Die Bilanz ist von ihrer Aussagekraft her eine statische Größe, da sie im Nachhinein auf einen oft Monate zurückliegenden Stichtag aufgestellt wird. Bei der externen Bilanzanalyse ergeben sich dadurch für die Beurteilung von Zukunftsaussagen erhebliche Schwierigkeiten.

Auch für die interne Analyse eignet sich die Jahresbilanz nur bedingt. Häufig ist zu hören, dass gute Bilanzen meist noch besser und schlechte Bilanzen meist noch schlechter sind.

 
Praxis-Tipp

Zwischenbilanzen erstellen

Durch Zwischenbilanzen erhöht sich die Aussagekraft der Bilanz bei internen Untersuchungen.

Mögliche Insolvenzgefahren können auf der Aktivseite in den Positionen Anlagevermögen und Umlaufvermögen und auf der Passivseite im Eigenkapital und Fremdkapital erkennbar sein.

4.1.1 Betrachtung des Anlagevermögens

Je höher der Anteil des Anlagevermögens am Gesamtvermögen (= Bilanzsumme) ist, desto höher ist das Unternehmerrisiko und desto geringer ist die Unternehmensflexibilität.

Dieses Verhältnis sagt allein nichts über mögliche Insolvenzgefahren aus, da es Branchen gibt, die anlageintensiver sind als andere. Um zu einer aussagekräftigen Beurteilung zu kommen, ist dem Anlagevermögen das langfristig dem Unternehmen zur Verfügung stehende Kapital (= Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital) gegenüberzustellen. Dieses Verhältnis ist unter dem Begriff der "Fristenkongruenz" bekannt.

Fazit: Ist das Anlagevermögen durch langfristiges Kapital gedeckt, besteht nur eine geringe Insolvenzgefahr – zumindest in diesem Bereich.

 
Praxis-Tipp

Analyse des Anlagevermögens

Im Rahmen einer Analyse des Anlagevermögens kann dieses in betriebsnotwendiges und nicht betriebsnotwendiges Anlagevermögen aufgeteilt werden. Das betriebsnotwendige Anlagevermögen wird i. d. R. niedriger sein als das tatsächlich vorhandene Anlagevermögen. Denn in den Positionen des Anlagevermögens sind Werte enthalten, die für zukünftige Entwicklungen des Unternehmens vorgehalten werden (müssen).

4.1.2 Beispiel-Betrachtung einer liquiditätsgegliederten Bilanz

Abb. 3: Liquiditätsgegliederte Bilanz

Erläuterungen der Spalten

 
Spalte 1 – 3: Darstellung der Bilanzpositionen AV und UV, sowie EK und FK
Spalte 4: Zahlen in TEUR laufende Periode: Gesamt
Spalte 5: Zahlen in TEUR laufende Periode: 1. Ausgliederung: betriebsnotwendig bzw. nicht betriebsnotwendig
Spalte 6: Zahlen in TEUR laufende Periode: 2. Ausgliederung nach Fristigkeit
Spalte 7: in % der Bilanzsumme laufende Periode
Spalte 8: prozentualer Unterschied des Prozentanteils laufende Periode zu Vorperiode
Spalte 9: Liquiditätsauswirkung Plus (+)/Minus (-)/ Null (0)
Spalte 10: in % der Bilanzsumme Vorperiode
Spalte 11: Zahlen in TEUR Vorperiode
Spalte 12: Zahlen in TEUR laufende Periode: 1. Ausgliederung: betriebsnotwendig bzw. nicht betriebsnotwendig
Spalte 13: Zahlen in TEUR laufende Periode: 2. Ausgliederung nach Fristigkeit

Für die nach Liquiditätsgesichtspunkten zusammengefassten und aufbereiteten Bilanzpositionen werden die Werte der laufenden Periode und Vorperiode dargestellt.

Anschließend werden die prozentualen Anteile der Bilanzpositionen ermittelt.

In Spalte 8 stehen die prozentualen Unterschiede der ermittelten Prozentanteile an der Bilanzsumme (z. B. 78,0 % zu 79,2 % = -1,5 %). Die prozentuale Veränderung der Prozentanteile an der Bilanzsumme wird in der liquiditätsgegliederten Bilanz deshalb vorgenommen, weil sich die Bilanzsummen zweier Jahre i. d. R. betragsmäßig unterscheiden und damit die prozentualen Anteile der Bilanzpositionen. Für die Beurteilung der liquiditätsgegliederten Bilanz ist hier nicht der tatsächliche Betrag, sondern der prozentuale Anteil der Bilanzpositionen an der Bilanzsumme wichtig.

Spalte 9 hält die Liquiditätsauswirkungen fest. Plus (+) bedeutet Liquiditätsverbesserung, Minus (-) Liquiditätsverschlechterung, Null (0) keine Liquiditätsauswirkung.

Im Beispiel hat sich die Bilanz des Unternehmens hinsichtlich der Liquiditätsgesichtspunkte insgesamt positiv entwickelt: Das Anlagevermögen ist zwar nominell geringfügig gestiegen, der prozentuale Anteil an der Bilanzsumme hat sich jedoch vermindert.

Besonders positiv ist zu bewerten, dass das betriebsnotwendige Anlagevermögen reduziert wurde. Die kurzfristig liquidierbaren Anteile des nicht betriebsnotwendigen Anlagevermögens haben zugenommen und die mittel- und langfristig liquidierbaren, nicht betriebsnotwendigen Bestandteile des Anlagevermögens haben abgenommen.

Die Liquiditätsauswirkung im Anlagevermögen hat sich in allen Bereichen positiv entwickelt. Auch die Entwicklung des Umlaufvermögens unter Liquiditätsaspekten ist insgesamt positiv, da sich dessen Anteil an der Bilanzsumme erhöht hat. I. d. R. ist das Umlaufvermögen schneller liquidierbar. Der Anstieg der liquiden Mittel ist unter Liquiditätsgesichtspunkten positiv zu bewerten. Die Bilanzpositionen Vorräte und Forderungen haben sich zwar betragsmäßig, aber nicht prozentual verändert, sodass hier keine Liquiditätsänderung eingetreten ist. Das Sonstige Umlaufvermögen hat sich prozentual vermindert, was eine negative Liquiditätsveränderung bedeutet. Allerdings ist bei den Bilanzpositionen Vorräte, Forderun...

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