Im Abkommensrecht gilt grundsätzlich die These der Vermeidung virtueller Doppelbesteuerung. D.h. wenn Deutschland, was für Gewinne an einer ausländischen Personengesellschaft der Regelfall ist, auf die Besteuerung in Art. 7 OECD-MA verzichtet und dem Staat der Personengesellschaft die ausschließliche Besteuerung zuweist, so ist dies definitiv – unabhängig von der Frage, ob diese Besteuerung im Ausland überhaupt vorgenommen wird.

Dies kann zu sog. weißen, d. h. nicht besteuerten Einkünften führen. Daher versucht Deutschland in neueren DBA sog. Rückfallklauseln zu vereinbaren.

Einkünfte, für die das Besteuerungsrecht laut DBA dem Quellenstaat zusteht, werden wieder an den Ansässigkeitsstaat zurückverwiesen, wenn der Quellenstaat von seinem Besteuerungsrecht nicht Gebrauch gemacht hat. Diese Regelung kann allgemein für alle Einkünfte vereinbart sein oder nur für bestimmte Einkünfte.

Nach der früheren Rechtsprechung[1] war die Rückfallklausel nur noch eingeschränkt im Verhältnis zu Italien[2] und für einzelne (abkommensrechtliche) Einkunftsarten zur Schweiz[3] sowie zu Österreich[4] anzuwenden.

Diese Rechtsprechung hat der BFH zwischenzeitlich aufgegeben.[5] Die Formulierungen in

sind deshalb weiterhin als Rückfallklauseln anzusehen.

Die neuen DBA USA 2006/2008 und Großbritannien 2010/2011 enthalten noch umfangreichere Rückfallklauseln.

Bei Bestehen solcher Klauseln muss der Steuerpflichtige im Rahmen seiner erhöhten Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO spätestens im Veranlagungsverfahren den Nachweis erbringen, dass die Einkünfte im Ausland der Besteuerung unterworfen wurden. Wird der Nachweis nicht erbracht, sind die ausländischen Einkünfte grundsätzlich in die Besteuerung im Inland einzubeziehen.[6] Sollte später der Nachweis der Besteuerung erbracht werden, so ist der Einkommensteuer-Bescheid gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern.[7]

Die Finanzverwaltung ging in der Vergangenheit davon aus, dass diese Klausel auch dann greift, wenn der Quellenstaat Teile einer Einkunftsquelle nicht besteuert (z. B. zu einer Personengesellschaft gehörende Gewinne, die in einem Drittland erzielt sind).

Dem ist der BFH nicht gefolgt: Werden Gewinne oder Einkünfte im Rahmen einer der Einkunftsarten des DBA der ausländischen Besteuerung unterworfen, so ist es für die Freistellung von der deutschen Besteuerung unbeachtlich, in welchem Umfang sie von der ausländischen Besteuerung erfasst werden oder ob dort alle Einkunftsteile im Rahmen der ausländischen Veranlagung zu einer konkreten Steuerzahlungspflicht führen.[8] Eine ausländische Besteuerung ist auch noch anzunehmen, wenn die ausländische Steuer nur aufgrund von Freibeträgen, eines Verlustausgleichs oder Verlustabzugs entfällt oder die betreffenden Einkünfte als negative Einkünfte bei der ausländischen Besteuerung berücksichtigt werden.

Mit dem BMF-Schreiben vom 20.6.2013[9] liegt nunmehr erstmals ein umfassendes Verwaltungsschreiben zur Anwendung der Rückfallklauseln (und von Subject-to-tax-, Remittance-base- und Switch-over-Klauseln) nach den Doppelbesteuerungsabkommen vor. Die Grundsätze sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

Für Unternehmenseinkünfte sind hierbei folgende Aussagen wichtig:

  1. Allgemeine Rückfallklauseln (die so genannten subject-to-tax Klauseln) erfassen auch ausländische Steuervergünstigungen und nicht nur nicht deklarierte Einkünfte.

    Nach diesen Abkommensklauseln fällt das Besteuerungsrecht für Einkünfte an den Ansässigkeitsstaat zurück, wenn der Tätigkeitsstaat/Belegenheitsstaat etc. die Einkünfte nicht besteuert hat. Aus Sicht des Wohnsitzstaates ist der andere Vertragsstaat nur dann als Quellenstaat anzusehen, wenn dort eine tatsächliche Besteuerung der streitigen Einkünfte stattfindet. In dem der Entscheidung des BFH vom 17.10.2007[10] zugrunde liegenden DBA-Italien[11] heißt es sinngemäß, dass die Einkünfte als aus der Italienischen Republik stammend gelten, wenn sie nach diesem Abkommen (dort) effektiv besteuert worden sind. In seinen Entscheidungsgründen führt der BFH an:

    "Die Steuerfreistellung erfordert also die Herkunft der Einkünfte aus Italien. An einer derartigen Herkunft im Sinne des Abkommens fehlt es indes, wenn die Einkünfte in Italien "effektiv nicht besteuert" werden. Sie gelten dann als nicht von dort "stammend", was wiederum zur Folge hat, dass es an dem für die Steuerfreistellung vorausgesetzten Tatbestand – nämlich dass es sich um Einkünfte aus Italien handelt – mangelt. Der ausdrücklichen Anordnung eines "Rückfalls" des Besteuerungsrechts an Deutschland bedarf es dafür nicht. Es bedarf ebenso wenig eines hierauf gerichteten "Umkehrschlusses", dass "im Falle der Nichtausübung des Besteuerungsrechts durch den Quellenstaat dieses Recht an den Ansässigkeitsstaat zurüc...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge