freizustellenden Einkünfte enthalten die deutschen DBA i. d. R. eine besondere Abgrenzungsregelung, die i. d. R. Art. 7 Abs. 2 OECD-MA 1992, dem Grundsatz des Fremdvergleichs und der Selbstständigkeitsfiktion entspricht.

Art. 7 Abs. 2 OECD-MA 1992 lautet:

"Übt ein Unternehmen eines Vertragsstaats seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort belegene Betriebsstätte aus, so werden vorbehaltlich des Absatzes 3 in jedem Vertragsstaat dieser Betriebsstätte die Gewinne zugerechnet, die sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbstständiges Unternehmen ausgeübt hätte und im Verkehr mit dem Unternehmen, dessen Betriebsstätte sie ist, völlig unabhängig gewesen wäre."

Aufwandszuordnung

Der Vorbehalt des Abs. 3 regelt ergänzend die Frage der "örtlichen" Aufwandsentstehung:

"Bei der Ermittlung der Gewinne einer Betriebsstätte werden die für diese Betriebsstätte entstandenen Aufwendungen, einschließlich der Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungskosten, zum Abzug zugelassen, gleichgültig, ob sie in dem Staat, in dem die Betriebsstätte liegt, oder anderswo entstanden sind."

Danach sind der Betriebsstätte die Gewinne anzurechnen, die sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte und im Verkehr mit dem Unternehmen, dessen Betriebsstätte sie ist, völlig unabhängig gewesen wäre. Dieser Grundsatz des Fremdvergleichs, der für das deutsche Steuerrecht in § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG seinen Ausdruck findet, wird von der deutschen Finanzverwaltung auch dann angewandt, wenn kein DBA mit dem Staat der ausländischen Betriebsstätte oder des ausländischen Stammhauses besteht.

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