Nach der durch die EU-KOM ("unfairer Steuerwettbewerb") veranlassten Aufhebung des sog. Kontroll- und Koordinierungstellenerlasses gibt es in Deutschland keine Verwaltungsaussage zum angemessenen Gewinnaufschlag.

Auch insoweit bietet es sich an, als Auslegungshilfe des Fremdvergleichsgrundsatzes die äußerst umfangreichen Regelungen der österreichischen Verrechnungspreisgrundsätze heranzuziehen [Original ohne Hervorhebungen]:

Zitat

Rn. 90 Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass der Grundsatz des Fremdvergleiches den Ansatz eines Gewinnaufschlages verlangt (Z 7.33 OECD-VPG). Die Höhe des angemessenen Gewinnaufschlages kann nicht generell festgelegt werden, sondern es muss darüber in jedem Einzelfall gesondert entschieden werden.[1]

Sofern nicht der LVAIGS-Ansatz angewendet wird (vgl. nachfolgend den Abschnitt zu Routinedienstleistungen), wird – auch ohne Vorliegen einer Datenbankstudie – nicht zu beanstanden sein, wenn auf Basis des vom EU-JTPF veröffentlichten Berichts bei 33 von 190 VPR 2021 GZ 2021-0.586.616 vom 7. Oktober 2021 Dienstleistungen mit Routinecharakter ein Nettogewinnaufschlag zwischen 3 % und 10 % (häufig 5 %) herangezogen wird (JTPF Report: Guidelines on low value adding intra-group services, COM(2011) 16 final, 25.1.2011, Rz 65).

Durch diese Unter- und Obergrenze wird aber nicht eine Bandbreite i. S. v. Z 3.55 OECD-VPL aufgezeigt, innerhalb der jeder Prozentsatz gleichermaßen zu einem zuverlässigen Fremdpreis führt (Rz 76). Ob Fremdüblichkeit nach einem Aufschlagsatz verlangt, der zur Unter- oder Obergrenze tendiert, ist vielmehr nach den Gegebenheiten des Einzelfalles zu beurteilen und etwa anhand konkreter Erfahrungswerte von Vergleichsbetrieben nachvollziehbar zu begründen.[2] Es kann durchaus sein, dass ein mit 5 % angesetzter Gewinnaufschlag daher auf 10 % anzuheben ist.[3] Für vor dem 1.1.2022 erbrachte Dienstleistungen mit Routinecharakter kann weiterhin ein Bruttogewinnaufschlag zwischen 5 % und 15 % herangezogen werden (VPR 2010 Rz 77).

Die österreichischen VPL enthalten auch Aussagen über nachfolgende Sonderfälle:

  1. Behandlung von Nebenleistungen (öVPL Rz. 92)

    Werden bei Dienstleistungen als Kosten nur die mit der Dienstleistung zusammenhängenden variablen Kosten (z. B. aliquote Haupt- und Nebenlohnkosten sowie die Reisekosten des mit der Dienstleistung befassten Personals) herangezogen, wird im Allgemeinen ein Deckungsbeitrag für Fixkostenanteile durch einen entsprechend höheren Ansatz des Aufschlagsatzes abzudecken sein.

  2. Ausnahmefälle ohne Gewinnaufschlag (öVPL Rz. 93)

    Unter besonderen Umständen kann eine Dienstleistungsverrechnung auch ohne Gewinnaufschlag als fremdverhaltenskonform gewertet werden (Rn. 7.35 f OECD-VPL). Dies kann für Dienstleistungen gelten, die nicht zum Unternehmensgegenstand des Dienstleisters gehören und die sich als bloße Nebenleistung gegenüber einer Konzerngesellschaft darstellen, mit der eine dauernde Geschäftsverbindung besteht. Denn auch unter Fremden ist feststellbar, dass zur Aufrechterhaltung einer Kundenbeziehung gewisse Nebenleistungen bloß auf Kostenersatzbasis erbracht werden, z. .B aus Gründen einer längerfristigen Geschäftsstrategie. Die wichtigste Überlegung wird dabei sein, ob von der betreffenden Geschäftsstrategie realistischerweise erwartet werden kann, dass sie sich in absehbarer Zukunft als rentabel erweist (wobei die Möglichkeit des Scheiterns mit zu berücksichtigen ist), und ob ein unter fremdüblichen Bedingungen agierender Beteiligter unter den gleichen wirtschaftlichen Umständen und Wettbewerbsbedingungen innerhalb eines akzeptablen Zeitraums zu einem Rentabilitätsopfer bereit gewesen wäre.

[1] vgl. österreichisches BMF, Schreiben vom 7.10.2021, GZ 2021-0.586.616.
[2] VwGH 20.10.2009, 2006/13/0116; UFS 28.4.2010, RV/3837-W/09.
[3] UFS 6.4.2007, RV/4687-W/02; BFG 22.11.2018, RV/2100386/2017.

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