Die OECD hat im Herbst 2015 15 umfassende Berichte zu Steuergestaltungen international tätiger Konzerne veröffentlicht und den Nationalstaaten sowohl die Änderung der Abkommenspolitik als auch nationale Gegenmaßnahmen vorgeschlagen.[1]

Während die nationale Umsetzung in einem aktuellen Gesetzgebungsverfahren geplant ist, ist die Änderung der Abkommenspolitik faktisch stillschweigend erfolgt. Das BMF hatte am 18.4.2013 die deutsche Verhandlungsgrundlage für DBA im Bereich der Steuern und Einkommen und Vermögen vorgestellt, aktuell gilt die Fassung vom 22.8.2013[2]. Das deutsche Abkommensnetz umfasst im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen derzeit 88 DBA, die im Verhältnis zu 97 Staaten anwendbar sind (Stand: 1. Januar 2016).[3] Ungeachtet des Einflusses der Abkommensmuster der OECD und der Vereinten Nationen werden DBA individuell in einem intensiven Verhandlungsprozess zwischen Vertrags-staaten mit jeweils eigener DBA-Politik und Rechtstradition ausgehandelt. Vor diesem Hintergrund der BEPS Arbeiten und der sonstigen Entwicklungen erfolgte ohne Veröffentlichung einer überarbeiteten neuen Verhandlungsgrundlage in neueren Abkommen eine Änderung der nationalen Abkommenspolitik in nachfolgenden Bereichen:

  • Präambel

    Bereits in Titel und Präambel wird deutlich, dass Zweck des Abkommens neben der Vermeidung der Doppelbesteuerung auch die Verhinderung der Steuerverkürzung bzw. die Vermeidung von Nichtbesteuerungen ist und eine wirksame und zutreffende Steuererhebung gewährleistet werden soll.

  • Änderung des Artikel 5 – Definition der Betriebsstätte

    Das 2018 nicht in Kraft getretene DBA Australien vom 12.11.2015 enthält als erstes deutsches DBA die wesentlichen Elemente der Neufassung des Art. 5 OECD-MA, die punktuell sicherstellen soll, dass gewisse Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung der Betriebsstättenbesteuerung nicht mehr möglich sind.

 
Hinweis

Geplante Überlagerung der DBA durch ein multinationales Abkommen

Zu beachten ist, dass die Umsetzung für "Alt"-Doppelbesteuerungsabkommen nicht für individuelle Revisionsabkommen erfolgen soll, sondern als Teil des OECD-Projekts im Rahmen einer umfassenden Steuerkonferenz durch das sog. multinationale Abkommen. Daher könnten die nachfolgenden Erweiterungen u. U. bereits 2020 für viele deutsche DBA gelten!

 
Hinweis

Ergänzende Möglichkeiten für die Nationalstaaten

Aus dem BEPS-Bericht zu Maßnahme 1 (Digital Economy) ergibt sich ein allgemeiner Beobachtungszeitraum bis 2020, die Nationalstaaten dürfen aber bereits vorab einseitige Abwehrmaßnahmen ergreifen, wie z. B.

  • Quellensteuer auf digitale Leistungen (z. B. Software-Download);
  • Beschränkte Steuerpflicht aufgrund "significant economic presence" im Quellenstaat;
  • Erhebung von Ausgleichsabgaben für ausländische Anbieter.

So hat Indien als erster Staat eine Quellensteuer "außerhalb des DBA" eingeführt. Es ist derzeit nicht absehbar, wie die deutsche Finanzverwaltung derartige Zusatzsteuern qualifiziert, insbesondere ob eine Anrechnung nach § 34c EStG/§ 26 KStG erfolgt, obwohl keine ausländischen Einkünfte i. S. des EStG vorliegen.

Vgl. hierzu auch der gesonderte Abschnitt "Besteuerung der digitalen Wirtschaft".

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge