Rz. 37

Die für einen Erwerb maßgebenden Voraussetzungen sind:

(1) Erwerb von Dritten: Neben Kaufvorgängen kommen dafür vor allem Tauschvorgänge und gesellschaftsrechtliche Sachverhalte in Betracht.[2] Bei Anerkennung dessen, dass sich der Erwerb am Markt konkretisieren muss,[3] ist vor allem fraglich, ob bei einem Kauf von einem Konzernunternehmen oder von einem Gesellschafter das Erwerbskriterium erfüllt ist. Gerade angesichts der Funktion dieses Kriteriums als Instrument der Nachweisobjektivierung mit dem Ziel einer objektivierten Wertbestimmung[4] ist es problematisch, den Erwerb von "verbundenen Personen" als Konkretisierung am Markt zu akzeptieren; da aber in den genannten Fällen jeweils ein Leistungsaustausch mit Dritten im zivilrechtlichen Sinne zu sehen ist, erscheint es konsequent, wenn ein solcher Leistungsaustausch nicht grundsätzlich als Nichterwerb deklariert wird.[5] Auch bei Anerkennung des Erwerbs von Konzernunternehmen als Erwerb im Sinne des Erwerbskriteriums sind folgende Einschränkungen zu diskutieren:

 

Rz. 38

  • Während Kropff den Erwerb eines immateriellen Anlagegutes von einem nicht durch einen Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag gebundenen Unternehmen – bei einer Angemessenheitsprüfung des Entgelts – für möglich hält, ist für ihn die Aktivierung bei Erwerb von einem derartig eng verbundenen Unternehmen daran gebunden, dass dieses das Gut seinerseits von konzernfremden Dritten erworben hat.[6] Für diesen speziellen Fall stellt sich zu Recht die Frage nach dem abgeleiteten Erwerb und damit nach dem Durchgriff der Erwerbsfrage auf den Verkäufer eines immateriellen Gutes.
  • Besondere Objektivierungsprobleme zeigen sich auch bei der Übertragung von Immaterialgütern durch einen Gesellschafter des Unternehmens, bei Übernahme ganzer Unternehmen und beim Tausch immaterieller Anlagegüter. Während bei der Übernahme ganzer Unternehmen das Hauptproblem darin besteht, dem einzelnen Immaterialgut einen Wert beizumessen, wenn es beim bisherigen Unternehmen nicht angesetzt wurde,[7] kommt es beim Tausch und bei gesellschaftsrechtlichen Vorgängen zu Nachweisproblemen insbesondere dann, wenn ein immaterielles Anlagegut im Tausch gegen ein anderes immaterielles Anlagegut erworben wird, vor allem, wenn das erworbene Immaterialgut beim Veräußerer nicht bilanzierungsfähig war.[8] Im Unterschied zum BFH[9] wird in der handelsrechtlichen Literatur darauf hingewiesen, ein objektiver Wert müsse ermittelbar sein.[10] Da es daran "regelmäßig bei Tausch immaterieller Anlagewerte gegen immaterielle Anlagewerte"[11] fehlt, wird ein entgeltlicher Erwerb nur dann anerkannt, wenn der Marktwert vergleichbarer immaterieller Güter sicher erkennbar ist, d. h., wenn ähnliche Güter bereits Gegenstände des Rechtsverkehrs waren.[12]
  • In allen Fällen des Erwerbs zwischen "verbundenen Personen" stellt sich ebenso wie beim Tausch die Frage nach der Angemessenheit der Gegenleistung. Während die Aktivierung zu unterbleiben hat, wenn die Gegenleistung bei wirtschaftlicher Betrachtung keinen tatsächlichen Wert darstellt,[13] entsprechen im Übrigen bei einem "zu hohen" Entgelt "die Anschaffungskosten höchstens den angemessen erscheinenden Beträgen".[14]
 

Rz. 39

(2) Art des Erwerbs: Ein Erwerb eines immateriellen Anlagewertes ist nicht gegeben, wenn Aufwendungen im Sinne von Zahlungen an Dritte für einen im Unternehmen selbst geschaffenen Gegenstand anfallen; für die Abgrenzung zwischen Anschaffungs- und Herstellungsvorgängen ist vor allem auf den Umfang der Eigenleistungen und die Risikoübernahme abzustellen, weshalb ein Erwerb abzulehnen ist, wenn ein Honorar im Rahmen eines Dienstvertrages oder wenn anderweitige Arbeitsaufwendungen gegeben sind.[15] Wenn der BFH darüber hinaus auf die Art des entgeltlichen Erwerbs im Sinne von originärem Erwerb – bei Entstehung eines immateriellen Anlagewertes erst durch ein Rechtsgeschäft – und derivativem Erwerb – bei Veräußerung eines vorher bereits bestehenden Gutes – abstellt und dabei einen Erwerbsvorgang in den Fällen des originären Erwerbs ablehnt,[16] dann ist diese Abgrenzung zum einen deshalb problematisch, weil sie der früheren Rechtsprechung des BFH oder der derzeitigen Auffassung der Finanzverwaltung widerspricht. Danach wäre es unerheblich, ob der Anlagewert bereits vor dem Vertragsabschluss bestanden hat oder erst durch den Abschluss eines Vertrags – z. B. eines Bierlieferungsvertrags oder eines Vertrags über ein Wettbewerbsverbot – zustande gekommen ist.[17] Insofern ist es bei Heranziehung der neueren BFH-Interpretation nicht verwunderlich, wenn z. B. Brezing einen Erwerbsvorgang beim Abschluss von Bierlieferungsverträgen ablehnt.[18] Ein BMF-Schreiben vom 11.7.1995 hat klargestellt, dass das Bierlieferungsrecht keine vorweggenommene Rückvergütung und damit keine sofort abzugsfähige Betriebsausgabe, sondern ein entgeltlich erworbenes Wirtschaftsgut darstellt, das beim Lieferanten und Zuschussgeber mit den Anschaffungskosten zu aktivieren und über die Laufzeit des Vertrags abzuschre...

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