Rz. 49

Der Begriff "Industrie 4.0" umfasst die technische Integration vernetzter Systeme vor allem in Produktion und Logistik sowie die Anwendung des "Internets der Dinge und Dienste" in industriellen Prozessen. Internet der Dinge bedeutet, dass Computer als separate Gegenstände durch intelligente Gegenstände ersetzt werden mit dem Ziel, diesen Dingen, die bisher auf die Steuerung durch Menschen angewiesen sind, über das Internet eine Art Eigenleben einzuhauchen. Beim Internet der Dienste geht es im Wesentlichen um Dienstleistungen, die über ein Breitbandnetz angeboten werden.[1]

"Unternehmen werden zukünftig ihre Maschinen, Lagersysteme und Betriebsmittel als sog. Cyber-Physical Systems (CPS) weltweit vernetzen. Diese umfassen in der Produktion intelligente Maschinen, Lagersysteme und Betriebsmittel, die eigenständig Informationen austauschen, Aktionen auslösen und sich gegenseitig selbstständig steuern."[2]

Eng verbunden mit dem Begriff Industrie 4.0 ist das Cloud Computing und die Sammlung von Daten ("Big Data"). Dabei liegt die Stärke der deutschen Unternehmen eher im "Internet der Dinge", also eher im Bereich der materiellen Vermögensgegenstände, während die amerikanischen Unternehmen im "Internet der Dienste" bzw. Cloud Dienste führend sind, also sich hier mehr Fragen der Bewertung immaterieller Vermögensgegenstände ergeben.[3]

Für die Rechnungslegung bedeutet dies, dass eine genaue Einordnung der im Kontext von "Industrie 4.0" identifizierten Vermögensgegenstände vorzunehmen ist. Zunächst muss mit Blick auf den betrieblichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang (vgl. hierzu Rz. 6) entschieden werden, ob es sich dabei um einen einzigen Vermögensgenstand oder um mehrere verschiedene Einzelvermögensgegenstände, wie z. B. Maschinenbestandteile, Hardware, Software oder sonstige IT-Dienste, handelt. Die Rechnungslegung erfolgt schließlich entsprechend der jeweiligen Vermögensgegenstandsart. Ungeklärt ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Frage, ob neben den jeweiligen Vermögensgegenständen ein eigener bilanzierungsfähiger immaterieller Vermögensgegenstand aus dem "Zusammenwirken" entsteht.[4]

Auf europäischer Ebene wurde 2019 die "Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte bei der Bereitstellung digitaler Inhalte" erlassen.[5] Zur Umsetzung in nationales Recht liegt ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung vor.[6] Die genaue Ausgestaltung bleibt deshalb noch abzuwarten.

[1] Vgl. Abschlussbericht des Arbeitskreises Industrie 4.0 2013, S. 18, https://www.bmbf.de/files/Umsetzungsempfehlungen_Industrie4_0.pdf (Abrufdatum: 30.5.2022). Zu den sich daraus ergebenden Problemen in Bezug auf Daten vgl. Schwartmann/Hentsch, RDV 2015, S. 221 ff.
[2] Abschlussbericht des Arbeitskreises Industrie 4.0 2013, https://www.bmbf.de/files/Umsetzungsempfehlungen_Industrie4_0.pdf, S. 5. (Abrufdatum: 30.5.2022).
[3] Zur praktischen Bedeutung, den Chancen und Risiken von Industrie 4.0 vgl. Ziesemer, WISU 2015, S. 1155 f.
[4] Vgl. zu dieser Problematik bei den IFRS Pilhofer/Herr/Thom, IRZ 2018, S. 267 f.
[5] Vgl. Richtlinie (EU) 2019/770 v. 20.5.2019.
[6] Vgl. RegEntwurf Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen v. 13.1.2021..

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