Im Rahmen einer Gesamtwürdigung[1] sprechen folgende Indizien für die Annahme, dass die aufnehmende Gesellschaft wirtschaftlicher Arbeitgeber i.  S. des DBA ist:

  • Das entsendende Unternehmen trägt keine Verantwortung oder kein Risiko für die durch die Tätigkeit des Arbeitnehmers erzielten Ergebnisse;
  • das aufnehmende Unternehmen hat das Recht, dem Arbeitnehmer Weisungen zu erteilen;
  • die Arbeit vollzieht sich in einer Einrichtung, die unter der Kontrolle und Verantwortung des aufnehmenden Unternehmens steht;
  • die Vergütung für das entsendende Unternehmen wird auf der Grundlage der genutzten Zeit berechnet oder es besteht eine Verbindung anderer Art zwischen dieser Vergütung und den vom Arbeitnehmer bezogenen Löhnen oder Gehältern;
  • die Werkzeuge und das Material werden dem Arbeitnehmer im Wesentlichen vom aufnehmenden Unternehmen zur Verfügung gestellt;
  • die Zahl und die Qualifikation der Arbeitnehmer werden nicht ausschließlich durch das entsendende Unternehmen bestimmt.

Als wirtschaftlicher Arbeitgeber i. S. des DBA ist damit anzusehen, wer die Vergütungen für die dem Arbeitnehmer geleistete unselbstständige Arbeit wirtschaftlich trägt, sei es, dass er die Vergütungen unmittelbar dem betreffenden Arbeitnehmer auszahlt oder dass ein anderes Unternehmen für ihn mit diesen Arbeitsvergütungen in Vorleistung tritt.[2] Ein aufnehmendes Unternehmen ist daher grundsätzlich als wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen, wenn es nach den "Verwaltungsgrundsätzen Arbeitnehmerentsendung[3]" die Lohnaufwendungen getragen hat oder hätte tragen müssen. Diese Grundsätze sind entsprechend anzuwenden[4]

Wird geltend gemacht, dass es sich bei dem aufnehmenden Unternehmen nicht um einen wirtschaftlichen Arbeitgeber handelt, sind für die Entscheidung, ob eine Integration in dieses Unternehmen erfolgt ist, insbesondere die folgenden Kriterien (gewichtet nach den Gesamtumständen des Einzelfalls) zu berücksichtigen:

  • Wer entscheidet über Art und Umfang der Tagesarbeit?
  • Wer stellt die Arbeitsmittel?
  • In wessen Räumlichkeiten wird die Arbeit erbracht?
  • Wer entscheidet über die Höhe der Bezüge (mit wem wurde die Gehaltsvereinbarung abgeschlossen)?
  • Welchen Zeitraum umfasst das Tätigwerden im aufnehmenden Unternehmen?

Soweit die vorstehenden Kriterien zu keiner eindeutigen Entscheidung führen, sind auch die folgenden nachgeordneten Kriterien zu würdigen:

  • Wer entscheidet über die Teilnahmeberechtigung an einem allfälligen Erfolgsbonus- und Aktienerwerbsplan des Konzerns?
  • Wer trägt das Risiko für eine Lohnzahlung im Nichtleistungsfall?
  • Wem gegenüber erwachsen Abfindungs- und Pensionsansprüche?
  • Wer entscheidet über die Urlaubsgewährung?
  • Wer behält den Arbeitnehmer nach Ablauf der Entsendungszeit?
  • Wer hat das Recht der Entscheidung über Kündigung oder Entlassung? Gelten die Kündigungsgründe des Staates des Personalentsenders oder jene des Staates des Personalverwenders?
  • Mit wem hat der Arbeitnehmer Meinungsverschiedenheiten aus dem Dienstvertrag – ggf. gerichtlich – auszutragen?
  • Wer ist für die Sozialversicherungsbelange des Arbeitnehmers verantwortlich?

Wichtig ist, dass die Finanzverwaltung die Vereinfachungsregelung aus den vorgenannten Verrechnungspreisgrundsätzen übernimmt. Hiernach spricht bei einer Entsendung von nicht mehr als 3 Monaten (jahresübergreifend für sachlich zusammenhängende Tätigkeiten) eine Anscheinsvermutung dafür, dass das aufnehmende Unternehmen mangels Integration des Arbeitnehmers nicht als wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen ist.[5] Arbeitgeber i. S. des DBA bleibt daher in diesen Fällen das entsendende Unternehmen.

 
Hinweis

Qualikationskonflikt durch Vereinfachungsregel möglich

Für eine solche Vereinfachungsregelung fehlt es zwar an einer rechtlichen Grundlage. Sie kann auch zu Qualifikationskonflikten führen, da weder die OECD noch der BFH eine derartige Vereinfachungsregel kennen.[6] In der Praxis kann damit aber bei kurzfristigen Entsendungen der Abgrenzungskatalog im Detail geprüft werden. Das neue BMF-Schreiben vom 3.5.2018 lässt ausdrücklich einen Gegenbeweis zu[7]. Maßgebend sind im Zweifel die Umstände im Einzelfall.

 
Praxis-Beispiel

Dienstleistungen

Das in Spanien ansässige Unternehmen S ist spezialisiert auf die Durchführung von Computersoftware-Fortbildungen. D, ein im Inland ansässiges Unternehmen, hat kürzlich neue Computersoftware angeschafft und schließt für die Durchführung von Schulungen seiner Mitarbeiter einen Vertrag mit S ab. X, ein in Spanien ansässiger Angestellter von S, wird für 4 Monate an den Firmensitz von D im Inland gesandt, um die vereinbarten Schulungen durchzuführen.

X wird im Rahmen einer Dienstleistungsverpflichtung des S bei D tätig. Vorausgesetzt, X hält sich in Deutschland nicht mehr als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres auf und S hat in Deutschland keine Betriebsstätte, die die Gehaltszahlungen an X trägt, findet Art. 15 Abs. 2 DBA Spanien Anwendung mit der Folge, dass das Besteuerungsrecht für die Vergütungen aus nichtselbstständiger Arbeit Spanien zugewiesen wird. Deutschland ...

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