Rz. 30

Gemäß § 152 Abs. 1 InsO hat der Insolvenzverwalter ein Verzeichnis aller Gläubiger des Schuldners aufzustellen, die ihm aus den Büchern und Geschäftspapieren des Schuldners, durch sonstige Angaben des Schuldners, durch die Anmeldung ihrer Forderungen oder auf andere Weise bekannt geworden sind. Hinsichtlich der Frist zur Anfertigung des Gläubigerverzeichnisses kann auf die entsprechenden Ausführungen im Rahmen des Masseverzeichnisses verwiesen werden, § 154 InsO.[1]

 

Rz. 31

Sinn und Zweck des Gläubigerverzeichnisses ist es, einen ersten, möglichst umfassenden Überblick über Art und Umfang der bestehenden Verbindlichkeiten des Schuldners zu erlangen.[2] Im Laufe des Verfahrens wird dieses Verzeichnis dann von der Forderungstabelle abgelöst.[3] Zudem bildet das Gläubigerverzeichnis die zweite Säule, auf der die abschließende Vermögensübersicht ruht.[4] Das Gläubigerverzeichnis ist nicht mit der Tabelle der angemeldeten und eingetragenen Forderungen[5] oder dem Verzeichnis der bei der Verteilung zu berücksichtigenden Forderungen[6] zu verwechseln, sondern repräsentiert lediglich die Passivseite des Inventars.[7] Es stellt damit das Pendant zum Masseverzeichnis dar.

 

Rz. 32

In das Gläubigerverzeichnis hat der Insolvenzverwalter gem. § 152 Abs. 1 InsO sämtliche Gläubigerforderungen aufzunehmen. Sie ergeben sich aus der Buchhaltung des Schuldners durch die Einsichtnahme in die Kreditoren-Saldenliste, durch Forderungsanmeldungen der Gläubiger oder werden in sonstiger Weise (z. B. durch gerichtliche Verfahren, Korrespondenz etc.) bekannt, § 142 Abs. 1 InsO i. V. m. §§ 97 ff. InsO.[8] Aufzunehmen sind aber nur Forderungen, die im Rahmen des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden können, d. h. nicht solche, die nach § 888 ZPO nur gegen den Schuldner persönlich vollstreckbar sind.[9]

 

Rz. 33

Abweichend von den anderen insolvenzrechtlichen Rechenwerken geben § 152 Abs. 2 und Abs. 3 InsO ein Gliederungsschema für das Gläubigerverzeichnis vor. Nach § 152 Abs. 2 Satz 1 InsO hat der Insolvenzverwalter die absonderungsberechtigten Gläubiger[10] sowie die einzelnen Rangklassen der nachrangigen Insolvenzgläubiger[11] gesondert von den übrigen Insolvenzgläubigern aufzuführen. Die aussonderungsberechtigten Gläubiger dagegen können nach Ansicht des Gesetzgebers grundsätzlich bei der Aufstellung des Gläubigerverzeichnisses außer Betracht bleiben.[12] Hat man aussonderungspflichtige Gegenstände jedoch im Masseverzeichnis ausgewiesen, so sollten die entsprechenden Forderungen dennoch in das Gläubigerverzeichnis aufgenommen werden, um die Synchronität der beiden Verzeichnisse (Masseverzeichnis: Aktiva, Gläubigerverzeichnis: Passiva) zu wahren.[13]

 

Rz. 34

Neben der Differenzierung nach Gläubigergruppen schreibt die InsO noch weitere Angaben vor. Nach § 152 Abs. 2 Satz 2 InsO sind bei jedem Gläubiger die Anschrift sowie der Grund und der Betrag seiner Forderung anzugeben. Die Gläubigerforderungen sind dabei mit dem vom Gläubiger geltend gemachten Betrag zu bewerten, der in der Regel dem voraussichtlichen Rückzahlungsbetrag bzw. Erfüllungsbetrag der Verbindlichkeiten entspricht.[14] Auch zweifelhafte und umstrittene Forderungen sind zum vollen Forderungsbetrag aufzunehmen und mit einem entsprechenden Vermerk zu kennzeichnen.[15] Bei den absonderungsberechtigten Gläubigern sind nach § 152 Abs. 2 Satz 3 InsO zusätzlich der Gegenstand, an dem das Absonderungsrecht besteht, und die Höhe des mutmaßlichen Ausfalls[16] zu bezeichnen. Insoweit korrespondiert das Gläubigerverzeichnis mit dem Verzeichnis der Massegegenstände, das den Gegenstand mit seinem vollen Wert auszuweisen hat. Der mutmaßliche Ausfall ergibt sich als Saldo aus dem Wert der Verbindlichkeit abzüglich des Wertes des Gegenstandes. Wie bereits im Verzeichnis der Massegegenstände ist auch im Gläubigerverzeichnis zur Berechnung des Ausfalles zwischen Liquidations- und Fortführungswert zu unterscheiden.[17][18] Zur Aussagekraft des Verzeichnisses gehört es nach § 152 Abs. 3 Satz 1 InsO auch, dass Aufrechnungsmöglichkeiten zu vermerken sind, da eine bestehende Aufrechnungslage ebenso wie ein Absonderungsrecht zu einer vollen Befriedigung des Gläubigers führen kann.[19] Die Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 152 Abs. 3 Satz 2 InsO sind nur im Falle einer zügigen Verwertung in Schätzbeträgen anzugeben, da bei einer Unternehmensfortführung die auflaufenden Masseverbindlichkeiten kaum geschätzt werden können.[20]

 

Rz. 35

Das Muster eines Gläubigerverzeichnisses findet sich in IDW, RH HFA 1.010 "Bestandsaufnahme im Insolvenzverfahren", Anlage B. Folgende beispielhafte – am Gesetzestext orientierte Aufzählung ist dieser Anlage zu entnehmen:

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