Intern ermittelte Kennzahlen haben einen verhältnismäßig hohen Aussagewert. Daher sind Kennzahlen oder Kennzahlensysteme aus der heutigen unternehmerischen Entscheidungsfindung nicht mehr wegzudenken. Auch Zeitreihen sind in der Praxis sehr beliebt, um Entwicklungen anschaulich darzustellen. Aber: Die Betrachtung einer Kennzahl allein hilft nicht weiter. Nur die Beurteilung mehrerer Kennzahlen dient einer fundierten Entscheidungsfindung. Bei der Darstellung von Zeitreihen sollten mindestens 3 Jahre einbezogen werden.

Die Vielzahl der möglichen Kennzahlen ist hier nicht darstellbar.[1] Die nachfolgenden Kennziffern sollten bei einer Insolvenzgefahrenanalyse jedoch immer berücksichtigt werden.

[1] Vgl. weiterführend Vollmuth/Zwettler, Kennzahlen, 4. Aufl. 2019.

5.1.1 Verschuldungskoeffizient

 
Verschuldungskoeffizient = Fremdkapital ×  100
Eigenkapital

Mindestforderung ist ein Verhältnis 2:1.

Der Soll-Kennwert lautet 1:1 (= 100 %). D. h., das Eigenkapital sollte mindestens so groß sein wie das Fremdkapital. Mit einem durchschnittlichen Eigenkapitalanteil von ca. 30 % wird dieser Grundsatz in Deutschland in vielen Unternehmen nicht erreicht. Es besteht eine bedenkliche Eigenkapitallücke. In Zeiten guter wirtschaftlicher Lage ist dies nicht zwingend negativ zu beurteilen. Im Gegenteil, hier liegen dann durch die Auswirkungen des sogenannten Leverage-Effekts (Abhängigkeit der Rentabilität des Eigenkapitals vom Anteil der Fremdfinanzierung) unbestreitbare Vorteile. In wirtschaftlich schlechteren Zeiten dagegen kann sich dies auch umkehren (negativer Leverage-Effekt) und in letzter Konsequenz ist die kritische Phase schnell erreicht und sogar die Unternehmensexistenz bedroht.

5.1.2 Anlagendeckung II (Goldene Bilanzregel im weiteren Sinne)

 
Anlagendeckung II = Langfristiges Kapital ×  100
Anlagevermögen

Für eine solide Finanzierung des Anlagevermögens (sogenannte Fristenkongruenz) ist die Einhaltung der 1:1-Regel (= 100 %) Voraussetzung. Anders ausgedrückt: Anlagevermögen sollte nur durch langfristiges Kapital (Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital = Verbindlichkeiten mit Restlaufzeiten von mehr als 4 Jahren) finanziert werden.

5.1.3 Erwirtschafteter Anteil am Finanzbedarf

 
Erwirtschafteter Anteil am Finanzbedarf = Jahresüberschuss + Abschreibungen ×  100
Aktiva-Zugang + Tilgung + Entnahmen

Entnahmen bei Kapitalgesellschaften betreffen Ausschüttungen und eine Kapitalherabsetzung.

Liegt der Wert der Kennziffer unter der Marke von 20 %, so ist die Wirtschaftskraft des Unternehmens nicht ausreichend.

5.1.4 Eigenmittel zu Bruttoinvestitionen

 
Eigenmittel zu Bruttoinvestitionen = Cashflow  +  Aktiva-Abgang  -  Tilgung ×  100
Aktiva-Zugang

Soweit der Wert der Kennzahl unter 50 % sinkt, werden die betrieblichen Investitionen des Unternehmens mit zu wenig Eigenkapital durchgeführt. Die Finanzierung ist daher bedenklich.

5.1.5 Entnahmen zu Finanzmitteln

 
Entnahmen zu Finanzmitteln = Entnahmen ×  100
Finanzmittel-Zugang

Entnahmen bei Kapitalgesellschaften betreffen Ausschüttungen und eine Kapitalherabsetzung.

Beträgt der Wert der Kennzahl mehr als 50 %, so verringert sich das betriebliche Vermögen drastisch.

5.1.6 Vermögensänderungsquote

 
Vermögensänderungsquote = Aktiva-Zugang × 100
Aktiva-Abgang + Abschreibungen

Liegt der Wert der Kennziffer unter 100 %, verringert sich die Substanz des Unternehmens erheblich.

5.1.7 Investitionen zu Finanzmitteln

 
Investitionen zu Finanzmitteln = Aktiva-Zugang ×  100
Finanzmittel

Soweit der Wert der Kennzahl unter 20 % fällt, bedeutet dies, dass das Anlagevermögen aufgrund nicht ausreichender Investitionen veraltet.

5.1.8 Cashflow zu Fremdkapital

 
Cashflow zu Fremdkapital = Cashflow ×  100
Fremdkapital

Sinkt der Wert der Kennzahl unter 10 %, so ist die ausreichende Tilgung des Fremdkapitals gefährdet.

5.1.9 Working Capital

 
Working Capital = Umlaufvermögen – kurzfristige Verbindlichkeiten

Das Ergebnis sollte möglichst positiv sein. Ein positives Working Capital bedeutet, dass ein Teil des Umlaufvermögens mit langfristig zur Verfügung stehenden Kapital finanziert wird. Ein negatives Working Capital dagegen bedeutet, dass ein Teil des Anlagevermögens kurzfristig finanziert wird. Je länger dies der Fall ist, desto eher gerät das Unternehmen in Liquiditätsschwierigkeiten. Fazit: Je höher das Working Capital ist, desto gesicherter ist die Liquidität und damit auch die Flexibilität des Unternehmens.

Hierbei wird oft auch die Kennzahl "Working Capital Ratio" ermittelt.

 
Working Capital Ratio = kurzfristiges Umlaufvermögen ×  100
kurzfristige Verbindlichkeiten

Diese Kennzahl drückt die Abdeckung der kurzfristigen Verbindlichkeiten durch das kurzfristige Umlaufvermögen aus. Diese Kennzahl sollte nicht unter 100 % liegen.

5.1.10 Liquiditätskennziffern

Liquidität 1. Grades

 
Liquidität 1. Grades = Flüssige Mittel ×  100
Kurzfristige Verbindlichkeiten

Die Kennziffer sollte zwischen 5 % und 10 % liegen. Flüssige Mittel dienen insbesondere dazu, die kurzfristigen Verbindlichkeiten auszugleichen, vor allem wenn Skonto beansprucht werden kann.

Liquidität 2. Grades

 
Liquidität 2. Grades = Flüssige Mittel + kurzfristige Forderungen ×  100
Kurzfristige Verbindlichkeiten

Die Kennziffer sollte zwischen 100  und 120 % betragen.

Liquidität 3. Grades

 
Liquidität 3. Grades = Flüssige Mittel + kurzfristige Forderungen + Vorräte ×  100
Kurzfristige Verbindlichkeiten

Die Kennziffer ...

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