3.3.1 Niedrige Besteuerung i.  S.  d. § 8 Abs. 3 AStG

Eine Niedrigbesteuerung liegt derzeit vor, wenn die Einkünfte einer Belastung von Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einen Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. Maßgebend ist die tatsächlich im Ausland erhobene Steuer.

 
Hinweis

Anpassung der Niedrigsteuergrenze geplant

Nach der US-Steuerreform, die regelmäßig zu einer Steuerbelastung von unter 25 % führt, wird von der deutschen Wirtschaft eine Anpassung der Niedrigsteuergrenze auf 15 % gefordert. Die Bundesregierung hat angekündigt, im Rahmen der Umsetzung der ATAD-Richtlinie der EU im Jahr 2019 ein modernes System der Hinzurechnungsbesteuerung zu schaffen. Der Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD-Umsetzungsgesetz – ATADUmsG) vom 10.12.2019 enthält unter Verweis auf die internationalen Entwicklungen (OECD-Projekt zur Reform der Unternehmensbesteuerung) noch keine Absenkung. Es ist allerdings zu erwarten, dass Industrie und Beraterschaft im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens angesichts der weltweit gefallenden Steuerbelastungen  – ggf. auch rückwirkend zum 1.1.2019 – die Anpassung der Niedrigsteuergrenze an die internationalen Entwicklungen fordern werden.

Die praktischen Anwendungsprobleme sollen anhand des Beispiels Schweiz erläutert werden. Kapitalgesellschaften unterliegen in der Schweiz regelmäßig einer niedrigen Besteuerung.

Für die Besteuerung von in der Schweiz beschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen lässt sich dies nicht ohne eine Berechnung der Schweizer Ertragsteuerbelastung klären. Für diese Berechnung sind die Schweizer Einkünfte nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln.[1] Der so ermittelte Betrag ist danach ins Verhältnis zu den tatsächlich in der Schweiz gezahlten Steuern zu setzen (Ertragsteuerbelastung). Liegt die Ertragsteuerbelastung unter 25 %, sind die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 AStG diesbezüglich erfüllt.

 
Hinweis

Ermittlung der Ertragsteuerbelastung

Der Bund erhebt in der Schweiz eine Einkommensteuer von natürlichen Personen, eine Gewinnsteuer von juristischen Personen und eine Quellensteuer sowohl von natürlichen als auch juristischen Personen nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG). Eine spezielle Einkommensteuer (als Quellensteuer auf Dividenden und Kapitalzinsen) ist die vom Bund erhobene Verrechnungssteuer. Neben dem Bund sind auch die Kantone und Gemeinden berechtigt, Steuern zu erheben. Zur Ermittlung einer Ertragsteuerbelastung sind alle Steuern, d. h. die vom Bund, dem jeweiligen Kanton und der jeweiligen Gemeinde, zusammenzurechnen.

Das Abstellen auf die individuelle Einkommensteuerbelastung kann aber auch dazu führen, dass wegen der Besonderheiten der ausländischen Besteuerung (z. B. Familiensplitting in Frankreich) aufgrund persönlicher Verhältnisse § 20 Abs. 2 AStG greifen kann. Die Finanzverwaltung (NV Beschluss) zieht daher im Rahmen der Fiktionsbetrachtung alternativ auch die Belastung für Kapitalgesellschaften heran.

[1] Vgl. Tz. 8.3.2.1 des AEAStG.

3.3.2 § 20 Abs. 2 AStG bei Einkünften aus freiberuflicher oder selbstständiger Tätigkeit (Beteiligung an einer ausländischen Sozietät)

§ 20 Abs. 2 AStG bezieht sich gem. dem Wortlaut auf Betriebsstätten, und zwar auf Betriebsstätten i. S. d. nationalen Rechts nach § 12 AO. Die Begriffsbestimmung des § 12 AO gilt auch für die freiberufliche und selbstständige Tätigkeit (vgl. AEAO zu § 12 Nr. 1). Dies führt dazu, dass § 20 Abs. 2 AStG nicht nur bei Einkünften aus Gewerbebetrieb, sondern auch bei Einkünften aus selbstständiger und freiberuflicher Tätigkeit greift.

Beteiligungen an Personengesellschaften werden nach DBA-Recht als Unternehmensgewinne i. S. d. Art. 7 OECD-MA qualifiziert. Die mitunternehmerische Beteiligung eines im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen an einer in- oder ausländischen Personengesellschaft, die im Ausland eine Betriebsstätte unterhält, führt dazu, dass die Betriebsstätte dem inländischen Beteiligten jeweils – anteilig – zuzurechnen ist. Für die Frage, ob die Einkünfte dieser "anteiligen Betriebsstätte" nach einem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei zu stellen sind oder ob nach § 20 Abs. 2 AStG die Anrechnungsmethode greift, ist hinsichtlich der Beteiligungshöhe lediglich auf den jeweiligen Anteil an der Betriebsstätte abzustellen. Daher ist nicht maßgebend, ob in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige zu mehr als der Hälfte an der betroffenen Personengesellschaft beteiligt sind.

3.3.3 Anwendung des § 20 Abs. 2 AStG in Fällen der doppelten Ansässigkeit

§ 20 Abs. 2 AStG bezieht sich nur auf die unbeschränkte Steuerpflicht nach nationalem Recht. Ob Deutschland bei einer doppelten Ansässigkeit auch gem. Art. 4 OECD-MA als Ansässigkeitsstaat i. S. d. jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens angesehen wird, ist für die Anwendung des § 20 Abs. 2 AStG unbeachtlich.

3.3.4 Freigrenze bei gemischten Einkünften (§ 9 AStG)

§ 20 Abs. 2 AStG verweist auf die Hinzurechnungsbesteuerung insgesamt. Wenn ein Gewerbetreibender/Selbstständiger in seiner ausländischen Beteiligung an einer dortigen Personengesellschaft/Sozietät sowohl aktive als auch passive Einkünfte i. S. d. § 8 AStG erwirtschaftet, ist die Freigrenze des § 9 AStG ebenfalls analog anzuwenden.

3.3.5 § 20 Abs. 2 AStG und EU-Recht

Es stellt sich die Frage, ob § 20 Abs. 2 AStG gegen di...

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