Rz. 36

Nach § 153 Abs. 1 Satz 1 InsO hat der Insolvenzverwalter auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine geordnete Übersicht aufzustellen, in der die Gegenstände der Insolvenzmasse und die Verbindlichkeiten des Schuldners aufgeführt und einander gegenübergestellt werden. Hinsichtlich der Frist zur Anfertigung der Vermögensübersicht kann auf die entsprechenden Ausführungen im Rahmen des Masse- und des Gläubigerverzeichnisses verwiesen werden.[1]

 

Rz. 37

Die Aufgabe der Vermögensübersicht ist vor allem, über das vorhandene Vermögen und die zu erwartenden Verwertungserlöse zu informieren. Sie ist auf der einen Seite Planungsinstrument und Prognoserechnung für die Verfahrensbeteiligten. Auf dieser Basis wird insbesondere die zu erwartende Gläubigerbefriedigung (Quote) errechnet. Auf der anderen Seite ist die Vermögensübersicht gleichzeitig (Selbst-)Kontrollinstrument für den Insolvenzverwalter, das Insolvenzgericht und die Gläubiger. Im Rahmen der Schlussrechnungslegung ist das jeweilige Verwertungsergebnis den einzelnen Vermögenspositionen gegenüberzustellen. Darüber hinaus wird dadurch dem Gericht die Vergleichsrechnung nach § 11 Abs. 2 InsVV n. F. ermöglicht.[2]

 

Rz. 38

Die Vermögensübersicht entsteht unter Zusammenführung des Masseverzeichnisses[3] und des Gläubigerverzeichnisses[4]. Auf der Aktivseite müssen demnach die in dem Masseverzeichnis aufgeführten Gegenstände der Insolvenzmasse und auf der Passivseite die in dem Gläubigerverzeichnis aufgeführten Forderungen angesetzt werden. Im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen Verzeichnissen geht es hier jedoch nicht mehr um die Auflistung aller einzelnen Gegenstände. Vielmehr ergibt sich aus "Gegenüberstellung" und "geordneter Darstellung" die Notwendigkeit der Zusammenfassung einzelner Vermögensgruppen.[5] Detailinformationen können weiterhin dem Masse- und dem Gläubigerverzeichnis entnommen werden.

 

Rz. 39

Hinsichtlich der Gliederung der Vermögensübersicht lassen sich dem Gesetzestext und den entsprechenden Materialien nur ansatzweise Vorgaben entnehmen. Folgt man den Materialien zu § 153 InsO, so sollen in der Vermögensübersicht die Gegenstände der Insolvenzmasse und die Verbindlichkeiten des Schuldners ähnlich wie in einer Bilanz[6] zusammengefasst und gegenübergestellt werden.[7] Hiermit wird also ein grundsätzliches Darstellungsschema vorgegeben. Des Weiteren sieht § 153 Abs. 1 Satz 2 InsO vor, dass die Gliederung der Verbindlichkeiten (Passiva) entsprechend der Klassifizierung im Gläubigerverzeichnis nach § 152 Abs. 2 Satz 1 InsO zu erfolgen hat. Da die Vermögensübersicht eine Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden sein soll, sollte dann die Gliederung der Vermögensgegenstände (Aktiva) entsprechend zum Aufbau der Passiva erfolgen.[8]

 

Rz. 40

Da gem. § 153 Abs. 1 Satz 2 InsO hinsichtlich der Bewertung der Gegenstände die Vorschrift des § 151 Abs. 2 InsO gilt, sind bei möglicher Unternehmensfortführung auch hier die Massegegenstände auf der Aktivaseite mit ihren alternativen Wertansätzen (Liquidationswert und Fortführungswert) aufzuführen. Hiernach sind auch in der Vermögensübersicht Fortführungswerte und Liquidationswerte nebeneinander anzugeben, wenn der Wert davon abhängt, ob das Unternehmen fortgeführt oder stillgelegt werden soll. Allerdings sind neue Erkenntnisse gegenüber der Bewertung im Masseverzeichnis zu berücksichtigen (Wertaufhellung). Bei der Bewertung der Schuldposten ist von rechtlichen Tatbeständen auszugehen (rechtliche Entstehung, Schätzung, Durchsetzbarkeit). Sonstige Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 InsO sind nach vernünf­tiger kaufmännischer Beurteilung zu schätzen. Welche Verpflichtungen auftreten und in welcher Höhe sie die Masse belasten, hängt vom Verlauf des Verfahrens ab. Die Bewertung der sonstigen Masseverbindlichkeiten bereitet daher besondere Probleme, da der Verlauf des Verfahrens im Regelfall nur schwer voraussehbar ist.[9]

 

Rz. 41

Das Muster einer Vermögensübersicht findet sich in IDW, RH HFA 1.011 "Insolvenzspezifische Rechnungslegung im Insolvenzverfahren", Anlage A.

Nach der Aufstellung der Vermögensübersicht kann das Insolvenzgericht nach § 153 Abs. 2 InsO auf Antrag des Verwalters oder eines Gläubigers dem Schuldner aufgeben, die Vollständigkeit der Vermögensübersicht eidesstattlich zu versichern.

[1] Siehe Rz. 21.
[2] IDW, RH HFA 1.011 "Insolvenzspezifische Rechnungslegung im Insolvenzverfahren", Rz. 13.
[5] Uhlenbruck, Das neue Insolvenzrecht, Begründung zu § 172 RegE, S. 510; BT-Drucks. 12/2443, Begründung zu § 172 RegE § 153 InsO.
[6] Vgl. § 266 HGB.
[7] Uhlenbruck, Das neue Insolvenzrecht, Begründung zu § 172 RegE, S. 510; BT-Drucks. 12/2443, Begründung zu § 172 RegE § 153 InsO.
[8] Möhlmann, DStR 1999, S. 169.
[9] IDW, RH HFA 1.011 "Insolvenzspezifische Rechnungslegung im Insolvenzverfahren", Rz. 24 ff.; Pink, in Hofbauer/Kirsch, Rechnungslegung, Fach 5 "Rechnungslegungspflichten des Insolvenzverwalters nach der Insolvenzordnung", Rz. 100 f., Stand: April 2012.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge