Rz. 19

Gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 InsO hat der Insolvenzverwalter ein Verzeichnis der einzelnen Gegenstände der Insolvenzmasse aufzustellen. Es dient dazu, die Masse festzustellen, eine Kontrolle des Verwalters zu ermöglichen und eine Vorstufe der weiteren Berichterstattung zu bilden.[1]

Die Bestandsaufnahme durch den Insolvenzverwalter dient der Sichtung der Insolvenzmasse, ihrer systematischen Darstellung und Bewertung sowie der Information und Rechenschaftslegung gegenüber den Insolvenzgläubigern, dem Schuldner und dem Insolvenzgericht. Sie dient damit gleichzeitig der Sicherung der Insolvenzmasse, indem sie es Gläubigern und Gericht ermöglicht, den Verbleib der Massegegenstände und deren Verwertung zu überprüfen.[2]

 

Rz. 20

Der Insolvenzverwalter kann sich vom Gericht nach § 151 Abs. 3 Satz 1 InsO von der Pflicht zur Erstellung eines Verzeichnisses entbinden lassen. Ist allerdings ein Gläubigerausschuss eingesetzt worden, so bedarf dies nach § 151 Abs. 3 Satz 2 InsO seiner Zustimmung.

 

Rz. 21

§ 154 InsO bestimmt, dass das Masseverzeichnis spätestens eine Woche vor dem Berichtstermin in der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen ist. Da der Berichtstermin nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO spätestens drei Monate nach dem Tag des Eröffnungsbeschlusses stattfinden muss, kann zumindest eine Aussage über den spätest möglichen Zeitpunkt der Erstellung gemacht werden.

 

Rz. 22

Erster Schritt zur Erstellung des Verzeichnisses der Massegegenstände ist die Vornahme einer Inventur[3] durch den Insolvenzverwalter oder von ihm hinzugezogene Hilfspersonen. Dabei sind zunächst die Vermögensgegenstände unter Übernahme der Buchwerte, ggf. Einkaufspreise, vollständig zu erfassen und aufzuführen. Jede im Insolvenzverfahren durchzuführende Bestandsaufnahme hat den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Inventur zu entsprechen. Bei der Planung, Vorbereitung, Durchführung, Überwachung und Auswertung einer Inventur sind insbesondere die folgenden Grundsätze maßgeblich: Klarheit, Nachprüfbarkeit und Dokumentation der Bestandsaufnahme; Vollständigkeit der Bestandsaufnahmen; Wahrheit, Richtigkeit und Willkürfreiheit der Bestandsaufnahme; Einzelerfassung der Bestände.[4] Vom Grundsatz der Einzelerfassung darf nur bei der Auflistung gleichartiger und annähernd gleichwertiger Massegegenstände abgewichen werden. In solchen Fällen kommt die Gruppenbewertung gemäß § 240 Abs. 4 HGB in Betracht. Aber auch gegen die Anwendung von zulässigen Inventurvereinfachungsverfahren gemäß § 241 HGB bestehen keine Bedenken.[5]

 

Rz. 23

Der Umfang der aufzunehmenden Gegenstände ist durch den Begriff der Insolvenzmasse[6] bestimmt. Danach ist das gesamte Vermögen zu erfassen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört.

Die Insolvenzmasse umfasst gemäß den §§ 35, 36 Abs. 1 und 3, 37 InsO das gesamte dem Insolvenzverfahren unterliegende, pfändbare Vermögen des Schuldners, soweit es ihm zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört (oder er es während des Insolvenzverfahrens erlangt). Dabei ist nach Auffassung des IDW unbeachtlich, ob die Gegenstände mit Absonderungsrechten belastet sind, ob der Insolvenzverwalter sie nach § 148 InsO in Besitz und Verwaltung nehmen konnte, ob es sich um handels- und steuerrechtlich nicht bilanzierungsfähige Vermögensgegenstände oder ob es sich um erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete insolvenzspezifische Ansprüche handelt. Es ist daher neben den Grundstücken, beweglichen Sachen, Forderungen und sonstigen Vermögenswerten all das aufzuzeichnen, was der Insolvenzverwalter berechtigterweise verwerten kann. Soweit ein Einzelkaufmann insolvent wird, ist neben dem Betriebsvermögen auch das Privatvermögen des Einzelkaufmanns zu erfassen. Wird eine Personengesellschaft insolvent, sind auch die Ansprüche gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern zu erfassen.[7]

Gegenstände, an denen Aussonderungsrechte bestehen, fallen nach § 47 InsO hingegen nicht in die Insolvenzmasse. Da der Insolvenzverwalter sich jedoch zunächst eine Übersicht über die vorhandenen Gegenstände machen muss, sind zumindest diejenigen Gegenstände, bei denen das Bestehen eines Aussonderungsrechts rechtlich fraglich ist, zunächst in das Masseverzeichnis mit einem entsprechenden Vermerk mit aufzunehmen.[8]

 

Rz. 24

Der Verwalter hat die Vermögensgegenstände statt dessen nach Maßgabe des § 151 Abs. 2 InsO eigenständig zu bewerten. Nach § 151 Abs. 2 Satz 1 InsO ist bei jedem Gegenstand dessen Wert anzugeben (Prinzip der sog. Einzelbewertung bzw. Einzelaufzeichnung). § 151 Abs. 2 Satz 2 InsO schreibt vor, dass sowohl ein Fortführungswert (sog. Going-Concern-Prinzip) als auch ein Wert bei Stilllegung des Unternehmens (sog. Zerschlagungs- oder Liquidationswert) für den jeweiligen Gegenstand anzugeben ist, falls beide Werte sich unterscheiden (mehrdimensionale Bilanz).[9] Die gleichzeitige Angabe dieser beiden Werte ist Ausdruck der mit der Insolvenzrechtsreform bezweckten Ergebnisoffenheit des neuen Insolvenzverfahre...

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