Rz. 72

Im Laufe des Verfahrens können zahllose Umstände eintreten, die eine Weiterführung des Verfahrens sinnlos werden lassen. Es kommt dann zur Einstellung des Verfahrens. Unter der Einstellung versteht das Gesetz die vorzeitige Beendigung des Verfahrens.

Die InsO nennt vier Einstellungsgründe:

 

Rz. 73

  • Einstellung wegen mangelnder Deckung der Verfahrenskosten[1]

    Nach § 207 Abs. 1 Satz 1 InsO stellt das Insolvenzgericht das Verfahren ein, wenn sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens herausstellt, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken.[2] Anders als bei einer Einstellung nach §§ 208 ff. InsO ist hier jedoch die Frage ungeregelt geblieben, wie sich die fehlende Deckung der Verfahrenskosten herausstellt. Die Einstellung des Verfahrens erfolgt zwar von Amts wegen. Das Insolvenzgericht hat dennoch nicht die Aufgabe, von Amts wegen den Stand der Kostendeckung zu kontrollieren. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es primär Sache des Insolvenzverwalters ist, die Kostendeckung kontinuierlich zu beobachten und beim Auftreten von Zweifeln eine genaue Überprüfung vorzunehmen.[3]

    Die Befugnis, Einsicht in die Geschäftsunterlagen des Schuldnerunternehmens zu nehmen, wird durch gesellschaftsrechtliche Regelungen bestimmt, § 273 Abs. 3 AktG. Auch nach Abweisung des Antrags auf Insolvenzeröffnung mangels Masse besteht für einen Gläubiger der Insolvenzschuldnerin das rechtliche Interesse i. S. v. § 4 InsO, § 299 Abs. 2 ZPO an der Einsicht in die Insolvenzakten fort. Dieses rechtliche Interesse entfällt nicht dadurch, dass der Gläubiger die Akteneinsicht begehrt, um festzustellen, ob ihm Durchgriffs- und Schadensersatzansprüche gegen Dritte, insbesondere Geschäftsführer oder Gesellschafter der Schuldnerin, zustehen.[4]

 

Rz. 74

  • Einstellung wegen mangelnder Deckung der Masseverbindlichkeiten[5]

    § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO behandelt den Fall, dass trotz bestehender Verfahrenskostendeckung die Insolvenzmasse nicht ausreicht, die fälligen sonstigen Masseverbindlichkeiten zu begleichen. Gleichgestellt ist nach § 208 Abs. 1 Satz 2 InsO die sog. drohende Masseunzulänglichkeit, die vorliegt, wenn die Masse voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die bestehenden sonstigen Masseverbindlichkeiten im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu erfüllen. Als sonstige Masseverbindlichkeiten sind nach § 55 InsO sowohl die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, als auch die Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen und aus ungerechtfertigter Bereicherung der Masse anzusehen. Des Weiteren zählen hierzu die Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, sowie Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis.[6]

 

Rz. 75

  Die seit jeher umstrittene Frage, ob eine gerichtliche Feststellung der Voraussetzungen der Masseinsuffizienz erforderlich ist oder ob es ausreicht, dass der Verwalter diese dem Gericht anzeigt und diese Anzeige öffentlich bekanntgemacht wird, ist in § 208 Abs. 2 InsO dahingehend gelöst worden, dass allein die Anzeige des Verwalters ausreicht, um das Verfahren einzuleiten.[7] Eine Prüfungskompetenz des Insolvenzgerichts wie im Falle des § 207 InsO besteht somit nicht. Der Insolvenzverwalter muss also lediglich im Rahmen der Feststellung der Masseinsuffizienz intern den Massebestand auflisten und diesen den offenen Masseverbindlichkeiten gegenüberstellen. Um eine drohende Masseunzulänglichkeit festzustellen, hat er eine vorausschauende Betrachtung vorzunehmen, bei der er auch die voraussichtlich noch entstehenden Masseverbindlichkeiten einbezieht und unter Berücksichtigung seiner voraussichtlich noch zu erzielenden Einnahmen die Frage der Deckung der Masseverbindlichkeiten prüft.[8] Diese Abschätzung der voraussichtlichen sonstigen Masseverbindlichkeiten erscheint noch problematischer als die Ermittlung der zu erwartenden Verfahrenskosten im Rahmen der Entscheidung über die Abweisung des Eröffnungsantrages.[9]
 

Rz. 76

  Die fehlende Überprüfungsmöglichkeit der Anzeige des Verwalters durch das Insolvenzgericht darf jedoch nicht in dem Sinne verstanden werden, dass der Verwalter damit von den Pflichten zur Rechnungslegung gänzlich befreit ist und die Anzeige der Masseinsuffizienz ihn davon entbindet, über seine bisherigen Aktivitäten Rechenschaft abzulegen. Vielmehr bestimmt § 211 Abs. 2 InsO, dass der Verwalter für seine Tätigkeit nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit gesondert Rechnung zu legen hat. Aus der Pflicht zur gesonderten Rechnungslegung für die Abwicklung nach der Zäsur, die § 211 Abs. 2 InsO für das Verfahren schafft, folgt im Umkehrschluss, dass auch für das Verfahren bis zur Anzeige der Masseunzulänglichkeit eine Rechnungslegung erforderlich ist. Die Rechnung über den Zeitraum bis zur Anzeige der Masseunzulänglichkeit sollte in engem zeitlichen Zusammenhang zu dieser vorgelegt werden, damit den Gläubigern eine ...

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