In der Praxis wird nach Möglichkeiten gesucht, ob bei der Übertragung z. B. eines Zweifamilienhauses mit einer vermieteten und einer vom Übernehmer selbst genutzten Wohnung eine Aufteilung der gesamten Anschaffungskosten auf beide Wohnungen nach der Nutzfläche vermieden werden kann. Fraglich war, ob im Kaufvertrag/Übergabevertrag die Anschaffungskosten mit steuerlicher Wirkung nur der vermieteten Wohnung zugeordnet werden können.

 
Praxis-Beispiel

Gezielte Kaufpreiszuordnung bei teilentgeltlichem Erwerb

Die Eheleute V und M sind Eigentümer eines Zweifamilienhauses mit einem Verkehrswert von 250.000 EUR (Grund und Boden: 50.000 EUR, Gebäude: 200.000 EUR). Das Haus enthält im Erd- und Obergeschoss 2 gleich große Wohnungen. Die Wohnung im Obergeschoss ist vermietet, die Erdgeschosswohnung wird der Tochter T unentgeltlich überlassen.

V und M übertragen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das Grundstück auf ihre Tochter T. Der Vertrag bestimmt, dass die vermietete Wohnung im Obergeschoss des Gebäudes zu einem Kaufpreis von 125.000 EUR einschließlich Anteil am Grund und Boden verkauft wird. Die Wohnung im Erdgeschoss wird nach der Übertragung von T selbst bewohnt. Zur Finanzierung des Kaufpreises nimmt T ein Darlehen von 125.000 EUR auf.

Der BFH[1] hat diese Vertragsgestaltung, d. h. die gezielte Kaufpreiszuordnung anerkannt. Das von T erworbene Gebäude zerfällt ertragsteuerlich in 2 getrennte Wirtschaftsgüter, nämlich in die von T selbst genutzte Erdgeschosswohnung und die vermietete Wohnung im Obergeschoss, aus der T steuerlich relevante Vermietungseinkünfte erzielt. Deshalb können die beiden Wirtschaftsgüter auch zu unterschiedlichen Bedingungen übertragen werden. Die Vertragsparteien haben vereinbart, dass für das vermietete Obergeschoss (Wirtschaftsgut 1) ein Kaufpreis von 125.000 EUR zu zahlen ist und die Wohnung im Erdgeschoss (Wirtschaftsgut 2) unentgeltlich übergeht. Den Kaufpreisfestlegungen der Betroffenen ist zu folgen, wenn diese nicht unangemessen sind. Einen Gestaltungsmissbrauch[2] sieht der BFH darin nicht.

Da Grundstücke oder Grundstücksteile wegen ihrer unterschiedlichen Nutzung für einkommensteuerrechtliche Zwecke – anders als im Zivilrecht – in verschiedene Wirtschaftsgüter aufzuteilen sind, beträgt die Bemessungsgrundlage, von der T ihre AfA für das vermietete Obergeschoss berechnen darf, 100 000 EUR (Kaufpreis vermietete Wohnung 125.000 EUR ./. Anteil Grund und Boden 25.000 EUR).

Die Finanzverwaltung akzeptiert die Rechtsprechung des BFH, wenn die von den Vertragsparteien vorgenommene Zuordnung der Anschaffungskosten nach außen hin erkennbar ist und die Aufteilung nicht zu einer nach § 42 AO unangemessenen wertmäßigen Berücksichtigung der einzelnen Wirtschaftsgüter führt.[3]

 
Hinweis

Auch das Darlehen kann im Beispielsfall gezielt zugeordnet werden

Sind die Anschaffungskosten für ein nur zum Teil der Einkünfteerzielung dienendes Gebäude im Kaufvertrag aufgeteilt worden und ist der Einkünfte erzielende Teil gezielt mit Fremdmitteln bezahlt worden, sind die Schuldzinsen für diesen Kredit in vollem Umfang absetzbar.[4] T kann daher im vorhergehenden Beispielsfall die Schuldzinsen für das Darlehen von 125.000 EUR voll als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen. Mit der gezielten Kaufpreiszuordnung auf einzelne Wirtschaftsgüter lassen sich hohe abschreibungsfähige Anschaffungskosten produzieren und bei Fremdfinanzierung auch der volle Schuldzinsenabzug erreichen.

 
Praxis-Tipp

Gezielte Zordnung bereits im Übergabevertrag

Die gleichzeitige Übertragung mehrerer Wirtschaftsgüter auf Angehörige ist also in der Weise möglich, dass ein Teil der Wirtschaftsgüter entgeltlich und ein anderer Teil unentgeltlich übertragen werden. Für jedes Wirtschaftsgut kann nicht nur ein gesonderter Kaufpreis ausgewiesen werden, für jedes Wirtschaftsgut ist auch zu entscheiden, ob es entgeltlich, teilentgeltlich oder gar unentgeltlich übertragen wird.[5]

Für die Praxis ergibt sich hieraus, dass bei Übertragung mehrerer Wirtschaftsgüter im Wege vorweggenommener Erbfolge gegen Gegenleistungen des Übernehmers bereits im Übergabevertrag eine gezielte Zuordnung von Anschaffungskosten zu einzelnen Wirtschaftsgütern getroffen werden sollte. Diese Aufteilung ist anzuerkennen, wenn sie nicht erkennbar zu einem unangemessenen Wertansatz der einzelnen Wirtschaftsgüter, insbesondere über deren gemeinen Wert hinaus führt.[6]

[3] BMF, Schreiben v. 26.2.2007, IV C 2-S 2230-46/06, BStBl 2007 I S. 269, Rn. 14
[5] So Heuermann, INF 2005 S. 889.
[6] So die Empfehlung von Geck, ZEV 2007 S. 191.

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