Rz. 29

Wenngleich die Prüfung bzw. prüferische Durchsicht eines integrierten Berichts einen Beitrag zur Steigerung der Glaubwürdigkeit leisten kann, sieht sich die Prüfungspraxis in diesem Zusammenhang mit neuartigen Herausforderungen konfrontiert.[1] Hierbei gilt es zunächst hervorzuheben, dass auch ein hinsichtlich nachhaltigkeitsrelevanter Berichtsaspekte erweiterter (Konzern-)Lagebericht einen Bestandteil der gesetzlichen Jahresabschlussprüfung verkörpert. Demgegenüber unterliegt ein freiwillig aufgestellter (eigenständiger) integrierter Bericht nicht der gesetzlichen Prüfungspflicht, was – zumindest für die inhaltliche Prüfung – auch für die verpflichtende nichtfinanzielle Berichterstattung gilt. Infolgedessen stellt die Beauftragung eines Prüfers eine Ermessensentscheidung des Aufsichtsrats des berichterstattenden Unternehmens und die Prüfung eines eigenständigen integrierten Berichts keine Vorbehaltsaufgabe eines Wirtschaftsprüfers im Sinne der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) dar.

 

Rz. 30

Der fakultative Charakter der Prüfung eines integrierten Berichts bedingt, dass die Auftragsbedingungen zwischen dem berichterstattenden Unternehmen und Wirtschaftsprüfer individuell vertraglich geregelt werden können. Der prinzipienbasierte Ansatz des IIRC-Rahmenwerks bewirkt ferner, dass dem Prüfer nicht im Sinne eines Soll-Objekts eine Vergleichsbasis für die Beurteilung der Vollständigkeit eines integrierten Berichts zur Verfügung steht.[2] Die Prüfung basiert vielmehr auf einem unternehmensindividuell umgesetzten Rahmenwerk, dessen Verifizierung derzeit nicht auf der Grundlage eines spezifischen Prüfungsstandards weitergehend präzisiert wird. Dadurch kann wiederum eine neuartige Erwartungslücke hervorgerufen werden. Dies ist bei den Nichtfinanziellen Erklärungen/Berichten ebenfalls möglich, da diese vom Gesetzgeber lediglich mit einer Pflicht zur Prüfung des Vorhandenseins belegt sind. Eine tiefere inhaltliche Prüfung obliegt zunächst alleine dem Aufsichtsrat nach § 171 AktG, der aber einen externen Prüfer hinzuziehen kann. Allerdings ergibt sich aus den internationalen Prüfungsstandards immer dann für den Abschlussprüfer die Notwendigkeit, sonstige Informationen zumindest auf wesentliche Unstimmigkeiten mit den geprüften Teilen der Rechnungslegung zu überprüfen, wenn die Berichterstattung im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss, etwa im Geschäftsbericht, erfolgt.[3]

 

Rz. 31

Die zentrale Herausforderung der Prüfung eines integrierten Berichts stellen die erweiterten bzw. neuen Prüffelder dar[4], welche sich teilweise lediglich bedingt verifizieren lassen. Zur Gewährleistung einer möglichst weitreichenden Objektivierung dieser Publizitätselemente bedarf es einer (Fort-)Entwicklung bestehender Verfahren der Jahresabschlussprüfung zur Verifizierung vergangenheitsorientierter finanzieller Berichtsaspekte. Hierbei gilt es im Zeitablauf insbesondere Methoden zur Beurteilung zukunftsorientierter vernetzter quantitativer und qualitativer Berichtsaspekte sowie des damit im integrierten Bericht aufgezeigten mehrdimensionalen Bildes der betrieblichen Wertschöpfung zu entwickeln.[5] Vor diesem Hintergrund sollte seitens des beauftragten Wirtschaftsprüfers auch eine Einbindung weiterer Sachverständiger in Erwägung gezogen werden, um insbesondere ökologische und gesellschaftliche Berichtsaspekte verlässlich beurteilen zu können. Ferner ist die Beurteilung der Wirksamkeit der Berichtsprozesse und -kontrollen zum einen sowie Ausgewogenheit der Berichtsaspekte zum anderen mit erweiterten Anforderungen an die Kompetenz der Berufsstandvertreter verbunden, welchen durch den Aufbau entsprechender (universitärer) Aus- bzw. Fortbildungsprogramme begegnet werden kann. Die zentralen konzeptionellen und anwendungsorientierten Herausforderungen im Rahmen der Prüfung eines integrierten Berichts werden in der folgenden Abbildung dargestellt.

Abb. 6: Herausforderungen im Rahmen der Prüfung eines integrierten Berichts[6]

[1] Vgl. Simon-Heckroth, WPg 2014, S. 320 ff.
[2] Vgl. Nolden/Richter, WPg 2012, S. 983 f.
[3] ISA 720 (DE-E) (Revised), Tz. D.1.2.
[4] Vgl. Beyhs/Barth, DB 2011, S. 2862.
[5] Vgl. Mio, in Busco/Frigo/Riccaboni/Quattrone, Integrated Reporting – Concepts and Cases that Redefine Corporate Accountability, 2013, S. 93.
[6] Vgl. Stawinoga, ZfU 2015, S. 8.

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