§ 1 AStG 2008/2022 regelt wie die Vorfassungen nur grenzüberschreitende Einkunftskorrekturen. Insoweit stellt sich die Frage der sog."Europatauglichkeit".

Der EuGH hat in seinem Urteil v. 21.1.2010[1] erstmals zu nationalen Verrechnungspreiskorrekturvorschriften entschieden, dass Gewinnkorrekturvorschriften, die wie Art. 26 des belgischen Einkommensteuergesetzes nur bei Geschäftsbeziehungen zu verbundenen Unternehmen im Ausland zu einer Gewinnkorrektur führen, grundsätzlich EG-rechtlich zulässig sind.

Die entsprechende Vorschrift des Art. 26 des belgischen Einkommensteuergesetzes (Code des Impôts sur les Revenues – CIR) weist eine deutliche Parallele zu § 1 AStG auf. Wie § 1 AStG dient Art. 26 CIR der Verankerung des in Art. 7 OECD-MA vorgegebenen Fremdvergleichsgrundsatzes im nationalen Steuerrecht. Wie die deutsche Regelung des § 1 AStG ist auch die belgische Regelung des Art. 26 CIR auf Gewinnkorrekturen bei Geschäftsbeziehungen zu verbundenen Unternehmen im Ausland beschränkt. Der Gerichtshof anerkennt im Grundsatz die EG-rechtliche Zulässigkeit der sich aus einer selektiven Gewinnkorrektur bei Geschäftsbeziehungen zum Ausland ergebenden Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. Er macht die Zulässigkeit jedoch von wichtigen Einschränkungen im Zusammenhang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abhängig.

Nachdem der BFH bereits im Urteil vom 10.4.2013[2] entscheiden hatte, dass die deutschen formellen Verrechnungspreisgrundlagen – die Pflicht zu einer sog. Verrechnungspreisdokumentation nach § 90 Abs. 3 AO – in Einklang mit dem Unionsrecht stehen, hat er dies im Urteil vom 25.6.2014[3] auf das materielle deutsche Verrechnungspreisrecht, d. h. § 1 AStG a. F., ausgedehnt.

Es bleibt abzuwarten, ob der BFH diese neue Entwicklung auf § 1 AStG n. F. überträgt. Bisher musste er diese Frage nicht entscheiden.[4] Allerdings hat der vorsitzende Richter des I. Senats, die Auffassung vertreten "[…]Das wird sich nach Lage der Dinge auf die deutsche Regelung übertragen lassen, jedenfalls im Grundsatz und vorbehaltlich etlicher Einzelfragen[5]".

Zu dieser Rechtsfrage ist ein Revisonsverfahren beim BFH gegen eine Entscheidung des FG München unter dem Az. I R 29/22 anhängig.[6]

Die Rechtsfrage betrifft zwar Teilwertabschreibungen auf kapitalersetzende Dalehen, die Rechtsfragen "[...] Ist es mit dem Unionsrecht vereinbar, Teilwertabschreibungen auf nicht fremdüblich besicherte Darlehen an eine Person im Ausland, zu der ein Näheverhältnis i. S. des § 1 Abs. 2 AStG besteht, nach§ 1 Abs. 1 AStG zu korrigieren, während die steuermindernde Wirkung von Teilwertabschreibungen bei reinen Inlandssachverhalten erhalten bleibt?[...]" ist aber abstrakt. Durch den Vergleich "Ausland" / "Inland" werden sich aber auch Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Korrektur von Funktionsverlagerungen ergeben.

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