Rz. 42

Als Beiwerk zu den soeben dargestellten Rechenwerken der Verfahrenseröffnung hat der Insolvenzverwalter gem. § 156 Abs. 1 InsO im ersten Berichtstermin einen mündlichen Bericht vor der Gläubigerversammlung abzugeben (sog. Verwalterbericht). Darin hat er nach § 156 Abs. 1 Satz 1 InsO über die wirtschaftliche Lage des Schuldners und ihre Ursachen zu berichten. Er hat nach § 156 Abs. 1 Satz 2 InsO auch darzulegen, ob Aussichten bestehen, das Unternehmen des Schuldners im Ganzen oder in Teilen zu erhalten und welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan bestehen. In diesem Rahmen hat er jeweils zu erörtern, welche Auswirkungen für die Befriedigung der Gläubiger eintreten würden.

 

Rz. 43

Der Bericht hat nicht zwingend schriftlich zu erfolgen, ist aber durchaus praxisüblich und zu empfehlen.

 

Rz. 44

Die Informationen des Verwalterberichts gehen weiter als die vorzulegenden Verzeichnisse, da sich der Insolvenzverwalter nicht nur auf eine Darstellung des Ist-Zustandes beschränken darf, sondern darüber hinaus Krisenanlass und -ursache aus der Vergangenheit zu analysieren und Lösungswege für die Zukunft zu entwickeln hat. In diesem Zusammenhang hat er zugleich über die von ihm bereits veranlassten Maßnahmen zu berichten.[1] Seinen Bericht hat der Insolvenzverwalter mit einer Verfahrensartempfehlung abzuschließen. Dazu wird er den von ihm ermittelten Liquidationswert bei unverzüglicher und gestreckter Zerschlagung mit dem festgestellten Übertragungswert bei übertragender Sanierung und dem geschätzten Reorganisationswert bei schuldnerischer Unternehmensfortführung vergleichen. Die Verwertungsalternative mit dem höchsten der genannten Kapitalwerte wird er dann im Hinblick auf das Ziel der maximalen Gläubigerbefriedigung als optimale Verwertungsart vorschlagen. Bei der Darstellung der verschiedenen Möglichkeiten der Verfahrensgestaltung hat sich der Insolvenzverwalter auch dazu zu äußern, ob und wie sich die unterschiedlichen Verfahrensalternativen auf die Befriedigung der Gläubiger auswirken werden.[2]

 

Rz. 45

Muster eines Verwalterberichts:[3]

 
  1. Zur wirtschaftlichen Lage des Schuldners

    1. Persönliche Verhältnisse

      1. Natürliche Personen

        (Alter, Ausbildung, Familienstand, beruflicher Werdegang, Güterstand, Lebensstandard)

      2. Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit

        (Gesellschafterverhältnis, Eintragung ins Handelsregister)

      3. Juristische Personen

        (Gesellschafts- und Gesellschafterverhältnisse, Eintragung im Handelsregister, Erbringung von Stammeinlagen)

    2. Wirtschaftliche Verhältnisse im Allgemeinen

      Beschreibung der Betriebsstätte bzw. der Geschäftsräume

      (Eigentum, Miete, Lage, Möglichkeit einer anderweitigen Nutzung)

    3. Unternehmensstruktur

      (Alter des Unternehmens, Marktbedeutung, Produkte, Wettbewerbsfähigkeit)

    4. Verhältnis zu Banken

      (Dauer der Geschäftsverbindung, Art der Zusammenarbeit)

    5. Rechnungswesen

      (Ordnung des Rechnungswesens, Buchungsrückstände)

    6. Beratungsverhältnisse

      (Rechtsanwälte, Steuerberater usw.)

    7. Beachtung steuerlicher Pflichten

      (letzte Steuererklärungen, Steuerrückstände, Vollstreckungsmaßnahmen durch das Finanzamt)

    8. Anhängige Gerichtsverfahren

      (Angabe des Gerichtes, Verfahrensstand, Prozessaussichten)

    9. Schwebende bzw. noch nicht erfüllte Verträge
  2. Vermögenswerte und Verbindlichkeiten

    1. Grundstücke, Gebäude

      (Grundbuchauszüge, Wertgutachten, Belastungen, mögliche Bodenkontamination, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen)

    2. Betriebs- und Geschäftsausstattung

      (Alter, Zustand, Eigentum, Leasing, Aus- und Absonderungsrechte, Bewertung)

    3. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

      (Struktur der Außenstände, Realisierungsmöglichkeiten, Bewertung)

    4. Kasse, Bankguthaben
    5. Arbeitsverhältnisse

      (Zahl der Mitarbeiter, Struktur der Mitarbeiter, Betriebsrat, Kündigungsfristen, anhängige Arbeitsgerichtsverfahren, monatliche Lohnkosten, Personalreduzierung)

    6. Verbindlichkeiten

      1. gegenüber Banken
      2. aus Lieferungen und Leistungen
      3. aus Mieten, Pachten oder Leasing
      4. gegenüber dem Finanzamt und sonstigen Behörden
      5. gegenüber Arbeitnehmern
  3. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern
  4. Ursachen und Eintritt der Insolvenz
  5. Erhalt des Schuldnerunternehmens im Ganzen oder in Teilen
  6. Möglichkeiten für einen Insolvenzplan

    1. Auswirkungen auf die Befriedigung der Gläubiger
    2. Ansprüche wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht
    3. Anfechtbare Rechtshandlungen
    4. Möglichkeiten eines Neuerwerbs
  7. Vom vorläufigen Verwalter eingeleitete Maßnahmen

    (Betriebsstilllegung oder -fortführung, Personalreduzierung, Verhandlungen mit Interessenten, Verwertung von Vermögensgegenständen etc.)

  8. Entscheidungen der Gläubigerversammlung (§§ 157, 159, 160 InsO)
  9. Anregungen an das Insolvenzgericht

    (Postsperre, Ladung des Schuldners zur eidesstattlichen Versicherung, Androhung von Haft, Wahl eines Gläubigerausschusses etc.)

  10. Weiterer Verlauf des Verfahrens
[1] Hess/Weis, NZI 1999, S. 485.
[2] Möhlmann, Die Berichterstattung im neuen Insolvenzverfahren, 1999, S. 183; IDW, RH HFA 1.011 "Insolvenzspezifische Rechnungslegung im Insolvenzverfahren", Rz. 28 ff.
[3] Hess/Weis, NZI 1999, S. 485; siehe ähnlich IDW, RH HFA 1.011 "Insolvenzspezifische Rech...

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