Hervorzuheben ist hierbei insbesondere die Gestaltungsmöglichkeit, die sich aus dem Umstand ergibt, dass die Verlagerung einer (Teil-)Produktion auf einen Auftragsfertiger oder die Auslagerung von Forschungsarbeiten im Rahmen einer Auftragsforschung nicht zur Anwendung des § 1 Abs. 3 AStG führt. Die Begriffe des Auftragsfertigers (bzw. -forschers) sind in § 1 AStG 2008 nicht umschrieben, ergeben sich aber aus den Verw-Grds 1983[1], dem Glossar Verrechnungspreise des BMF[2] und den OEC-Guidelines.

Mit der gesetzlichen Neuregelung 2022 ergeben sich in der Praxis keine wesentlichen Änderungen, da diese Fälle als Hauptanwendungsgruppen der sog. Routineunternehmen gelten.

Vgl. hierzu im Detail den gesonderten Beitrag "Internationales Steuerrecht: Funktionsverlagerung – Ausnahme der Einzelabrechnung".

Als wesentliche Merkmale des Lohnfertigers sind folgende Gesichtspunkte festzuhalten:

  • der Auftraggeber (Mutterunternehmen) bestimmt den Produktionsablauf;
  • der Auftraggeber stellt Rohstoffe oder Teilprodukte bei;
  • der Lohnfertiger trägt kein Absatzrisiko, weil der Auftraggeber die Produktion abnimmt (Abnahmegarantie) und
  • die Produkte bzw. Teile nicht selbst entwickelt und kein Eigentum an den entscheidenden immateriellen WG hat, sondern der Auftraggeber hat regelmäßig das Eigentum an den erforderlichen immateriellen WG und
  • erhält Anweisungen vom Auftraggeber, welche Fertigungsschritte er wie auszuführen hat und trägt nur geringe Risiken bzw. setzt nur geringe Mittel ein.

Hierbei wird davon ausgegangen, dass das abgebende Unternehmen bzw. die abgebende Unternehmenseinheit seine bzw. ihre gesamte Funktionalität behält und nichts davon an das aufnehmende Unternehmen bzw. die aufnehmende Unternehmenseinheit abgibt[3].

In diesem Fall ist nach Auffassung der Finanzverwaltung die Wertschöpfung auf Basis der Kostenaufschlagsmethode zu ermitteln. Die Höhe des Aufschlagssatzes liegt hierbei je nach Wertschöpfungsbeitrag regelmäßig zwischen 5 % und 15 %. Eine abweichende Beurteilung hat das FG Münster vertreten.[4] Hiernach ist eine hälftige Aufteilung des Standortvorteils vorzunehmen, was regelmäßig zu einem wesentlichen höheren Aufschlagssatz führt. Das Urteil wird von der Finanzverwaltung allerdings ungeachtet der nicht eingelegten Revision nicht allgemein angewandt, als es die Nachfragemacht des Anbieters, der inländischen Muttergesellschaft, nicht hinreichend gewichtet.

Indizien für den Eigenproduzenten sind hingegen:

  • er selbst bestimmt den Produktionsablauf,
  • die hierzu erforderlichen materiellen und immateriellen WG befinden sich in seinem Eigentum,
  • die Rohstoffbeschaffung erfolgt durch ihn selbst,
  • es liegt keine Abnahmegarantie durch das Mutterunternehmen vor.

Hieraus ergibt sich, dass bei einem Eigenproduzenten die Risiken des Beschaffungs- und Absatzbereichs bzw. allgemein des Marktes mit den entsprechenden Funktionen auf das Tochterunternehmen übergehen.

Die Auswirkung der Differenzierung Lohnfertiger oder Eigenproduzent liegen in der Methode der Ermittlung der Verrechnungspreise. Während der Auftragsfertiger entsprechend seines geringen Risikoprofils als sog. Routineunternehmen auf cost plus Basis abrechnet, erfolgt die Vergütung für den Eigenproduzenten im Konzern regelmäßig – soweit ein innerer oder äußerer Preisvergleich geführt werden kann – auf Basis der Preisvergleichsmethode bzw. der Wiederverkaufspreismethode.

Der BFH hat mit Urteil v. 9.8.2023 im ersten anhängigen Fall einer Funktionsverlagerung teilweise (im Rahmen von Vorgaben) auch zu Fragen der Auftragsfertigung entschieden und an das FG zurücküberwiesen[5]

Hervorzuheben sind folgende Aussagen:

  • Auftragsfertigung: bei der Ermittlung der fremdvergleichskonformen Preise für den Erwerb bearbeiteter Produkte kommt neben der Kostenaufschlagsmethode auch die Preisvergleichsmethode in Betracht. Im Falle der Kostenaufschlagsmethode als am besten geeignete Methode, ist der Aufschlagssatz – sofern keine vergleichbaren betriebsinternen Gewinnaufschlagssätze zur Verfügung stehen – auf Basis von Datenbankstudien zu ermitteln.
  • Die Übertragung der Kundenbeziehung in einem derartigen Fall stellt nach BFH keine Funktionsverlagerung i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG (a. F.) dar. § 1 Abs. 1 Satz 2 FVerlV setzt voraus, dass die Funktion ein organischer Teil eines Unternehmens ist, ohne dass ein Teilbetrieb im steuerlichen Sinn vorliegen muss. Dies setzt voraus, dass die Produktion für einen Kunden als eigenständige Produktion im Unternehmen und damit als organischer Teil des Unternehmens angesehen werden kann. Allerdings ist eine vGA anzusetzen, wenn ein fremder Dritter ein Entgelt für die Übertragung der Kundenbeziehung verlangt hätte.

    Der BFH lässt insoweit seine frühere Geschäftschancentheorie aufleben. Überlässt eine Gesellschaft ihrer Schwestergesellschaft eine bestehende Geschäftsbeziehung zu einem Kunden und verzichtet damit auf zukünftige Gewinne aus der Geschäftsbeziehung, könne darin eine vGA liegen.

Ein weiteres Grundsatzverfahren zur Verlagerung der Prokuktionsfunktion ist beim...

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