10.1 Beschränkte Steuerpflicht bei Arbeitseinkünften

Der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG unterliegen nachfolgende Gruppen von Arbeitnehmern:

10.1.1 Arbeitnehmer in privaten Arbeitsverhältnissen

Arbeitnehmer in privaten Arbeitsverhältnissen unterliegen der beschränkten Steuerpflicht, soweit die Arbeit im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist und kein inländischer Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt begründet wurde. Ansatzpunkt ist insoweit eine "Inlandstätigkeit".

Der Begriff der Tätigkeit entspricht hierbei grundsätzlich der DBA-rechtlichen Auslegung des Tätigkeitsprinzips nach Art. 15 Abs. 1 des OECD-MA.

Der Begriff der inländischen Verwertung ergibt sich aus R 125 Abs. 2 LStR. Danach ist eine Verwertung im Inland jedoch nur insoweit gegeben, als der Arbeitnehmer das Arbeitsergebnis seinem Arbeitgeber im Inland nutzbar macht. Der Begriff wird vom BFH einschränkend ausgelegt, was sich aus nachfolgenden Beispielsfällen ergibt:

  • Der von einer inländischen Reederei beschäftigte nicht unbeschränkt steuerpflichtige Kapitän erzielt keine inländischen Einkünfte, soweit sich sein unter einer ausländischen Flagge fahrendes Schiff außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer aufhält.[1]
  • Der Angestellte einer inländischen Firma hat keine steuerpflichtigen Einnahmen, wenn er nur allgemeine Kontaktpflege im Ausland betreibt. Die Übermittlung von Marktanalyseberichten führt hingegen zu einer inländischen Verwertung.[2]
  • Die Tätigkeit von Arbeitnehmern deutscher Luftverkehrsgesellschaften auf ausländischen Flughäfen wird nicht im Inland verwertet. Das Arbeitsergebnis wird dem Arbeitgeber im Ausland zugeführt.[3]
  • Die Leistungen eines ausländischen Ingenieurs für ein deutsches Ingenieurbüro bei der Errichtung eines Gebäudes im Ausland werden nicht im Inland verwertet.[4]

Da die deutschen DBA im Übrigen das Besteuerungsrecht nur dem Wohnsitz- oder Tätigkeitsstaat zuweisen und den Verwertungstatbestand kennen, hat der Verwertungstatbestand nur Bedeutung im Verhältnis zu Nicht-DBA-Staaten.

 
Hinweis

Bordpersonal inländischer Fluggesellschaften

Mit dem Steueränderungsgesetz 2007 wurde in § 49 Abs. 1 Nr. 4e EStG ein neuer Besteuerungstatbestand für das Bordpersonal geschaffen. Mit der gesetzlichen Regelung sollte verhindert werden, dass durch Freistellung der Einkunftsteile im Ansässigkeitsstaat sog. "weiße Einkünfte" entstehen, die in keinem der beteiligten Staaten besteuert werden. Zuvor unterlag bei dem in Deutschland nicht ansässigen Bordpersonal inländischer Fluggesellschaften nur der Teil des Arbeitslohns der beschränkten Steuerpflicht in Deutschland, der anteilig auf Flüge im deutschen Luftraum oder auf den Aufenthalt auf einem deutschen Flughafen entfällt, obwohl Deutschland nach den Doppelbesteuerungsabkommen sein Besteuerungsrecht auch insoweit ausüben konnte, als die Tätigkeit nicht im Inland ausgeübt wurde (Art. 15 Abs. 3 OECD-MA).

10.1.2 Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst

Eine Besteuerungsmöglichkeit besteht auch, soweit die Einkünfte aus inländischen öffentlichen Kassen (einschließlich der Kassen des Bundeseisenbahnvermögens und der deutschen Bundesbank) mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden, ohne dass ein inländischer Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt begründet wurde. Hinsichtlich des Verhältnisses zu den DBA vgl. Kassenstaatsprinzip.

10.1.3 Organe von Kapitalgesellschaften

Eine inländische Steuerpflicht ergibt sich auch, soweit eine Vergütung für eine Tätigkeit als Geschäftsführer, Prokurist oder Vorstand einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland bezogen wird. Diese Fallgruppe wurde erstmals mit dem StÄndG 2001 in das EStG aufgenommen und ist in Zusammenhang mit der DBA-Sonderregelung des DBA Schweiz/DBA Österreich 2002 zu sehen.[1] Die Finanzverwaltung sieht die Ergänzung des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG nur als klarstellende Festlegung des Tätigkeitsorts, da sich nach der früheren Rechtsprechung der Tätigkeitsort dort ergibt, wo die Anweisungen eines Geschäftsführers ankommen bzw. umgesetzt werden, und dies ist der Sitz der Gesellschaft. Gegen diese Beurteilung bestehen Bedenken, da zumindest der für den DBA-Bereich zuständige I. Senat des BFH[2] für die Geschäftsführerbesteuerung auf den Ort der körperlichen Anwesenheit (Tätigkeit) abstellt.[3]

10.2 Entsendung ins Inland – Lohnsteuerrechtlicher Arbeitgeberbegriff

10.2.1 Arbeitsvertrag mit dem aufnehmenden inländischen Unternehmen

Nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 EStG wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben, soweit der Arbeitslohn von einem Arbeitgeber bezahlt wird, der im Inland einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Geschäftsleitung, seinen Sitz, eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter i.  S. der §§ 8 bis 13 AO hat. Entsendet eine ausländische Konzernkapitalgesellschaft ohne Geschäftsleitung, Sitz, Betriebsstätte oder ständigen Vertreter im Inland einen Arbei...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge