3.1 Die 1. Escape-Möglichkeit

Immaterielle Wirtschaftsgüter und Vorteile sind wesentlich i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 10 1. Halbsatz Var. 1 AStG, "wenn sie für die verlagerte Funktion erforderlich sind und ihr Fremdvergleichspreis insgesamt mehr als 25 % der Summe der Einzelpreise aller Wirtschaftsgüter und Vorteile des Transferpakets beträgt und dies unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Funktionsverlagerung, die aus den Aufzeichnungen i. S. d. § 3 Abs. 2 Satz 2 hervorgehen, glaubhaft ist".[1]

Zur Abschätzung muss also eine Gesamtermittlung der Werte vorgenommen werden, um darzulegen, dass der anteilige Wert immaterieller Wirtschaftsgüter/Vorteile unter 25 % eines "Gesamtpaketes" liegt.

Zu beachten ist, dass der Gesetzeswortlaut insoweit auf die Gesamtheit der immateriellen Wirtschaftsgüter abstellt.[2] Die VWGFVerl enthalten hierzu folgendes zutreffendes Beispiel[3]:

 
Praxis-Beispiel

Gesamtheit der immateriellen Wirtschaftsgüter

Im Rahmen einer Funktionsverlagerung macht der Steuerpflichtige glaubhaft, dass neben verschiedenen materiellen Wirtschaftsgütern 3 immaterielle Wirtschaftsgüter betroffen sind, die jeweils 20 % der Summe der Einzelwerte aller Bestandteile des Transferpakets ausmachen.

Da die Summe der Werte der immateriellen Wirtschaftsgüter 25 % der Summe der Einzelwerte aller Bestandteile des Transferpakets übersteigt, ist die erste Öffnungsklausel nicht anwendbar (Zusammenrechnung). Der Steuerpflichtige hat den Verrechnungspreis auf der Grundlage einer Transferpaketbetrachtung zu bestimmen.

[1] § 1 Abs. 5 FverlVO.
[2] Ausnahme: Dritte Escape-Möglichkeit.

3.2 Die 2. Escape-Möglichkeit – Vergleichsbewertung

Nach § 1 Abs. 3 Satz 10 1. Halbsatz 2. Alternative AStG sind anstelle eines Transferpakets die Verrechnungspreise der einzelnen betroffenen Wirtschaftsgüter, Dienstleistungen etc. anzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wird, dass das Gesamtergebnis der Einzelpreisbestimmungen, gemessen an der Preisbestimmung für das Transferpaket, dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Die Transferpaketbildung[1] ist aber dennoch als Art Schattenrechnung[2] vorzunehmen.

Nach der FVerlV darf die Summe der Einzelverrechnungspreise für die Wirtschaftsgüter und Vorteile, die vollständig zu erfassen sind, nur angesetzt werden, wenn sie im Einigungsbereich liegt und der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass sie dem Fremdvergleichsgrundsatz (mit höherer Wahrscheinlichkeit) entspricht als der für das Transferpaket als Ganzes ermittelte Verrechnungspreis.[3]

 
Wichtig

Ohne praktische Relevanz

Der Beweis für den niedrigen Ansatz der Einzelverrechnungspreise wird in der Praxis wohl nicht möglich sein. Da die Regelung zudem den doppelten Verwaltungsaufwand (Einzelbewertung und Transferpaket) erfordert, dürfte sie keine größere praktische Bedeutung entfalten.

 
Praxis-Beispiel

Beweisnot bei Übertragung eines Transferpakets

Für die Übertragung eines Transferpakets ergibt sich ein Einigungsbereich zwischen 10 und 20 Mio. EUR. Der Steuerpflichtige legt eine Einzelpreisberechnung für die übertragenen Wirtschaftsgüter in Höhe von insgesamt 12 Mio. EUR vor.

Der Wert der Einzelpreisberechnung liegt zwar im Einigungsbereich, dies allein ist aber nicht maßgeblich. Es können bisher unerkannte immaterielle Wirtschaftsgüter oder sonstige Vorteile im Transferpaket enthalten sein, die einen höheren Verrechnungspreis für das Transferpaket rechtfertigen. Der Steuerpflichtige kann die Einzelpreisberechnung jedoch zum Ausgangspunkt dafür nehmen, zu begründen und glaubhaft zu machen, warum ein anderer Wert als der Mittelwert von 15 Mio. EUR dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Erfolgt die Glaubhaftmachung nicht, ist der Mittelwert anzusetzen.

3.3 Die 3. Escape-Möglichkeit – Offenlegung eines übertragenen wesentlichen immateriellen Wirtschaftsguts

Die 3. Alternative, die als begünstigende Regelung rückwirkend auf den 1.1.2008 durch das "EU-Umsetzungsgesetz" eingefügt wurde, sieht vor, dass ein Ansatz von Einzelverrechnungspreisen bei einer Funktionsverlagerung vorzunehmen ist, sofern zumindest ein wesentliches immaterielles Wirtschaftsgut Gegenstand der Funktionsverlagerung ist und (dieses) von ihm genau bezeichnet wird. Hierbei soll eine Glaubhaftmachung des Steuerpflichtigen ausreichend sein.[1]

Den Anforderungen genügen geschützte immaterielle Wirtschaftsgüter wie Patente aber auch ungeschützte wie das Know-how. Eine Beschränkung auf rechtlich geschützte immaterielle Wirtschaftsgüter – wie zunächst vom BMF geplant – ist nicht vorgesehen. Nach dem Gesetzeswortlaut reicht es auch aus, dass nur dieses eine wesentliche immaterielle Wirtschaftsgut vom Steuerpflichtigen genau bezeichnet wird.

Der Gesetzestext steht hierbei eindeutig im Widerspruch zur Gesetzesbegründung.[2] Diese enthält eine Verpflichtung zur Bezeichnung aller wesentlichen übertragenen immateriellen Wirtschaftsgüter: "Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige alle von der Funktionsverlagerung betroffenen, wesentliche...

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