Neu sind folgende Regelungen:

Faktische Abschlussvollmachten

Art. 5 Abs. 8 entspricht der Fortentwicklung des Artikels 5 Abs. 5 (abhängiger Vertreter) des OECD-MA durch das OECD/G-20-BEPS-Projekt[1]. Bislang konnte eine Vertreterbetriebstätte z. B. dadurch vermeiden werden, dass komplexe Vertragsverhandlungen durch nicht abschlussbevollmächtigte Arbeitnehmer ausgehandelt wurden und nur der Vertragsabschluss durch bevollmächtigte Organe erfolgte.

Unter den nachfolgend erläuterten Voraussetzungen des Abs. 8 wird ein Unternehmen eines Vertragsstaats ungeachtet einer fehlenden festen Geschäftseinrichtung so behandelt, als verfüge es im anderen Vertragsstaat über eine Betriebsstätte, wenn in diesem Vertragsstaat eine Person für das Unternehmen gewöhnlich tätig ist. Dabei wird nicht vorausgesetzt, dass der Vertreter Verträge im Namen des Unternehmens schließt oder überhaupt Verträge schließt. Eine Vertreterbetriebsstätte kann neu auch dadurch begründet werden, dass der Vertreter durch seine Tätigkeit wesentlichen Anteil am Zustandekommen der Verträge mit Kunden hat und das Unternehmen die Verträge ohne wesentliche bzw. substanzielle Änderung routinemäßig abschließt.

Beschränkung des sog. Kommissionärmodells

Bislang war unstrittig, dass ein Kommissionär – häufig eine Tochtervertriebsgesellschaft der deutschen Konzernspitze – im Ausland keine Betriebstätte begründen konnte, da kein abhängiger Vertreter mit Abschlussvollmacht vorliegt.

Der neue Artikel 5 Abs. 9 DBA (Australien) nimmt die Fortentwicklung des Artikels 5 Abs. 6 (unabhängiger Vertreter) des OECD-MA durch das OECD/G-20-BEPS-Projekt (Bericht zu Aktionspunkt 7) auf. Wie schon bisher, gilt eine Person als unabhängiger Vertreter, wenn sie im Rahmen ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in einem Vertragsstaat für Unternehmen des anderen Vertragsstaats tätig ist. Dagegen gilt eine Person nicht als unabhängiger Vertreter i. S. des Abs. 9, soweit sie ausschließlich oder nahezu ausschließlich für ein Unternehmen tätig wird, mit dem sie im Sinne des Abs. 10 eng verbunden ist. Ein Vertreter ist regelmäßig dann nahezu ausschließlich für verbundene Unternehmen tätig, wenn die Tätigkeit für diese Unternehmen 90 Prozent oder mehr seiner gesamten Geschäftstätigkeit ausmachen. Anhaltspunkt für die Abgrenzung einer Tätigkeit für eng verbundene Unternehmen von der Tätigkeit als Vertreter für ein anderes Unternehmen können die jeweiligen Umsatzerlöse sein.

Diese Regelung dürfte für die deutschen Unternehmen – wenn sie in anderen DBA umgesetzt wird – die größte Bedeutung haben, da dadurch typische Kommissionärsstrukturen einer ausländischen Vertriebstochter zu einer zusätzlichen Betriebsstätte führen. Wobei sich allerdings die Frage stellt, welcher Gewinn der Betriebsstätte zuzuordnen ist, wenn die Vertriebsleistung der Tochter bereits ausreichend vergütet wird.

Außer dem DBA Australien sind bisher entsprechende Regelungen in der deutschen Abkommenspolitik nicht umgesetzt worden. Insobesondere hat Deutschland das mehrseitige Übereinkommen (Multilateral Instrument) zur Umsetzung abkommensbezogener Maßnahmen aus dem OECD/G20-BEPS-Projekt noch nicht in konkrete DBA-Änderungen umgesetzt. Dies soll frühestens 2020 erfolgen.

Hinsichtlich Einzelheiten wird auch auf umfassende Veröffentlichungen in der Literatur verwiesen.[2]

[1] Bericht zu Aktionspunkt 7 betreffend die Verhinderung der künstlichen Vermeidung einer Betriebsstätte.
[2] Schmidt-Heß, Der OECD-Bericht zu Maßnahme 7 des BEPS-Aktionsplans, IStR 2016 S. 165.

Schön, Seminar E (IFA/OECD): Das Multilaterale Instrument, IStR 2017 S. 681; Reimer, Meilenstein des BEPS-Programms: Das Multilaterale Übereinkommen zur Umsetzung der DBA-relevanten Maßnahmen, IStR 2017 S. 1;

Gradl/Kiesewetter, Das Mehrseitige Übereinkommen (Multilateral Instrument) zur Umsetzung abkommensbezogener Maßnahmen aus dem OECD/G20-BEPS-Projekt und dessen voraussichtliche Auswirkungen auf die deutschen Doppelbesteuerungsabkommen, IStR 2018 S. 1.

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