Bei Arbeitnehmerentsendungen ins Ausland treten in der Praxis neben unveränderten Bruttolohnvereinbarungen auch Fälle mit Aufstockung um Auslandszulagen oder mit Umstellung auf eine Nettolohnvereinbarung auf. Hierbei werden zunehmend Nettolohnvereinbarungen genutzt, um den Arbeitnehmer weder schlechter, aber auch nicht signifikant besserzustellen als im Fall der reinen Inlandstätigkeit. Bei der Auswertung von Lohnabrechnungen von Beschäftigten international tätiger Konzerne findet man häufig eine Position einer entweder positiven oder negativen Hypo-Tax. Die Finanzverwaltung beschäftigt sich in Teil 5.5.9 mit den Auswirkungen solcher Steuerausgleichsmechanismen.[1]

Wird ein im Inland wohnhafter Arbeitnehmer von seinem inländischen Arbeitgeber unter Kostenverrechnung zu einer ausländischen Tochtergesellschaft entsandt und wird die bestehende Bruttolohnvereinbarung nicht verändert, ist für eine hypothetische Steuerberechnung kein Raum. Es liegt kein Fall vor, in dem die sog. Hypo-Tax aus lohnbuchhalterischer Sicht zu ermitteln ist. Denn bei einer weiterbestehenden unveränderten Bruttolohnvereinbarung erhält der Arbeitnehmer den Steuervorteil einer niedrigen ausländischen Steuerbelastung als Entsendeanreiz zugeordnet.

 
Praxis-Beispiel

Bruttolohnvereinbarung

Arbeitnehmer A, wohnhaft in Stuttgart, wird vom 1.8.01 bis 31.12.01 von seinem inländischen Arbeitgeber M-AG zur französischen Tochtergesellschaft F-S.A. nach Paris abgeordnet. Die Kosten trägt die F-S.A. A behält seinen Wohnsitz in Stuttgart bei. Der Bruttolohn des A beträgt monatlich 3.000 EUR. Die bestehende Bruttolohnvereinbarung bleibt unverändert.

Lösung:

Durch die über 3-monatige Entsendung zur französischen Tochtergesellschaft wird diese zum wirtschaftlichen Arbeitgeber. Damit hat Frankreich das Besteuerungsrecht für den anteiligen, im Ausland erzielten Arbeitslohn. Deutschland stellt unter Progressionsvorbehalt frei, wenn der Nachweis der französischen Besteuerung erbracht wird.[2] Damit ergeben sich folgende Konsequenzen:

Deutschland hat das Besteuerungsrecht für den Zeitraum 1.1. bis 31.7.01: 7 × 3.000 EUR = 21.000 EUR. Monatlich sind 548,66 EUR Lohnsteuer zzgl. 30,17 EUR Solidaritätszuschlag sowie die Beiträge zur Sozialversicherung vom Arbeitgeber einzubehalten und abzuführen (Lohnsteuer Rechtsstand: 2008). Der Nettolohn beträgt monatlich 2.421,17 EUR vor Abzug der Sozialversicherungsbeiträge.

Vom 1.8. bis 31.12.01 ist der Lohn der französischen Besteuerung zu unterwerfen. Da eine Bruttolohnvereinbarung besteht, wird die französische Steuer auf den Betrag von 3.000 EUR monatlich (15.000 EUR im Zeitraum der Entsendung) erhoben. Sollte dies nicht geschehen, sind aufgrund der Regelung in § 50d Abs. 8 EStG die 15.000 EUR in Deutschland im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2008 zu versteuern.

Bei einer Entsendung in Hochsteuerländer ist eine unveränderte Bruttolohnvereinbarung jedoch regelmäßig nicht anzutreffen. Der Nachteil einer höheren Lohnbesteuerung wird regelmäßig durch Auslandszulagen ausgeglichen, da sich der Arbeitnehmer bezüglich seines Nettoeinkommens grundsätzlich nicht verschlechtern will. Daher wird für den Zeitraum der Entsendung häufig von der Brutto- zur Nettolohnvereinbarung übergegangen, d.  h. der Arbeitnehmer soll während des Zeitraums der Entsendung weiterhin den gleichen Nettobetrag von seinem Arbeitgeber ausbezahlt erhalten, den er vor der Entsendung erhalten hat. Dies ist der klassische Fall, in dem aus lohnbuchhalterischen Gründen eine sog. Hypo-Tax ausgewiesen wird.

 
Praxis-Beispiel

Bruttolohnvereinbarung wird auf Nettolohnvereinbarung umgestellt

Wie obiges Beispiel, allerdings wird die Brutto- in eine Nettolohnvereinbarung geändert. Der monatliche Nettoarbeitslohn (ohne Berücksichtigung der Sozialversicherungsabzüge) beträgt vor Entsendung 2.421,17 EUR. In Frankreich werden auf den Monat umgerechnet unterstellt 250 EUR Steuern für den Arbeitslohnbezug des A fällig.

Diese hypothetische Steuer ist aus Sicht des deutschen Steuerrechts keine Steuer i.  S. der AO und daher – allerdings nur auf den ersten Blick – unbeachtlich. Es handelt sich hierbei um keine Abgabenart, die z. B. nach § 34c Abs. 2 EStG als Werbungskosten oder in anderer Form bei der Einkünfteberechnung zu berücksichtigen ist. Die Hypo-Tax ist vorrangig eine reine Rechengröße in der Lohnbuchhaltung. Ziel ist es, dass ein Arbeitnehmer vor und während der Entsendung vom Inland ins Ausland oder anders herum den Nettolohn in gleichbleibender Höhe ausbezahlt erhält.

Eine mittelbare Auswirkung ergibt sich jedoch für Zwecke des Progressionsvorbehalts oder der Anwendung des § 50d Abs. 8 EStG. Bei der Einkommensteuererklärung bzw. -veranlagung ist der aus deutscher Sicht zutreffende Bruttolohn zu ermitteln. Hierbei ist der als Hypo-Tax bezeichnete Betrag als positiver oder negativer Lohnbestandteil zu berücksichtigen.

 
Lösung:  
Die Lohnabrechnung sieht nun wie folgt aus:  
Bruttoarbeitslohn 3.000,00 EUR
abzüglich franz. Steuern 250,00 EUR
abzüglich sog. Hypo-Tax 328,83 EUR
Nettoausz...

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