Nach früherer BFH-Rechtsprechung und Finanzverwaltungsauffassung[1] übte ein Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft seine leitende Tätigkeit grundsätzlich am Sitz der Gesellschaft aus. Das hatte zur Folge, dass ein Geschäftsführer, der im Ausland wohnte und von dort aus eine inländische GmbH leitete, so angesehen wurde, als hätte er seine Tätigkeit ausschließlich im Inland am Sitz der GmbH ausgeübt. Dem lag die Erwägung zu Grunde, dass sich bei einer Arbeitsausübung, die maßgeblich in der Wahrnehmung von Leitungsfunktionen besteht, die Tätigkeit der Leitungsfunktion nicht in der Erteilung von Weisungen erschöpft. Vielmehr gehört die Durchsetzung der Weisungen ebenfalls zum Aufgabenbereich der Leitungsperson. Die Durchsetzung von Weisungen vollzieht sich i. d. R. aber am Ort des Unternehmens, auch wenn die Leitungsperson nicht anwesend ist.

Der BFH hat[2] inzwischen seine Rechtsprechung geändert und die Anwendung dieser Tätigkeitsfiktion auf die Schweiz beschränkt, da nur insoweit die Rechtsprechungsgrundsätze des GrS in das DBA (Art 15 Abs. 4) übernommen und damit durch einen Akt des Gesetzgebers (Nichtaufnahme dieser Regelung in andere DBA) überholt wurden.

Diese Entscheidung liegt auf der Linie der Entscheidungen des I. Senats des BFH[3], wonach das uneingeschränkte Tätigkeitsprinzip gilt, wenn Tätigkeiten vorliegen, die nach der Lage der Sache an anderer Stelle nicht ausgeübt werden können (z.  B. Wareneinkauf durch den Geschäftsführer im Ausland, Abstimmung der Geschäftspolitik am Sitz der ausländischen Muttergesellschaft).

Die Finanzverwaltung folgt dem.[4] Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, wie das Verhältnis der Tätigkeiten (deren Art) in den betroffenen Staaten tatsächlich war.

 
Hinweis

Ergänzende Hinweise:

  • Sicherstellung der Einmalbesteuerung: Bislang sind nur in Einzelfällen im Verhältnis zu den Niederlanden Verständigungsverfahren eingeleitet worden. Eine Freistellung von der deutschen Besteuerung soll daher grundsätzlich nur im Rahmen eines Verständigungsverfahrens erfolgen oder wenn anhand des vorzulegenden ausländischen Steuerbescheids nachvollzogen werden kann, dass im beantragten Umfang eine Besteuerung im Wohnsitzstaat erfolgte. Zur Rechtsgrundlage vgl. Rückfallklausel.
  • Aufteilungsmaßstab: Die Grundaussage "Organe von Kapitalgesellschaften üben ihre Tätigkeit grundsätzlich an dem Ort aus, an dem sie sich persönlich aufhalten" spricht für eine Aufteilung des Besteuerungsrechts, entsprechend dem Verhältnis der vereinbarten Arbeitstage im Sitzstaat zu den vereinbarten Arbeitstagen im Wohnsitzstaat. Dies führt zu nicht gerechtfertigten Verlagerungen, da wegen der besonderen Umstände (regelmäßig weiterer Anstellungsvertrag zur ausländischen (Mutter)Gesellschaft, Kontakt zur Inlandsgesellschaft nur über Telefon, Telefax etc.) der Arbeitseinsatz wesentlich geringer als bei der Tätigkeit "vor Ort" ist.

In einer Entscheidung zu einem solchen Problemfall hat der BFH die Sache an das vorinstanzliche FG zurückverwiesen und es aufgefordert, weitere Feststellungen "über den Tätigkeitsort und das Verhältnis der Tätigkeiten in Kanada zu den Tätigkeiten im Ansässigkeitsstaat" zu treffen.[5]

Die Zuweisung der Besteuerung nach den allgemeinen Grundsätzen greift bei im Inland tätigen ausländischen Geschäftsführern trotz des geänderten § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG, der inländische Einkünfte bei Geschäftsführern, Vorständen und Prokuristen einer deutschen Gesellschaft vorsieht, unabhängig vom Ort der Tätigkeit.[6]

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