Sowohl in der Verbandsanhörung als auch der aktuellen Literatur[1] werden vielfältige Kritikpunkte gegen die Regelung vorgebracht. Dies sind vor allem:

  • Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip

    Mit dem Abzugsverbot des § 4j EStG wird tatsächlich angefallenen Betriebsausgaben für Lizenzen, Konzessionen etc. unter bestimmten Bedingungen der steuermindernde Abzug vom Gewinn versagt. Damit erfolge eine Durchbrechung des Nettoprinzips in Analogie zu § 4h EStG (Zinsschranke). Bereits die letztgenannte Regelung wird vom Bundesfinanzhof für verfassungswidrig gehalten[2] und liegt dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor. Die Durchbrechung des Nettoprinzips sei bei der Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Lizenzen etc. umso schwerwiegender, als § 4j EStG im Gegensatz zur Zinsschranke keine Möglichkeit zum Vortrag des nicht abzugsfähigen Aufwands vorsieht, sondern es sich um eine definitive Verweigerung des Abzugs handelt – und dies trotz angemessener Höhe der Verrechnungspreise für die Lizenzaufwendungen. Eine aus Sicht des Fiskus unangemessen niedrige Besteuerung der Lizenzeinnahmen beim Empfänger könne keine Begründung für eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips in Deutschland sein. Dem wird allerdings entgegengehalten, dass Missbrauchs-Typisierungen grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig sind, allerdings verhältnismäßig sein müssen.[3]

  • Diskriminierungsverbot – Generelles Treaty Override

    Mit der Bestimmung “ungeachtet eines bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens“ in § 4j Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 EStG würde ein generelles Treaty Override begründet, das in Verbindung mit dem Abzugsverbot für Aufwendungen zu Ungleichbehandlungen zwischen Zahlungen an in- und ausländische Unternehmen führt. Dies wird unweigerlich zu einer von den Intentionen der Doppelbesteuerungsabkommen abweichenden Besteuerung führen.

    Dies wäre ein Verstoß gegen abkommensrechtliche Gleichbehandlungsgrundsätze, denn Artikel 24 des OECD-Musterabkommens sieht gemäß Absatz 4 vor: "Sofern nicht … Artikel 12 Absatz 4 anzuwenden ist, sind … Lizenzgebühren …, die ein Unternehmen eines Vertragsstaates an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Gewinne dieses Unternehmens unter den gleichen Bedingungen wie Zahlungen an eine im erstgenannten Staat ansässige Person zum Abzug zuzulassen."

    Gegen diese Kritik bestehen insoweit Bedenken, als die Norm grundsätzlich auch im Inland greifen könnte, wenn Deutschland entsprechende Schedulensysteme hätte. Insoweit liegen keine "gleichen Bedingungen" vor.

  • Vereinbarkeit mit Europäischem Recht

    Insoweit stellt sich zuerst die Frage der Vereinbarkeit mit der EU Zins- und Lizenzrichtlinie.[4] Dies wird allgemein verneint, da mit § 4j EStG keine der EU-Zins- und Lizenzrichtlinie zuwiderlaufende Quellensteuer in der EU eingeführt wird. Die Richtlinie richtet sich nur an den Vergütungsempfänger.[5] Die Beschränkung des abzugsfähigen Aufwands habe durch die Ungleichbehandlung von in- und ausländischen Zahlungen aber eine grundsätzlich gleichartige wirtschaftliche Wirkung. Darüber hinaus stelle sich die Frage, ob die offensichtliche Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit mittels der bisherigen Rechtsprechung des EuGH zu rein künstlichen Gestaltungen gerechtfertigt werden kann.[6]

[1] Vgl. van Lück/Niemeyer, IWB 2017 Heft 12 S. 440 m.  w.  N.; Joachimsen/Zinowsky/Schraud, IStR 2017 S. 593; Ditz/Quilitsch, DStR 2017 S. 1561.
[4] RL 2003/49/EG vom 3.6.2003 (ABl EU 2003 Nr. L 157 S. 49).
[5] Vgl. EuGH, Urteil v. 21.7.2011, C 397/09 Scheuten Solar Technology, sowie Heil/Pupeter, BB 2017 S. 795; Ditz/Pinkernell/Quillitzsch, IStR 2014 S. 45; Jarass/Obermair, Faire und effiziente Unternehmensbesteuerung, 2015, S. 89.
[6] Vgl. im Detail van Lück/Niemeyer, IWB 2017 Heft 12 S. 440.

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