Rz. 28

Bei den Posten der Rechnungsabgrenzung kommt es "nicht darauf an, dass ein (aktivierungsfähiger) Vermögensgegenstand oder eine (passivierungsfähige) Verbindlichkeit vorhanden ist".[1] Während die antizipativen Rechnungsabgrenzungsposten seit dem Aktiengesetz 1965 als (sonstige) Forderungen (bzw. Verbindlichkeiten) auszuweisen sind,[2] sind die transitorischen Posten weiterhin als Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen. Bei Heranziehung der Kriterien für transitorische Rechnungsabgrenzungsposten – bei aktiven Rechnungsabgrenzungsposten muss eine Ausgabe vor dem Aufwand liegen, der seinerseits einer späteren Periode zuzurechnen sein muss und für eine bestimmte Zeit erfolgen muss; analoge Regelungen gelten für die Bildung passiver Rechnungsabgrenzungsposten[3] – zeigt sich ein Abgrenzungsbedarf zu den immateriellen Gütern vor allem aufgrund der dritten Voraussetzung der Zurechenbarkeit eines Aufwands auf eine bestimmte Zeit.

 

Rz. 29

Sofern die Ausgaben einen "über mehrere Perioden hinausreichenden, in seiner Dauer aber unbestimmten Nutzen", dessen "zeitliche Verteilung [...] nur schätzungsweise möglich" ist, bewirken,[4] erfüllen sie weder die Voraussetzungen für einen Vermögensgegenstand bzw. ein Wirtschaftsgut – wegen ihrer fehlenden Konkretisierung durch die Unsicherheit und Unbestimmbarkeit ihres zukünftigen Nutzens – noch diejenigen für die Aktivierung als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten, da dann das Kriterium der Aufwandszurechnung auf eine bestimmte bzw. zumindest bestimmbare Zeit nicht gegeben ist. Die Rechnungsabgrenzungsposten nehmen eine Sonderrolle deshalb ein, weil sie der periodengerechten Gewinnermittlung dienen.[5] Die Forderung nach der Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Zeitraums, für den eine Vorauszahlung erfolgt, und das Bestreben nach einer strikten Objektivierung durch den BFH ermöglichen ihnen aber nur Erfolgsperiodisierungen in genau bestimmten Fällen. In der Literatur wird zum einen die Ansicht vertreten, dass RAP keine Forderungen auf aktivierungsfähige Vermögensgegenstände darstellen könnten;[6] zum anderen wird aber auch die Auffassung vertreten, dass die Kriterien für das Vorliegen eines Vermögensgegenstandes oder Wirtschaftsgutes bei RAP nicht zwingend erforderlich seien, dennoch könnten sie im Einzelfall auch bei den RAP vorliegen.[7] Unter dem Posten "aktive Rechnungsabgrenzung" werden zwar nicht Anzahlungen für (aktivierbare) immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, wohl aber Vorauszahlungen für immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die wiederkehrende Leistungen bei grundsätzlich wiederkehrenden Zahlungen verkörpern, aufgenommen.[8] In diesen Fällen stellt der Rechnungsabgrenzungsposten ein Periodisierungsinstrument bei geleisteten Zahlungen dar, die keinen konkret aktivierbaren Vermögensgegenstand zur Folge haben, weil dort der Grundsatz des Nichtausweises der Ansprüche und Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften zum Tragen kommt.[9]

 

Rz. 30

Zu Recht wurde in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass zwischen bestimmten immateriellen Anlagewerten und den Bilanzierungshilfen die Grenzen fließend waren.[10] Durch aktivische Bilanzierungshilfen wurde die periodisierte Aufwandsverrechnung einmaliger Ausgaben, die nicht für aktivierbare, selbstständige Vermögensgegenstände verwendet wurden, ermöglicht.[11] Als aktive Bilanzierungshilfen kamen vor der Verabschiedung des BilMoG und der damit verbundenen Abschaffung der Bilanzierungshilfen vor allem die Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebes nach § 269 HGB a. F., die Abgrenzungen für latente Steuern[12] und der Geschäfts- oder Firmenwert[13] in Betracht. Angesichts der Begrenzung auf die angesprochenen Bereiche und angesichts der objektivierungsbedingt eingeschränkten Begriffsverwendung des Rechnungsabgrenzungspostens und des Vermögensgegenstandes bzw. Wirtschaftsguts zeigte sich eine praktikable Abgrenzung zu den Aktivierungshilfen. Von den transitorischen Rechnungsabgrenzungsposten unterschieden sich die Bilanzierungshilfen durch ihre Begrenzung auf bestimmte Sachverhalte, die aus selten vorkommenden Geschäftsvorfällen resultierten, durch das fehlende Merkmal der bestimmten Zeit und durch das Wahlrecht zu ihrer Bildung, während Rechnungsabgrenzungsposten bei Vorliegen der Voraussetzungen ausgewiesen werden müssen.[14]

[1] So Kropff, in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Band III, 1973, § 152 Rz. 90; vgl. auch Freericks, Bilanzierungsfähigkeit und Bilanzierungspflicht in Handels- und Steuerbilanz, 1976, S. 212 f.; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 135; a. A. Müller-Dahl, Betriebswirtschaftliche Probleme der handels- und steuerrechtlichen Bilanzierungsfähigkeit, 1979, S. 130, der den Rechnungsabgrenzungsposten bei seiner derzeitigen Abgrenzung zu den Vermögensgegenständen bzw. Wirtschaftsgütern rechnet.
[2] Zu Recht sieht u. a. Gail, WPg 1969, S. 273, 276 diese Änderung als materiell "wenig bedeutsam" an, da diese Poste...

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