3.1 Überblick

Ungeachtet des Vorliegens der gesetzlichen Tatbstände (oder der Anscheinsvermutung) ist vorab zu prüfen, ob überhaupt ein Fall der "eigentlichen" Funktionsverlagerung vorliegt bzw. in der Praxis ergibt sich das Problem, ab welcher betrieblichen Stufe keine (steuerlich relevante) Funktionsverlagerung mehr vorliegt bzw. bis zu welchem Grad der Verlagerung von Aktivitäten Gestaltungsmöglichkeiten bestehen.

Nach der FVerlV liegt keine Funktionsverlagerung in folgenden Fällen (§ 1 Abs. 7 FVerlV [bis 25.10.2022] und § 2 FVerlV [bis 25.10.2022] bzw. § 1 Abs. 2 FVerlV 22) vor:

  • nach Veräußerung oder Überlassung einzelner WG (Tz. 3.2);
  • Arbeitnehmerentsendungen im Konzern, wenn damit keine Übertragung von Unternehmensfunktionen verbunden ist (Tz. 3.3);
  • Keine Funktionsverlagerung nach der Verkehrsauffassung (§ 1 Abs. 7 Satz 2, 2. Alternative) (Tz. 3.4);
  • Verrechnungspreisabrechnung auf cost-plus Basis (Tz. 3.5);
  • insbesondere bei Einschaltung eines Lohn- oder Auftragsfertigers (Tz. 3.6);
  • Fälle bei denen keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter übertragen werden (Wesentlichkeitsgrenze des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG von 25 %) ( Tz. 3.7).

Aus den VWGFVerl[1] ergeben sich noch weitere "unschädliche" Fallgruppen:

  • die Substitution einer Funktion (Tz. 3.8);
  • Neuaufnahme einer Funktion ( Tz. 3.9);
  • Wirtschaftliche Auslegung des Begriffs der Funktionsverlagerung (Tz. 3.10).

3.2 Veräußerung oder Überlassung einzelner WG

§ 1 Abs. 7 Satz 1 FVerlV [bis 25.10.2022] stellt klar, dass isolierte Geschäftsvorfälle, bei denen es sich um eine Veräußerung oder eine Nutzungsüberlassung von WG jeder Art handelt, keine Funktionsverlagerung nach § 1 Abs. 2 FVerlV [bis 25.10.2022] sind. Dies gilt aber nicht, wenn solche Geschäftsvorfälle wirtschaftlich Bestandteile einer Funktionsverlagerung sind. § 1 FVerlV 22 enthält eine derartige Aussage zwar nicht ausdrücklich – das Tatbestandsmerkmal, dass eine Funktion ein organischer Teil eines Unternehmens sein muss (§ 1 Abs. 1 Satz 2 FVerlV 22) ergibt jedoch, dass diese Fallgruppe weiterhin keine Funktionsverlagerung i. e. S. ist.

In einem derartigen Fall ist der maßgebende Einzelpreis nach den allgemeinen Verrechnungspreisgrundsätzen zu bestimmen.

3.3 Arbeitnehmerentsendung

Ebenfalls kein Fall der Funktionsverlagerung im engeren Sinne liegt nach § 1 Abs. 7 Satz 2 FVerlV [bis 25.10.2022] bzw. § 1 Abs. 2 FVerlV 22 vor, wenn Personal im Konzern entsandt wird, ohne dass eine Unternehmensfunktion oder wesentliche immaterielle WG oder wesentliche sonstige Vorteile (z. B. spezifisches Know-how) übergehen. Die bloße Mitarbeiterentsendung stellt damit keine Funktionsverlagerung dar und kann bereits deshalb keine Transferpaketbildung auslösen. Entsprechendes gilt für konzerninterne Dienstleistungen (z. B. die Auslagerung der Buchhaltung).[1]

Einzelheiten der Bepreisung, der maßgebenden Kosten etc. nach den Grundsätzen der Einzelabrechnung ergeben sich in diesem Fall aus den Verwaltungsgrundsätzen Arbeitnehmerentsendung.[2] Allerdings ist vorab zu prüfen, ob ein reiner Entsendefall vorliegt oder nicht die inländische Gesellschaft eine Dienstleistung erbringt. Dies hat insoweit Auswirkungen als bei reinen Entsendefällen nur die Kosten zugeordnet werden (da die aufnehmende Gesellschaft wirtschaftlicher Arbeitgeber wird) während in Dienstleistungsfällen die weiter zu berechnenden Kosten um einen Gewinnaufschlag zu erhöhen sind. Diese Grundsatzbeurteilung gilt auch nach den Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise 2023.[3]

Eine Funktionsverlagerung kann aber in Personalentsendungsfällen z. B. dann vorliegen, wenn das entsandte Personal seinen bisherigen Zuständigkeitsbereich aus dem entsendenden Unternehmen mitnimmt und nach der Entsendung im aufnehmenden Unternehmen die gleiche Tätigkeit ausübt und in Folge dessen WG und Vorteile übertragen oder zur Nutzung überlassen werden bzw. Chancen und Risiken übergehen.[4]

 
Praxis-Beispiel

Funktionsverlagerung bei Personalentsendung

Die inländische Forschungsabteilung eines Pharmazieunternehmens hat ein neues Produkt bis nahe zur Marktreife entwickelt. Das Projekt wird im Inland eingestellt. Der Betriebsprüfer stellt fest, dass der Forschungsleiter und maßgebendes Personal anschließend bei der ausländischen Tochtergesellschaft, die das Produkt 2 Jahre später an den Markt gebracht hat, angestellt wurde.

3.4 Keine Funktionsverlagerung nach der Verkehrsauffassung

Nach § 1 Abs. 7 Satz 2, 2. Alternative AStG sind auch Vorgänge, die von fremden Dritten nicht als Veräußerung oder Erwerb einer Funktion angesehen würden, nicht nach den Grundsätzen der Funktionsverlagerung zu behandeln. Dabei könnte es sich z. B. um geringfügige Verlagerungen ...

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