8.1 Grundsatz und Tätigkeit in Drittstaaten

Die deutschen DBA stellen den Arbeitslohn, der der ausländischen Besteuerung zugewiesen wird, grundsätzlich frei. Zu den Ausnahmen vgl. die Länderübersicht (Stand 1.1.2017) der OFD Nordrhein-Westfahlen v. 2.11.2017[1] und die nachfolgenden Erläuterungen.

Etwas anderes gilt jedoch für sog. Drittstaateneinkünfte, die z.  B. entstehen können, wenn der inländische Arbeitnehmer bei einem ausländischen Arbeitgeber im Staat 1 beschäftigt ist, aber Dienstreisen in den Staat 2 macht (= Drittstaat). In diesen Fällen ist das DBA zwischen dem Wohnsitzstaat Deutschland und dem 2. Tätigkeitsstaat maßgebend. Da der Arbeitgeber dann nicht mehr im Tätigkeitsstaat ansässig ist, gilt die 183-Tage-Regel. Das Besteuerungsrecht verbleibt bei Deutschland.

 
Praxis-Beispiel

Körperliche Tätigkeit in einem Drittstaat

Nach dem Erlass des Finanzministeriums Baden-Württemberg[2] gilt Folgendes: "Es besteht Übereinstimmung zwischen dem Bundesminister der Finanzen und der Eidgenössischen Steuerverwaltung, dass Arbeitseinkünfte eines Arbeitnehmers, der in Deutschland wohnt und bei einem schweizerischen Arbeitgeber beschäftigt ist, nach § 15 Abs. 1 DBA-Schweiz nur insoweit in der Schweiz besteuert werden können, als die Tätigkeit dort tatsächlich ausgeübt wird. Ist ein Arbeitnehmer mit Wohnsitz in der Bundesrepublik (kein Grenzgänger) für seinen schweizerischen Arbeitgeber 70 Tage in der Schweiz, 120 Tage in Großbritannien und 30 Tage in Saudi-Arabien tätig, dann sind seine Einkünfte für die Tätigkeit in Großbritannien und Saudi-Arabien in Deutschland zu versteuern."

Problematisch ist die Frage hinsichtlich der Besteuerung von Drittstaateneinkünften leitender Angestellter, wenn z. B . wie im Verhältnis zur Schweiz[3] eine Fiktion der Tätigkeit am Sitz der Gesellschaft vereinbart wurde.

 
Praxis-Beispiel

Leitende Angestellte mit einer Drittstaatentätigkeit

Der Steuerinländer A ist Geschäftsführer einer Schweizer GmbH. Er erhält hierfür einen Bruttoarbeitslohn von umgerechnet 100.000 EUR. Die Schweiz erhebt eine Quellensteuer von 15 % = 15.000 EUR. A beantragt eine komplette Steuerfreistellung. Das deutsche Finanzamt stellt fest, dass 20 % des Gehalts auf Geschäftsreisen zu verbundenen Unternehmen und Kunden entfallen.

Hierbei muss differenziert werden zwischen

  • Zuweisung des Besteuerungsrechts und
  • Vermeidung der Doppelbesteuerung im Wohnsitzsaat
[2] FinMin Baden-Württemberg, Erlass v. 13.8.1985, S 1301 A – Schweiz – 30/84.
[3] Vgl. Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz.

8.1.1 Zuweisung des Besteuerungsrechts

Unstreitig hat die Schweiz bei in Deutschland ansässigen leitenden Angestellten von schweizerischen Kapitalgesellschaften, soweit die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz erfüllt sind, als Quellenstaat das Recht, den gesamten Arbeitslohn zu besteuern.

8.1.2 Vermeidung der Doppelbesteuerung im Wohnsitzstaat

Aus der Zuweisung des Besteuerungsrechts an den Quellenstaat ergibt sich jedoch nicht automatisch, dass der Ansässigkeitsstaat diese Einkünfte nicht auch besteuern darf. Die Steuerberechtigung des Quellenstaats macht lediglich notwendig, dass der Ansässigkeitsstaat die Doppelbesteuerung vermeidet. Dies kann durch eine Freistellung der betroffenen Einkünfte unter Progressionsvorbehalt oder durch eine Besteuerung unter Anrechnung der ausländischen Steuer erreicht werden. Regelungen hierüber sind regelmäßig in den Artikeln über die Vermeidung der Doppelbesteuerung enthalten[1], die die Vermeidung der Doppelbesteuerung für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bei in Deutschland ansässigen Personen regelt, beschränkt aber die Freistellung unter Progressionsvorbehalt ausdrücklich auf "Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen i.  S. des Art. 15, ..., vorausgesetzt, die Arbeit wird in der Schweiz ausgeübt". Soweit diese Bedingung nicht erfüllt ist – also für Tage, die ein leitender Angestellter, der nicht Grenzgänger ist, in Deutschland oder Drittstaaten verbringt –, wird die Doppelbesteuerung durch Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz, d. h. durch die Anwendung der Anrechnungsmethode, vermieden. Diese Auffassung wird auch in der deutschen Literatur[2] wie auch von der Eidgenössischen Steuerverwaltung[3] vertreten.

Insoweit ist davon auszugehen, dass zwischen den Vertragsparteien Einigung darüber besteht, dass der Quellenstaat zwar für den gesamten Arbeitslohn das Besteuerungsrecht haben sollte, der Ansässigkeitsstaat jedoch nicht für den Teil dieser Einkünfte auf die Besteuerung verzichten muss, der auf Zeiten entfällt, in denen die Tätigkeit nicht im anderen Vertragsstaat ausgeübt wurde.

Deshalb wird auf die deutsche Besteuerung der auf Aufenthaltstage in Drittstaaten entfallenden Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit (unter Anrechnung der in der Schweiz auf den entsprechenden Betrag einbehaltenen Steuer) nicht verzichtet.[4]

Der BFH ist dem Aussetzungsverfahren nicht gefolgt.[5] Zu dieser Frage sind die Muster-Revisionsverfahren I R 18/04 und I R 81/04 ergangen.

Im Verfahren I R 81/04 (n.  v.)[6] ist der BFH der Auffassung im o. g. BMF-Schreiben[7] nicht gefolgt. Der Leitsatz lau...

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