Im Urteil vom 10.11.1983[1] hatte der BFH entschieden, dass Einkünfte aus einer stillen Beteiligung an einer inländischen Personengesellschaft, die von deren in den Niederlanden ansässigen Gesellschaftern gehalten wird, sowie aus entsprechenden Darlehen unter die Betriebsstättenvorbehalte der DBA[2] fallen.

Nach Tz. 1.2.3 der Betriebsstättenverwaltungsgrundsätze[3] rechnete die Finanzverwaltung diese Sondervergütungen jedoch entsprechend der innerstaatlichen Rechtslage zum Gewinn der Personengesellschaft (Betriebsstätte) hinzu.

 
Praxis-Beispiel

Sondervergütungen

Der in Paris ansässige C ist Gesellschafter der Stuttgart D-OHG. Er gewährt der Gesellschaft ein verzinsliches Darlehen und erhält hierfür 20.000 EUR Zinsen.

Lösung durch die Finanzverwaltung:

Der Gewinnanteil aus der Gesamthandsbilanz erhöht sich um die Sondervergütungen. Der Gesamtbetrag ist nach dem DBA und § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG in Deutschland steuerpflichtig.

Mit seiner Grundsatzentscheidung vom 17.10.2007[4] war der BFH der Verwaltungsauffassung nicht gefolgt. Er war hierbei im Fall der Darlehensgewährung eines in den USA ansässigen Gesellschafters einer deutschen KG zum Ergebnis gekommen, dass Zinsen i. S. d. Art. 11 Abs. 1 DBA-USA vorliegen. Er hat hierbei auch die Anwendung des sog. Betriebsstättenvorbehalts abgelehnt, da die entsprechende Forderung nicht dem inländischen Betrieb dient.

Mit der Einführung des § 50d Abs. 10 EStG durch das JStG 2009 wurde die frühere Verwaltungsauffassung gesetzlich geregelt. Hiernach liegen ausschließlich gewerbliche Einkünfte vor.

Erhält in diesem Fall ein ausländischer Mitunternehmer eine Sondervergütung, z. B. für die Überlassung eines immaterielles Wirtschaftsguts, so handelt es sich zwar nach der Auslegung des BFH abkommensrechtlich um Lizenzen i. S. d. Art. 12 OECD-MA, für die Deutschland im Regelfall kein Besteuerungsrecht hat und höchstens im Verhältnis zu Entwicklungsländern Quellensteuern erheben kann. Durch die Regelung des § 50d Abs. 10 EStG, bei der es sich um ein sog. Treaty Override handelt, wird diese Auslegung überlagert und es handelt sich um Unternehmensgewinne i. S. d. Art. 7 OECD-MA für die Deutschland als Betriebsstättenstaat (Staat der Personengesellschaft) ein uneingeschränktes Besteuerungsrecht hat.

Es ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sich auch die internationale Praxis geändert hat. Während die inländische Besteuerung in der Vergangenheit strittig war, erlaubt es der OECD-Bericht zur Behandlung von Personengesellschaften nach dem OECD-Musterabkommen einem Vertragsstaat ausdrücklich, Sondervergütungen als Teil des Betriebsstättengewinns zu qualifizieren.[5]

 
Hinweis

Ungelöste Folgeprobleme

Auch die gesetzliche Regelung des § 50d Abs. 10 EStG i.d.F. des JStG 2009 warf als "Schnellschuss" weiterhin Zweifelsfragen auf.[6] Hierbei wurde vor allem auf folgende Punkte hingewiesen:

  • Es handelt sich ausschließlich um eine gesetzliche Fiktion für gewerbliche Einkünfte. Für Sondervergütungen an Freiberufler in einer Sozietät fehlt es an einer spezifischen Regelung;
  • Die Regelung betrifft nur unmittelbare Sondervergütungen. Damit verbleiben Gestaltungsmöglichkeiten bei doppelstöckigen Strukturen;
  • Die Regelung enthält nur eine Qualifikationsregel. Sie findet keine Anwendung, wenn die Sonderverfügung nicht einer inländischen Betriebsstätte zugeordnet werden kann. Dies bedeutet, dass ein inländisches Besteuerungsrecht entfällt, wenn nicht die Zuordnung zur Betriebsstätte (= Personengesellschaft) nach abkommensrechtlichen Grundsätzen möglich ist, vgl. hierzu im Detail Tz. 2.2.
  • Damit ergibt sich durch die Umqualifikation auch ein Verlust des deutschen Quellenbesteuerungsrechts für Zinsen und Lizenzen wenn keine Betriebsstättenzuordnung vorliegt.
  • Schließlich ist fraglich, ob § 50d Abs. 10 EStG auch für Pensionszahlungen an ausgeschiedene Mitunternehmer greift. Das FG Baden-Württemberg hat dies abgelehnt.[7] Der BFH ist dem gefolgt.[8] Die VerwGrsPG 2010[9] greifen unter Tz. 5.1 zumindest die Zuordnungsfrage auf. Hiernach ist der nutzenden deutschen Betriebsstätte (KG, OHG etc.) und nicht einer evtl. ausländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte des Gesellschafters die Vergütung zuzuordnen.

Abkommensrechtliche Zulässigkeit des § 50d Abs. 10 EStG

Im Hinblick auf die Systematik des § 50d EStG, der in verschiedenen Absätzen ein sog. Treaty Override enthält, war auch die Diskussion aufgelebt, ob § 50d Abs. 10 EStG als Treaty Override zu werten ist. Dies hatte insoweit Bedeutung als der BFH in seinem Aussetzungsbeschluss zu § 50d Abs. 9 EStG Zweifel an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer derartigen Regelung erhoben hatte.[10] Zumindest hinsichtlich der Rückwirkungsproblematik sind die beiden Regelungen vergleichbar. Nach der amtlichen Gesetzesbegründung sollte jedoch kein "treaty override", sondern lediglich ein "BFH-override" vorliegen.[11]

 
Hinweis

Verfassungsmäßigkeit bzw. Rückwirkung des § 50d Abs. 10 EStG

Vor dem Hintergrund des sog. OECD-Partnershipreports[12], der diese Handhabung durch Deutschland san...

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