Probleme bereiten vorrangig Kapitalrückzahlungen und Liquidationsraten.

 
Praxis-Beispiel

Liquidation

Der Mandant hat in seinem Depot auch (unter/über 1 %) Anteile an einer Schweizer AG, die liquidiert wird. Die Schweiz erhebt auf den gesamten Rückzahlungsbetrag eine Verrechnungsteuer von 35 %, d. h. ohne nähere Untersuchung, wie sich dieser Betrag zusammensetzt.

Alternative I:

Die Bank beantragt eine Quellensteuererstattung in der Schweiz i. H. v. 20 % (auf den Abkommenssatz von Dividenden = 15 %) und erhebt auf den Mehrbetrag eine Abgeltungssteuer von 10 %.

Alternative II:

Die Bank nimmt in voller Höhe den Steuerabzug für die Abgeltungssteuer vor und verweist auf die Notwendigkeit einer Prüfung in der Veranlagung.

Lösungsansätze:

Das deutsche Steuerrecht spaltet die Liquidationsgewinne in Teile auf:

  1. Soweit Nennkapital ausgekehrt wird, nimmt es eine der Vermögensebene zuzuordnende Kapitalrückzahlung an, die steuerfrei ist.[1]
  2. Ansonsten liegen ausländische gewerbliche Einkünfte i. S. d. § 34d Nr. 4 Buchst. b i. V. m. § 17 Abs. 1 und 4 EStG vor. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten 5 Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war.[2] Dies gilt entsprechend bei der Auflösung einer Kapitalgesellschaft.[3] In diesem Fall ist als Veräußerungspreis der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft anzusehen.
  3. Keine Veräußerung i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG liegt im Fall der Auflösung der Gesellschaft vor, soweit die Bezüge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören. Von § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG werden nur Bezüge erfasst, die nach der Auflösung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft oder aufgrund einer Kapitalherabsetzung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft anfallen. Damit fallen die Einkünfte aus der Auflösung einer ausländischen Kapitalgesellschaft unter § 17 Abs. 4 EStG.

Behandlung nach dem Abkommensrecht[4]

Es liegen keine Dividenden i. S. d. Art. 10 OECD-MA vor. Art. 13 Abs. 5 OECD-MA gilt auch für Gewinne, die im Privatvermögen aus der Veräußerung von Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft[5] oder aus der Liquidation einer solchen[6] entstehen. Dabei unterscheidet die Vorschrift nicht zwischen wesentlichen Beteiligungen und Streubesitz.

Der Liquidationsgewinn eines Gesellschafters aus seiner Beteiligung wird grundsätzlich als Veräußerungsgewinn behandelt. Art. 13 Abs. 5 OECD-MA sieht auch für diesen Tatbestand nur eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters vor. Eine Besteuerung des Veräußerungs-/Liquidationsgewinns durch den Quellenstaat ist ausgeschlossen.

Da nach Art. 13 Deutschland das alleinige Besteuerungsrecht zusteht, gilt die ausländische Quellensteuer als nicht abkommensgemäß erhoben. Eine Anrechnung auf die deutsche Einkommensteuer kommt daher nicht in Betracht.

Aus Sicht der Finanzverwaltung muss daher eine Erstattung beantragt werden.

Dies ist allerdings in der Literatur umstritten. Zahlreiche Staaten sehen den Liquidationsgewinn als einen den Dividenden gleichzusetzenden anderen geldwerten Vorteil an[7] und leiten daraus ein Quellenbesteuerungsrecht ab. Nr. 31 des OECD-MK zu Art. 13 sieht zwar den Liquidationsgewinn als Veräußerungsgewinn i. S. d. Art. 13 Abs. 5 OECD-MA an, billigt jedoch über Art. 10 Abs. 3 OECD-MA dem Quellenstaat ein Besteuerungsrecht nach § 10 Abs. 2 OECD-MA zu. Voraussetzung für diese Behandlung ist, dass es sich bei Veräußerungsgewinnen nach dem innerstaatlichen Recht des Quellenstaates um Dividenden handelt.

[4] Nach Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, MA Art. 13 Rz. 135.
[7] Vgl. OECD-MK Art. 13 Nr. 28: Liquidationsgewinne werden ausdrücklich genannt.

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