Die Gewinnabgrenzung zwischen einer ausländischen Betriebsstätte und dem deutschen Stammhaus (und umgekehrt) ist keine Frage der Gewinnermittlung nach nationalem Recht, sondern wird unmittelbar im DBA, z. B. in Art. 7 Abs. 14 des OECD-MA, geregelt. Maßgebend ist hiernach grundsätzlich der Fremdverhaltensgrundsatz (dealing at arms length). Die Lösung von Zuordnungsproblemen wird dadurch erschwert, dass es kein ausdrücklich festgelegtes Verhältnis der die Gewinnabgrenzung tragenden Prinzipien der Betriebsstättenbesteuerung gibt: Die Gewinnabgrenzung ist unmittelbar geregelt durch das jeweilige DBA, während sich die Gewinnermittlung nach dem jeweiligen Recht des Anwenderstaats ergibt. In Deutschland ist insoweit auf das in §§ 49ff. EStG für beschränkt steuerpflichtige Unternehmen geltende Veranlassungsprinzip zu verweisen. Allerdings kann der ermittelte Gewinn durch das DBA als Art sachliche Steuerbefreiungs- oder -ermäßigungsvorschrift begrenzt sein. Das DBA gibt sozusagen den Gesamtrahmen vor, während die innerstaatlichen Gewinnermittlungsvorschriften den zugeteilten Besteuerungsanspruch des jeweiligen Staats ausfüllen müssen.

 
Hinweis

Probleme durch neue Abgrenzungsregelungen

Die OECD überarbeitete auf der Basis des sog. Betriebsstättenberichts sowohl die Regelung des Art. 7 MA als auch den Musterkommentars (MAK). In Deutschland erfolgt die nationale Umsetzung durch § 1 Abs. 5 AStG 2013 und die ergänzende Rechtsverordnung.[1]

Die nationale Regelung des § 1 Abs. 5 AStG ist zwar grundsätzlich für alle Betriebsstättenfälle ab 2013 anzuwenden, zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung in den Fällen, in denen noch die "Altfassung" des Art. 7 gilt und der andere Staat keine entsprechende nationale Anwendungsregelung kennt, ist aber nach § 1 Abs. 1 Satz 8 AStG ein escape zur Anwendung der bisherigen Abgrenzungsgrundsätze möglich. Daher sind häufig beide Abgrenzungsgrundsätze zu prüfen.

Die internationale Umsetzung erfolgt durch die Neufassung des Art. 7 OECD-MA 2010. Allerdings ist festzustellen, dass es Deutschland nicht möglich ist, diese Neufassung in sämtlich ab diesem Zeitpunkt abgeschlossene neue DBA/Revisionsabkommen zu übernehmen. Hintergrund ist die Ablehnung des AOA durch das UN-Musterabkommen, das den Entwicklungs- bzw. Schwellenländern als Verhandlungsgrundlage dient. Die entsprechende Fassung 2010 ist daher nur in wenige deutsche DBA aufgenommen worden. So beinhaltet z. B. das ab 2017 anzuwendende neue DBA China auch noch den herkömmlichen Gewinnaufteilungsansatz. Auch einzelne OECD-Staaten lehnen den neuen Ansatz ab, wie z. B. das ab 2018 geltende neue DBA Finnland zeigt.

Damit stellt sich in der Praxis die Frage des Verhältnisses zwischen den beiden Konzepten.

Die Finanzverwaltung vertritt hierzu die „dynamische Abkommensauslegung“, d. h. alle bestehenden Abkommen werden im Licht der (besseren) Erkenntnis aus dem aktuellsten MK ausgelegt (für den Art. 7 i. d. F. OECD-MA 2008 ist das der Stand des MK 2008). Dies entspricht dem OECD-MAK, Tz. 33 – 36.1. Bei OECD-Staaten wird zusätzlich der AOA-Bericht zur Auslegung herangezogen, da alle OECD-Staaten diesem zugestimmt haben

[2]

Neue Abkommen nach dem Muster des Art. 7 OECD-MA 2010 werden nach der Neukommentierung ausgelegt.

[3]

Hieraus ergibt sich nachfolgendes Prüfschema:

Einzelheiten des "alten" Ansatzes sind nachfolgend und Einzelheiten des neuen Ansatzes sind in Tz. 7 erläutert.

[1] Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) v. 13.10.2014, BGBl I S. 1603.
[2] BMF, Schreiben v. 22.12.2016 – VWG BsGa – BStBl I 2017 S. 182, Tz. 3.2.
[3] BMF, Schreiben v. 22.12.2016 -VWG BsGa – BStBl I 2017 S. 182, Tz. 3.1.

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