Durch die Übernahme von Risikomanagementfunktionen wird die Controllingfunktion um eine von den Controllern bisher zu wenig beachtete Dimension erweitert. Dies bedeutet selbstverständlich auch die Abkehr von den bisher "einwertigen" Planzahlen. Damit ist auch eine inhaltliche Erweiterung der bisherigen Abweichungsanalyse verbunden, die künftig eher eine Analyse der Istwerte und deren Position innerhalb einer als wahrscheinlich angenommenen Streuung hinauslaufen wird und damit eine völlig andere unternehmerische Bedeutung erhalten wird.

Es wird Transparenz geschaffen über Planungssicherheit und die Voraussetzung, Planabweichungen zu reduzieren. Risikoinformationen tragen zudem dazu bei, ein wertorientiertes Controlling umzusetzen, mit dem u. a. risikogerechte Kapitalkostensätze berechnet werden können – und ein unbefriedigender Rückgriff auf historische Kursbewegungen ("ß-Faktor") unnötig wird.[1] Damit ist auch eine Erweiterung des Anforderungsprofils an künftige Controllergenerationen verbunden, die sich deutlich stärker als bisher mit den Fachgebieten Wahrscheinlichkeitsrechnung, Statistik und Mathematik auseinandersetzen müssen. Dies könnte auch zu einer Verschiebung im Ausbildungsprofil für Controller führen.

Eine weitere Änderung wird sich bei den Empfängern von Controllingservices einstellen, wenn diese Empfänger künftig nicht mehr nur eindimensionale Planzahlen erhalten, sondern mit Bandbreiten, mit Erwartungswerten und Streuungsmaße operieren müssen. Diese Anforderungen werden zu Bewusstseins- und Verhaltensänderungen bei allen Empfängern von Controllingservices und Planzahlen bis hinauf in die Geschäftsführungs- und Vorstandsebene führen. Soweit der Aufsichtsrat solche Berichte auf direktem oder indirektem Wege (z. B. über den Prüfungsausschuss) erhalten sollte, werden die Auswirkungen dann auch dort feststellbar sein.

Risikomanagement und Controllingverfahren sind notwendig, um wesentliche unternehmerische Entscheidungen (z. B. bezüglich Investitionen oder Akquisitionen) vorzubereiten. Ohne eine quantitative Risikoanalyse, Risikoaggregation und die Beurteilung von Planungssicherheit ist eine fundierte Entscheidungsvorbereitung, wie sie auch entsprechend den Anforderungen aus §93 Aktiengesetz (Business Judgement Rule) zu empfehlen ist, nicht möglich. Dabei sind insbesondere die zum Vergleich mit den "traditionellen" Controllingfunktionen noch relativ schwach entwickelten Fähigkeiten im Bereich Risikoanalyse und Risikosimulation besonders zu verstärken. Möglich ist hier ein Ausbau des Fähigkeitsprofils und der Kompetenzen im Controlling selbst, so dass diese die Aufgaben eines "Risikocontrollings" mit übernimmt.[2] Alternativ kann man eine mit ausreichenden Ressourcen und Kompetenzen ausgestattete Risikomanagement-Abteilung aufbauen. Auch in diesem Fall ist ein enges Zusammenspiel zwischen Controlling und Risikomanagement notwendig. Die enge Zusammenarbeit hilft vielfältige Synergien zu realisieren und die Qualität der Entscheidungsvorlagen, die Vorstände und Geschäftsführer halten, zu verbessern. Ein Controlling ohne adäquaten Zugriff auf Methoden der quantitativen Risikoanalyse und Risikoaggregation ist unzureichend.

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