Abweichend vom nationalen Recht, das den Vertreter in § 13 AO regelt, enthalten das OECD-MA bzw. die deutschen DBA auch das personelle Element der Betriebsstättenbegründung in Art. 5.

Sowohl Kapitalgesellschaften, selbstständige Gewerbetreibende als auch Angestellte können als Vertreter i. S. d. Art. 5 Abs. 6 OECD-MA auftreten, es ist jedoch erforderlich (im Umkehrschluss aus Abs. 7), dass sie vom Unternehmen abhängig sind und die Vollmacht besitzen im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen. Hierbei darf sich die Tätigkeit allerdings nicht auf Tätigkeitsbereiche begrenzen, die lediglich unterstützender Art i. S. d. Art. 5 Abs. 4 OECD-MA sind. Bei einem unabhängigen Vertreter kann eine Betriebsstätte damit nur sachlich begründet werden. Die Frage, ob ein ständiger Vertreter i. S. d. jeweiligen DBA vorliegt, ist im Einzelfall zu entscheiden. Hauptanwendungsfälle des Art. 5 Abs. 6 OECD-MA sind im Übrigen Angestellte wie z. B. Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigte, bei denen sich diese Abhängigkeit bereits aus dem Anstellungsvertrag ergibt.

Als zweites Merkmal wird vorausgesetzt, dass der Vertreter regelmäßig Verträge im Namen des Unternehmens abschließt. Die Abschlussvollmacht muss keine Generalvollmacht sein. Ein Kommissionär oder Makler, der gem. § 383 HGB Verträge im eigenen Namen abschließt, kann damit keine Betriebsstätte begründen. Zur Auslegung der Bedeutung der Abschlussvollmacht ist hierbei auch Tz. 32 des OECD-MAK zu Art. 5 heranzuziehen. Hiernach ist "der Absatz gleichermaßen auf Vertreter anwendbar, die Verträge abschließen, welche das Unternehmen binden, selbst wenn diese Verträge nicht im Namen des Unternehmens abgeschlossen worden sind". Maßgebend ist damit die Frage, ob eine rechtliche oder tatsächliche Bindung für das Unternehmen begründet wurde.

Durch die Notwendigkeit der Abschlussvollmacht ergeben sich im erheblichen Umfang Gestaltungsmöglichkeiten. So werden Vorbereitungsarbeiten (Kontaktaufnahme, Beratungen, Vertragsverhandlungen usw.) häufig von einem "inländischen Vertreter" vorgenommen. Der letztendliche Vertragsabschluss aber, der sich häufig auf die reine Vertragsunterzeichnung beschränkt, wird vom Unternehmer vorgenommen.

Im Umkehrschluss aus Art. 5 Abs. 6 OECD-MA kann eine Vertreterbetriebsstätte auch begründet werden, wenn der unabhängige Vertreter außerhalb des Rahmens seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit handelt.

Hierbei kommt es, weil sonst jede Erweiterung des bislang ausgeübten Tätigkeitsfelds eines unabhängigen Vertreters eine (erstmalige) Betriebsstätte begründen könnte, auf die üblichen Geschäftstätigkeiten des Berufsbilds derjenigen Berufsgruppe an, zu der der Vertreter gehört.[1]Tz. 38 des OECD-MA zu Art. 5 weist beispielhaft darauf hin, dass ein Kommissionär, der nicht nur Güter oder Waren des von ihm vertretenen Unternehmens im eigenen Namen verkauft, sondern sich auch gewöhnlich für dieses Unternehmen als ständiger Vertreter mit Vollmacht zum Abschluss von Verträgen betätigt, hinsichtlich der erweiterten Tätigkeit eine Betriebsstätte begründet, da er insoweit außerhalb des Rahmens seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit als Kommissionär arbeitet.

Die Regelungen in den Einzel-DBA weichen häufig vom MA ab. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus der Übersicht zu den Betriebsstättenverwaltungsgrundsätzen.[2]

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