Das BMF hat mit seinem Schreiben vom 23.5.2016[1] dafür gesorgt, dass der Begriff "Innerbetriebliches Kontrollsystem" (IKS) mittlerweile großflächig in der Praxis angekommen ist. Nach den warnenden Aussagen, dass für eine Steuerhinterziehung bereits bedingter Vorsatz genügt, ist folgender Satz von besonderer Bedeutung[2]: "Hat der Steuerpflichtige ein innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet, das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient, kann dies ggf. ein Indiz darstellen, dass gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann, jedoch befreit dies nicht von einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls."

Dieser protektive Hinweis lässt natürlich den Schluss zu, dass Unternehmen, die ein IKS implementieren, künftig die "Besseren" sein werden und sich die Betriebsprüfung bzw. Steuerfahndung ungleich schwerer tun wird, trotz eines grundsätzlich funktionierenden IKS ein (bedingt) vorsätzliches Verhalten zu unterstellen. In diese Richtung gehen auch die Auskünfte von Vertretern der Finanzverwaltung, wonach der AEAO eine Filterfunktion für die Weiterleitung an die Buß- und Strafsachenstelle übernehmen und das Konfliktpotenzial in einer Betriebsprüfung reduzieren soll.[3]

Die Vorteile für Unternehmen und deren gesetzliche Vertreter durch die Einführung eines IKS für steuerliche Zwecke kann man im Wesentlichen wie folgt beschreiben:[4]

  • Ermöglichung bzw. Vereinfachung der Beseitigung steuerlich streitiger Feststellungen,
  • Verringerung der Einleitung bisher formal notwendiger Fahndungsprüfungen,
  • (steuer)straf- und (abgaben-)haftungsrechtliche Exkulpationsmöglichkeit der Organe des Unternehmens/der Institution bzw. der handelnden Personen.
 
Wichtig

BuStra-Meldung verhindern

Natürlich besteht künftig für Unternehmen ohne IKS Steuern zumindest rein faktisch eine erhöhte Gefahr, dass Betriebsprüfer womöglich Sachverhalte "übereilt" an die Buß- und Strafsachenstelle[5] weiterleiten. Dieser Gefahr kann man mit einem IKS Steuern entsprechend begegnen.

Es versteht sich von selbst, dass umfassende Tax Compliance Managementsysteme in erster Linie für große Unternehmen bzw. Konzerne von herausragender Bedeutung sind. Hier bestehen aufgrund der Komplexität des Geschäftsfelds sowie internationaler Verstrickungen besonders hohe Risiken, dass nicht alle Geschäftsvorfälle den Steuerabteilungen und steuerlichen Beratern bekannt und richtig behandelt werden. Allerdings betrifft der Anwendungsbereich grundsätzlich alle Unternehmen, die potenziell korrigierte Steuererklärungen abgeben.[6]

 
Praxis-Tipp

Mit einfachen Maßnahmen beginnen

IKS Steuern von Konzernen sind für "kleine Unternehmen" natürlich nur bedingt geeignet. Dennoch macht es natürlich gerade für Mittelständler bzw. Kleinbetriebe Sinn, Steuerungssysteme und Überwachungsmaßnahmen einzuführen.[7] Die Implementierung eines solchen Systems kann durchaus mit wenigen einfachen Maßnahmen beginnen und sich im Laufe der Zeit stetig weiterentwickeln, getreu dem Motto: Der Weg ist das Ziel! Mitentscheidend wird dabei sein, dass vorhandene Maßnahmen auch entsprechend dokumentiert werden, damit "das System" der Finanzverwaltung gegenüber im Ernstfall auch belegt werden kann.

Die Implementierung eines IKS für Umsatzsteuer könnte sich grundsätzlich an folgendem Prozessschema anlehnen:[8]

  1. Anamnese aller relevanten steuerlichen Sachverhalte im Unternehmen,
  2. Identifikation konkreter wesentlicher umsatzsteuerlicher Risiken innerhalb des Unternehmens (Risikomatrix),
  3. Festlegung von Kompetenzzentren im Unternehmen und Angebot von Entscheidungshilfen für Mitarbeiter, Bestimmung von klaren Verantwortlichkeiten,
  4. systemgestützte Dokumentation entscheidungsrelevanter Informationen,
  5. Schaffung von Kontrollmöglichkeiten im Hinblick auf risikobehaftete Sachverhalte,
  6. regelmäßig wiederkehrende Anpassungsmaßnahmen an veränderte Rechtslage, Sachverhalte, Risiken, zuständige Mitarbeiter und Basissysteme (lernendes System).
 
Praxis-Tipp

Gründliche Beurteilung aller Geschäftsvorfälle

Es ist von ganz wesentlicher Bedeutung, dass zu Beginn alle grundsätzlich möglichen/denkbaren umsatzsteuerlichen Fallgestaltungen erhoben und in einer Übersicht zusammengeführt werden. Vor der Implementierung konkreter Prozessschritte muss natürlich sichergestellt sein, dass die umsatzsteuerliche Würdigung jedes einzelnen Sachverhaltes richtig ist und die Verwaltungsauffassung nicht entgegensteht. In Einzelfällen kann es sich daher anbieten, bestimmte Sachverhalte vorab mit der Finanzverwaltung zu erörtern. Sehr nützliche Ausführungen speziell zu einem "IKS-Umsatzsteuer" enthalten auch die "Hinweise der Bundessteuerberaterkammer für ein steuerliches innerbetriebliches Kontrollsystem – Steuer-IKS".[9]

Klar sollte auch sein, dass die Finanzverwaltung selbst keine Vorgaben für die Ausgestaltung eines solchen Systems macht. Pauschale Aussagen dazu wären ohnehin schwierig, da Größe, Komplexität, Art des Kerngeschäfts und unzählige andere wichtige Aspekte bei den einzelnen Unternehmen sehr stark variieren. Als eine der ...

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