Mit dem JStG 2007 erfolgte in § 50d Abs. 9 EStG die Einführung einer nationalen Rückfallklausel sowohl für Qualifikationskonflikte als auch für Fälle des unlauteren Steuer-Wettbewerbs, wenn der ausländische Staat Steuervergünstigungen nur beschränkt Steuerpflichtigen gewährt.

Insbesondere bei Qualifikationskonflikten kann es zu einer völligen Nichtbesteuerung oder Niedrigerbesteuerung (Quellensteuer statt Tarifsteuer) der Einkünfte kommen, wenn die beiden Vertragsstaaten

  • von unterschiedlichen Sachverhalten ausgehen,
  • das Abkommen unterschiedlich auslegen oder
  • die Abkommensbegriffe nach ihrem nationalen Recht auslegen.

Die Regelung des § 50d Abs. 9 1. Alt. EStG kann nicht isoliert betrachtet, sondern muss im Verhältnis zu anderen Rückfallklauseln geprüft werden. Im Hinblick auf die Regelung des § 50d Abs. 8 EStG hat § 50d Abs. 9 EStG im Bereich der Arbeitnehmerbesteuerung nur eine marginale Bedeutung, da Qualifikationskonflikte bei Arbeitnehmern, die zu einer Nichtbesteuerung in Deutschland führen faktisch nicht auftreten.

§ 50d Abs. 9 Satz 2 EStG hebt die nach DBA vorgesehene Freistellung in den Fällen auf, in denen der ausländische Staat die dort erzielten Einkünfte im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nach innerstaatlichem Recht nicht besteuern kann (weil er eine Steuervergünstigung nur für Ausländer gewährt). Die Regelung greift indessen nicht, wenn die Einkünfte nach dem innerstaatlichen Recht des ausländischen Staats allgemein, d. h. auch für dort Ansässige von der Besteuerung ausgenommen sind.

Diese Regelung ist damit auch eine gewisse Reaktion auf Maßnahmen ausländischer Staaten, Steuerbegünstigungen ausschließlich Investoren aus anderen Ländern zu gewähren (sog. Tax-holiday), nicht jedoch Gebietsansässigen (sog. unfairer Steuerwettbewerb).

 
Praxis-Beispiel

Steuerfreistellung

Ungeachtet des DBA, der für eine Arbeitnehmertätigkeit im Staat X die Steuerfreistellung vorsieht, wird diese nach § 50d Abs. 9 Satz 2 EStG nicht gewährt.

 
Hinweis

Piloten-Fälle

Anwendungsfälle zeigt das BMF-Schreiben vom 12.11.2008[1] zur Besteuerung von in Deutschland ansässigem Flugpersonal britischer und irischer Fluggesellschaften. Seit 2012 sind die Probleme jedoch durch das neue DBA Großbritannien bzw. die Änderungen des nationalen Rechts in Irland entfallen.[2]

[2] BMF, Schreiben v. 5.12.2012, BStBl 2012 I S. 1248.

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