Das Beispiel zeigt darüber hinaus, dass sich Accounting und Controlling auf einen Wertansatz für das Fertigerzeugnis einigen müssten, welcher in identischer Höhe der Bestandsveränderungs- und Cost of Goods Sold (COGS)-buchung zugrunde liegt. Während das beschriebene einheitliche Finanzdatenmodell eindeutig signifikante Vorteile bietet und daher zurecht als treibende Kraft der Integration angesehen werden kann, müssen Fragestellungen hinsichtlich Wertansatz- und Wertausweis dennoch sachverhaltsbezogen analysiert und gegebenenfalls empfängerspezifisch ausgestaltet werden.

Da das externe Rechnungswesen im Zuge der Anpassung an internationale Rechnungslegungsvorschriften und damit der Orientierung am Shareholder Value mehr Bedeutung als Kommunikationsinstrument für den externen Kapitalmarkt gewinnt, sollte eine vollständige Identität von (Top-) Ergebnisgrößen auf Konzernebene für Managementeinheiten nach extern und intern angestrebt werden.[1] Divergierende Ansätze zwischen externer und interner Sicht sollten ohnehin niemals zu logischen Brüchen und damit Ergebnisdifferenzen führen, sondern höchstens zu Überleitungseffekten in den Berichtsstrukturen.[2]

In diesem Zusammenhang sei die Anwendung von IFRS 15 "Erlöse aus Verträgen mit Kunden" erwähnt, wodurch Unternehmen vor weitreichende neue Anforderungen bei der Realisierung von Umsatzerlösen gestellt werden. In einem 5-stufigen Modell wird u. a. der Realisierungszeitpunkt des Umsatzes bei Erfüllung der jeweiligen Leistungsverpflichtung definiert.[3] Die Höhe und der Zeitpunkt des Umsatzausweises und der korrespondierenden Umsatzkosten können sich somit gegenüber dem Status Quo erheblich ändern. In Abhängigkeit des Geschäftsmodells und der Branche kann dies signifikante Implikationen auf die operative Unternehmenssteuerung zur Folge haben.

Insbesondere in leasingintensiven Branchen kann die Einführung des IFRS 16 "Leasingverhältnisse" weitreichende Folgen für das operative Controlling haben.[4] Seit dem Geschäftsjahr 2019 sind die nach IFRS bilanzierenden Unternehmen verpflichtet, (fast) alle bisher als "operatives Leasing" außerhalb der Bilanz erfassten Verträge künftig bilanziell auszuweisen.[5] Neben der Erhöhung der Verschuldungsquote hat die Neuregelung direkte Auswirkungen auf operative Steuerungsgrößen wie EBIT und EBITDA, da der Betriebsaufwand im Umfang des bisherigen operativen Leasingaufwands reduziert und der Abschreibungs- und Zinsaufwand gleichzeitig erhöht werden.

Im Rahmen der Einführung von IFRS 9 "Finanzinstrumente" im Jahre 2018 traten neue Vorgaben zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen (General Hedge Accounting) in Kraft. Diese bieten den Unternehmen die Möglichkeit ökonomische Sicherungsbeziehungen besser abzubilden.[6] In Folge dessen entstehen Änderungen in der Struktur und Zusammensetzung einzelner GuV Posten. In Abhängigkeit des Umfangs des Einsatzes von Sicherungsbeziehungen, kann dies umfangreiche Auswirkungen auf die Struktur der Ergebnisrechnung und eine (entscheidungsorientierte) Unternehmenssteuerung haben.

[1] Vgl. Trapp, 2016, S. 710.
[2] Vgl. Trapp, 2016, S. 711 f.
[3] Vgl. IFRS 15.10 – 15.38.
[4] Vgl. Brünning/Noffke, 2019, S. 3 f.
[5] Vgl. Brünning/Noffke, 2019, S. 3 ff.
[6] Vgl. Löw, 2017, S. 55.

3.4.1 Kompromisse bei der Bewertung des Vorratsvermögens

Neben den Auswirkungen von neuen oder geänderten Rechnungslegungsvorschriften sind im Hinblick auf ein konzeptionell geschlossenes Einkreissystem auch bestehende, unternehmensinterne Richtlinien zu hinterfragen. Für Unternehmen der verarbeitenden Industrie betrifft dies oftmals die historisch heterogene Definition von Anschaffungs- und Produktkosten (Herstell- und Herstellungskosten) entlang der Wertschöpfungskette im Konzern.

Abb. 2: Interne und externe Anforderungen an die Wertschöpfung im Konzern

3.4.2 Anschaffungskosten

Zu Beginn der Wertschöpfung steht der Bezug von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen. Der Bezugspreis eines Rohmaterials wird durch die Einkaufsorganisation eines Unternehmens in Preisverhandlungen mit dem Lieferanten festgelegt.

Werden in der Jahresplanung Einkaufsziele definiert, sollten diese unterjährig realisiert und nachgewiesen werden können. Im transaktionalen Datenmodell kann dies gelöst werden, indem der Zielpreis eines Rohmaterials zur Bestandsbewertung von Wareneingängen herangezogen wird. Weicht nun der tatsächliche Rechnungsbetrag vom Zielpreis ab, kann diese Differenz systemtechnisch verbucht und ausgewertet werden. Ein großer Vorteil besteht darin, dass der Ausweis der Preisdifferenz zum Zeitpunkt des Rechnungseingangs automatisiert zur Verfügung steht und nach Währungskurseffekten sowie steuerungsrelevanten Preisabweichungen differenziert werden kann.[1]

Demgegenüber steht die handels- und steuerrechtliche Definition der Anschaffungskosten,[2] welche verpflichtend den tatsächlichen Anschaffungspreis der Bestandsbewertung zugrunde legt. Wird das System so konfiguriert, dass die tatsächlichen Anschaffungskosten bei Waren- und Rechnungseingängen den Bestandswert widerspiegeln, ist eine detaillierte Einkaufssteuerung nur auf Basis von Sond...

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