Im Ausland tätige Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland sind nach dem Welteinkommensprinzip auch mit dem Arbeitslohn für die Auslandstätigkeit grundsätzlich im Inland steuerpflichtig.[1] Es ist dabei ohne Bedeutung, ob der Arbeitslohn von einem inländischen oder ausländischen Arbeitgeber gezahlt wird. Es spielt auch keine Rolle, ob der Arbeitslohn zum Teil an den im Ausland tätigen Arbeitnehmer und zum Teil an dessen am inländischen Wohnsitz verbliebene Ehefrau gezahlt wird. Letzteres gilt auch für Bezüge ausländischer Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die von ihren ausländischen Arbeitgebern, z.  B. von osteuropäischen Staatsunternehmen, Teile ihres Arbeitslohns im Heimatstaat in der dortigen Landeswährung ausbezahlt bekommen.

Eine Aufzählung von Lohnteilen, die zu den Auslandsbezügen rechnen, wie z.  B. Leistungsprämien, Gratifikationen, Tantiemen, Urlaubsentgelte und Arbeitslohn für die Dauer einer Erkrankung, enthält der sog. Auslandstätigkeitserlass.[2] Da das DBA die Besteuerungsrechte der Wohnsitzstaaten von den Besteuerungsrechten des Tätigkeitsstaates abgrenzt, ist in Fällen der länger dauernden Entsendung in einen ausländischen Staat vorab die Ansässigkeit (Mittelpunkt der Lebensinteressen) zu prüfen. Dabei ist zu klären,

  • ob im Inland noch ein Wohnsitz nach § 8 AO besteht
  • wie die Ansässigkeit nach DBA zu bewerten ist.

Die Ansässigkeit selbst wird im OECD-MA sowie den deutschen Abkommen nicht näher definiert, sondern nach den innerstaatlichen Kriterien des steuerlichen Wohnsitzes bestimmt.

In Deutschland ist zur Frage einer Wohnsitzbegründung oder -verlegung ausschließlich auf § 8 AO abzustellen. Melderechtliche Vorschriften oder bürgerlich-rechtliche Vorschriften zur Begründung, Beibehaltung oder Aufgabe eines Wohnsitzes sind unbeachtlich.[3]

Nach § 8 AO hat jemand dort einen Wohnsitz, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er sie beibehalten und benutzen wird. Benutzt wird eine Wohnung von demjenigen, der sich ständig oder doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Gewohnheit tatsächlich in ihr aufhält. Maßgebend ist hierbei der jeweilige Einzelfall.

Die Rechtsprechung hat jedoch gewisse Sachverhaltsvermutungen aufgestellt:

  • Wohnt die Familie noch in einer inländischen Wohnung, gilt die Vermutung der Beibehaltung auch für den anderen Ehepartner.[4]
  • Handelt es sich um eine befristete Versetzung ins Ausland unter Beibehaltung der eingerichteten frei nutzbaren inländischen Wohnung, gilt die Vermutung der Beibehaltung der inländischen Wohnung.[5]
  • Wird die Wohnung untervermietet, ist dies ein Indiz für die Aufgabe der inländischen Wohnung.[6]

Diese Anscheinsvermutungen können jedoch widerlegt werden.[7] Nicht maßgebend ist hierbei, von welcher Wohnung der Steuerpflichtige seiner Arbeit nachgeht.[8] Nach der Lebenserfahrung spricht für eine Beibehaltung einer inländischen Wohnung i. S. des § 8 AO, wenn jemand eine Wohnung, die er vor und nach einem Auslandsaufenthalt nutzt, während des Auslandsaufenthalts voll eingerichtet hat und damit in einem nutzungsbereiten Zustand beibehält.

In der 2017 überarbeiteten Fassung des Anwendungserlasses zur AO nimmt die Finanzverwaltung auch detailliert zu nachfolgenden Sonderfällen der Bestimmung der Ansässigkeit bzw. der Wohnung Stellung:

  • Wohnsitz (Ansässigkeit) von Kindern bei einem Auslandsaufenthalt (Tz. 6.2 des AEAO zu § 8);
  • Fälle, die unter das Nato-Truppenstatut fallen (Tz. 7 des AEAO zu § 8);
  • Bedeutung des Wiener Übereinkommens zum diplomatischen Dienst (Tz. 8 des AEAO zu § 8);
  • Bedeutung des Protokolls (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union (Tz. 9 des AEAO zu § 8).

Im Fall der unbeschränkten Steuerpflicht in beiden Staaten (Unterhalt einer Wohnung in beiden Vertragsstaaten) erhält nach der sog. Tie-breaker-rule des Art. 4 Abs. 2 OECD-MA derjenige Vertragsstaat Priorität, in dem sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen (engere wirtschaftliche und persönliche Beziehungen) des Steuerpflichtigen befindet.

Das Anwendungsschreiben[9] enthält hierzu überarbeitete, umfassende Aussagen. Neu sind insbesondere:

  • Art. 4 Abs. 1 Satz 2 OECD-MA, wonach eine Ansässigkeit in einem Staat nicht begründet wird, wenn die Person in diesem Staat nur beschränkt steuerpflichtig ist, ist ein deklaratorischer Zusatz (Folge: Grundsätzlich keine Ansässigkeit bei nur beschränkter Steuerpflicht), Rz. 9.
  • Ausführungen zur Ansässigkeit nach dem DBA-China in Rz. 10-11 (noch nicht abschließend alle Fragen lösend, vgl.  den nachfolgenden Teil zu Besonderheiten des ausländischen Rechts).
  • Rückschlüsse auf unbeschränkte Steuerpflicht aus den Beispielen zur Ansässigkeit (mehrjähriger Auslandsaufenthalt mit Familie unter Beibehaltung der Nutzungsmöglichkeit der inländischen Wohnung).

Die Feststellung des Mittelpunkts der Lebensinteressen erfordert eine zusammenfassende Wertung sowohl der persönlichen als auch der wirtschaftlichen Beziehungen nach der Gesamtheit der objektiven Umstände des ...

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