3.5.1 Grundsatz

Im Hinblick auf die internationale Einigung zur zulässigen Förderung von Forschung und Entwicklung, dem sog. Nexus-Ansatz, greift die Lizenzschranke nicht, wenn das ausländische Präferenzsystem diesem Ansatz folgt. Dieser Ansatz formuliert faktisch ein Substanzerfordernis. Die den Lizenzeinnahmen zugrunde liegenden immateriellen Wirtschaftsgüter müssen durch eigene Forschungs- und Entwicklungstätigkeit entstanden sind. Denkbar sind sowohl Systeme, die den Forschungs- und Entwicklungsaufwand mit Steuergutschriften belohnen ("front end tax regimes") als auch Systeme, die die Einnahmen begünstigen ("back end tax regimes"). Maßgebend ist die steuerliche Ausgestaltung, d. h. in welchem Umfang die Wertschöpfung aus diesen immateriellen Wirtschaftsgütern begünstigt wird. Abweichend von der ursprünglichen Definition im Referentenentwurf – der Forderung einer substanziellen Geschäftstätigkeit – ist man der Forderung des Bundesrats gefolgt und hat statt der eigenständigen Definition des Nexus-Ansatzes in § 4j Abs. 1 Satz 4 EStG einen Verweis auf den entsprechenden BEPS-Report der OECD vorgenommen.[1] Es handelt sich hierbei um eine ansonsten in der Steuergesetzgebung unübliche Handhabung, anstatt einer originären Definition eines Tatbestandsmerkmals (hier "Nexus-Ansatz") auf eine nicht amtliche, hierzumal noch ausländische Quelle zu verweisen. Durch den Verweis soll allerdings vermieden werden, dass Verwaltung und Rechtsprechung die begünstigten Präferenzregime nach dem Nexus-Ansatz abweichend von der OECD-Auslegung allein nach dem nationalen Wortlaut interpretieren.[2]

Der OECD-Nexus Approach ist ein kostenbasierter Ansatz. Über den Anteil der qualifizierten Ausgaben an den Gesamtausgaben wird das Volumen der Einkünfte ermittelt, deren Besteuerung im Rahmen eines Präferenzregimes möglich – und auch im Sinne von § 4j EStG unschädlich – sein soll.

Die Definition einer wirtschaftlichen Substanz erfolgt hierbei nach folgender Formel:

Nexusformel

[1] Vgl. Kapital 4 Rn. 28 des Abschlussberichts 2015 zu BEPS Aktionspunkt 5, OECD (2016).
[2] Vgl. Bericht des Finanzausschusses des Bundestages, BT-Drs. 18/12128, S. 29 f.

3.5.2 Sonderfall "Ankauf und Auftragsforschung"

Nach dem Nexus Approach der OECD liegen nicht nur in dem Umfang, in dem das Unternehmen Forschungs- und Entwicklungskosten hätte, qualifizierte Aufwendungen vor, die dann im Rahmen der Präferenzbesteuerung begünstigt werden können, sondern zusätzlich sind nach dem OECD-Vorschlag auch Anschaffungskosten zulässig, soweit sie ein festgelegtes Verhältnis zu den qualifizierten Gesamtkosten von 30 % (dem sog. Uplift) nicht überschreiten.

 
Praxis-Beispiel

Ankauf und Auftragsforschung

Die in Irland ansässige Tochtergesellschaft A (TG A) forscht an einem Medikament. Zu diesem Zweck kauft sie eine bereits patentierte chemische Substanz von

  1. einem verbundenen Unternehmen oder
  2. einem fremden Dritten.

Danach wird Forschung und Entwicklung von der TG A verantwortet, durchgeführt und finanziert. Die Produktion des Wirkstoffes soll in Deutschland durch die verbundene TG B erfolgen. TG B entrichtet für die Nutzung des IP eine Lizenzgebühr an TG A.

Sowohl in den Fällen a) und b) sind Anschaffungskosten bis zu 30 % der originären Forschungs- und Entwicklungskosten der TG A begünstigt.

3.5.3 Begünstigte immaterielle Wirtschaftsgüter und Rückausnahmen

Nach dem Abschlussbericht der OECD gibt es 3 Kategorien geschützter immaterieller Wirtschaftsgüter.[1] Dies sind:

  1. Patente im weiteren Sinne (einschl. Gebrauchsmuster);
  2. urheberrechtlich geschützte Software;
  3. sonstige immaterielle Wirtschaftsgüter ("nicht-offensichtlich, nützlich und neuartig"), die ähnliche Genehmigungen bzw. Registrierungen wie Patente benötigen.

Dies führt aber dazu, dass die Förderung nicht gilt, soweit eine Präferenzregelung Einnahmen begünstigt, die für marketingbezogenes geistiges Eigentum entrichtet werden. Betroffen sind insbesondere Zahlungen für Marken.[2]

[1] OECD-Abschlussbericht BEPS 5, Kap. 4, Rn. 34 ff.
[2] OECD-Abschlussbericht zu BEPS 5, Kap. 4, Rn. 38.

3.5.4 Praxis-Problem "Bewertung ausländischer Präferenzsysteme"

Ob eine Regelung eines ausländischen Staates begünstigt ist oder nicht, ist für den inländischen Zahlungsverpflichteten bzw. dessen Berater schwer abschätzbar.

 
Praxis-Beispiel

Bewertung ausländischer Präferenzsysteme

Die Lizenzzahlung der inländischen X-GmbH erfolgt an die Chinesische Muttergesellschaft X-Corp, die in China nach dem High Tech Status besteuert wird.

China möchte eine der führenden Nationen in dem Bereich der Hochtechnologie werden. Dabei sollen Steuervorteile und Subventionen diese Technologien voranbringen.

Erläuterungen nach Internet-Recherche: Chinesische Steuerregeln für Hochtechnologiefirmen

Unternehmen, die in einer Reihe von neuen und Hochtechnologiebereichen tätig sind, profitieren von einer ermäßigten Körperschaftsteuer. Statt der normalen 25 %-Rate müssen Firmen, die einen solchen „High-and New Technologie Enterprise (HNTE)“-Status erhalten, nur 15 % Körperschaftsteuer abführen.

Kriterien zum Erhalt des HNTE-Status

  • die Unternehmen müssen die immateriellen Wirtschaftsgüter besitzen,
  • 10 % des Personals müssen im Bereich Forschung und Entwicklung beschäftigt sein,
  • die...

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