Die deutschen DBA mit den europäischen Ländern entsprechen in der Regel für den Hauptanwendungsfall der Auslandstätigkeiten dem Art. 15 OECD-MA. Hiernach hat der Tätigkeitsstaat das ausschließliche Besteuerungsrecht. In den Fällen der Tätigkeitsstaatbesteuerung spielt es keine Rolle, zu wessen Lasten der Arbeitslohn bzw. aus welchem Staat der Arbeitslohn bezahlt wird. Vgl. auch Rz. 16 und 78 ff. des Anwendungsschreinben[1]. Fallen Ansässigkeitsstaat und Tätigkeitsstaat zusammen (z.  B. bei einer Tätigkeit für eine Inlandsbetriebsstätte eines ausländischen Arbeitgebers), bleibt es z.  B. ungeachtet einer falschen Zuordnung des Lohnaufwands bei der Besteuerung im Ansässigkeits- und gleichzeitig Tätigkeitsstaat.

In manchen Abkommen wird das Besteuerungsrecht an einen Aufenthalt im Tätigkeitsstaat geknüpft.

 
Hinweis

DBA Niederlande

Der BFH[2] hat zur Auslegung der "183-Tage-Klausel" des DBA Niederlande wie folgt entschieden: "Kehren Arbeitnehmer, die länger als 183 Tage im Kalenderjahr eine nichtselbstständige Arbeit in Deutschland ausüben, arbeitstäglich zu ihrem Wohnsitz im Ausland zurück, so halten sie sich nicht i. S. des Art. 10 Abs. 2 Nr. 1 DBA-Niederlande in der Bundesrepublik auf". Soweit der BFH damit den Begriff des "Aufhaltens" im Sinn von "Übernachten" auslegt, wird das Urteil von der Verwaltung nicht angewandt.[3] Dies wird in der Literatur noch häufig als Konflikt dargestellt. Ein solcher besteht jedoch nicht mehr, da sich der BFH[4] der Auffassung der Finanzverwaltung angeschlossen hat.

Ein weiteres Auslegungsproblem kann sich aus der Art der Tätigkeit ergeben, wenn es sich nicht um eine körperliche Tätigkeit handelt. Bei der geistigen Arbeit kommt es auf die vertraglich zu erbringende Leistung an. Laut BFH ist entscheidend, wo sich der Verpflichtete während der Zeitdauer der vereinbarten Leistungsverpflichtung tatsächlich befindet.[5]

Schwierigkeiten bei der Abgrenzung des Besteuerungsrechts gibt es in der Praxis auch häufiger für Berufskraftfahrer mit ausländischem Arbeitgeber, insbesondere im Verhältnis zu Luxemburg, da viele deutsche Speditionen wegen der dort niedrigsten Kfz-Steuer in Europa ihre Aktivitäten dorthin outgesourced haben. Zur Auslegung solcher Fälle kann auf das umfassende ursprüngliche BMF-Schreiben zum DBA-Luxemburg "Berufskraftfahrer mit luxemburgischen Arbeitgebern und deutschem Wohnsitz"[6]. zurückgegriffen werden. Im Verhältnis zu Luxemburg selbst gilt zwar die Verständigungsvereinbarung vom Mai 2005[7] bzw. die Konsultationsvereinbarung vom 26.5.2011, innerstaatlich umgesetzt durch die KonsVerLUXV[8]. , die Bindung ist allerdings strittig.[9] Wie dieses Schreiben zeigt, ist vor allem die Frage des Arbeitsorts strittig. Das BMF-Schreiben enthält hierzu die Aussage, dass sich Berufskraftfahrer vor allem in oder bei ihrem Fahrzeug aufhalten. Das Fahrzeug ist daher ihre regelmäßige Arbeitsstätte.

Der Ort der Arbeitsausübung des Berufskraftfahrers bestimmt sich nach dem jeweiligen Aufenthalts- bzw. Fortbewegungsort des Fahrzeugs. Der auf Fahrten in Deutschland entfallende Arbeitslohn unterliegt daher dem deutschen Besteuerungsrecht, der auf Fahrten in einem ausländischen Staat entfallende Arbeitslohn unterliegt hingegen nach Art. 15 Abs. 1 OECD-MA dem ausländischen Besteuerungsrecht. Im Fall einer Teilanwesenheit in zwei oder mehreren ausländischen Staaten ist eine zeitanteilige Aufteilung im Verhältnis der tatsächlichen Anwesenheitsdauer zur vereinbarten Arbeitszeit vorzunehmen. Löhne und Gehälter, die z. B. auf Urlaubs- und Krankheitstage des Arbeitnehmers entfallen, sind dagegen nur im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers, hier also in Deutschland, zu versteuern.

Der BFH ist dem grundsätzlich gefolgt.[10] Entgegen der Verwaltungsmeinung sind laut BFH allerdings die Urlaubstage und die auf arbeitsfreie Tage (Wochenenden, Feiertage) entfallenden Einkünfte des Berufskraftfahrers nicht in vollem Umfang, sondern lediglich anteilig der deutschen Besteuerung zu unterwerfen und im Übrigen von dieser freizustellen.

Das BMF-Schreiben vom 14.9.2006[11] hebt die o.  g. Anweisung zwar auf, Teil 7 (Rz. 332 ff.) des BMF-Anwendungsschreibens[12]

enthält jedoch als Besonderheit nur den Hinweis, dass – abweichend von den allgemeinen Grundsätzen – Anwesenheitstage der Durchreise in einem Drittstaat (d.  h. sog. Transitzeiten) als volle Anwesenheitstage für die Berechnung der 183-Tage-Frist gelten (Rz. 335).

Im Verhältnis zur Schweiz gilt ergänzend folgende Verständigungsvereinbarung zu Arbeitnehmern im internationalen Transportgewerbe[13]:

"Für Lkw-Fahrer, die bei schweizerischen Unternehmen beschäftigt und in Deutschland ansässig sind, werden in der Schweiz Arbeitsbewilligungen für eine maximale Anzahl von Jahresarbeitstagen ausgestellt. Aus Vereinfachungsgründen wird bei Wegfall der Grenzgängereigenschaft nach Art. 15a Abs. 1 DBA davon ausgegangen, dass die in der Arbeitsbewilligung ausgewiesenen Arbeitstage der Ausübung der Tätigkeit in der Schweiz entsprechen. Bei der Aufteilung des Jahresarbeitslohns is...

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