Leitsatz

Kauft ein Erwerber von einer Gemeinde ein Grundstück, das im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits erschlossen ist, und enthält der vereinbarte Kaufpreis Kosten für die Erschließung sowie für durchgeführte Ausgleichsmaßnahmen nach § 135a Abs. 2 BauGB für den Naturschutz, gehört auch der auf die Erschließung und die Ausgleichsmaßnahmen entfallende Teil des Kaufpreises zur Bemessungsgrundlage der GrESt.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG

 

Sachverhalt

Zusammen mit einer weiteren Person kaufte der Kläger von einer Gemeinde ein bereits erschlossenes Grundstück; entsprechend waren im Kaufpreis Erschließungsbeiträge, Ausbaubeiträge für die Abwasserbeseitigung und ein Baukostenzuschuss für den Anschluss an die Wasserversorgung sowie Kostenerstattungsbeträge nach den §§ 135a bis 135c BauGB für Ausgleichsmaßnahmen für den Naturschutz enthalten. Weitere Erschließungsbeiträge sowie der Kostenersatz für Haus- und Grundstücksanschlüsse gingen im Innenverhältnis zulasten der Käufer.

Das FA setzte gegen den Kläger GrESt unter Berücksichtigung der vertraglichen Übernahme der Erschließungskosten fest.

Dagegen wehrte sich der Kläger mit dem Argument, es fehle mit Blick auf die einbezogenen Erschließungskosten bereits begrifflich an einer grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung, soweit sich ein Erwerber eines Grundstücks gegenüber der veräußernden Gemeinde zur Übernahme der erst künftig entstehenden Erschließungskosten verpflichte. Der Erwerber übernehme damit nämlich eine ihn ohnehin als Folge der Erschließung treffende zukünftige Beitragsschuld.

Das FG (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.03.2008, 4 K 2637/04, Haufe-Index 2032477, EFG 2008, 1653) folgte dem. Erschließungskosten eines von der Gemeinde erschlossenen eigenen Grundstücks gehörten bei einem Verkauf des Grundstücks nicht zur Bemessungsgrundlage der GrESt, wenn die auf die Erschließungsanlagen entfallenden Beträge gegen den Ersterwerber aus Vereinfachungsgründen nicht in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Akt festgesetzt, sondern betragsmäßig nachvollziehbar neben dem Kaufpreis in die zivilrechtliche Vereinbarung mit einfließen würden.

 

Entscheidung

Der BFH gab hingegen der Revision des FA statt, hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.

 

Hinweis

1. Bei einem Grundstückskaufvertrag ist nach § 8 Abs. 1 GrEStG als Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der GrESt der Wert der Gegenleistung. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gilt als solche u.a. der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Für den Umfang der Gegenleistung im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinn ist dabei vor allem darauf abzustellen, in welchem Zustand die Vertragsbeteiligten das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbs gemacht haben.

2. Ist ein Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags bereits tatsächlich erschlossen, so kann Gegenstand des Kaufvertrags schon rein faktisch nur das erschlossene Grundstück sein. Entsprechend gehören dann zur Gegenleistung aber auch die im Kaufvertrag ausgewiesenen Kosten für die Erschließung. Das gilt – wie der BFH jetzt klarstellt – auch in dem Fall, dass der Erwerber ein erschlossenes Grundstück von einer Gemeinde kauft, der Kaufpreis Kosten für die Erschließung enthält, aber die öffentlich-rechtliche Beitragspflicht erst entsteht, wenn sich das Grundstück nicht mehr im Eigentum der an und für sich zur Beitragserhebung berechtigten Gemeinde befindet. Entsprechendes gilt für Kostenerstattungsbeträge, die wegen durchgeführter Ausgleichsmaßnahmen für den Naturschutz als Berechnungsfaktor bei der Festlegung des Kaufpreises für ein gemeindeeigenes Grundstück berücksichtigt werden.

3. Letztlich hängt die Lösung des Einzelfalls – wie dies der BFH auch durch "Detailanalyse" des Streitfalls deutlich macht – von der Auslegung des entsprechenden Kaufvertrags ab. Handelt es sich bei den als Teil des Kaufpreises bezeichneten Beträgen (im Streitfall für die Erschließung, den Ausbau der Abwasserbeseitigung, den Baukostenzuschuss für den Anschluss an die Wasserversorgung und die Kostenerstattung für Ausgleichsmaßnahmen) um anteilige eigennützige Leistungen des Käufers, die für einen noch herzustellenden künftigen Grundstückszustand zu erbringen sind, so sind sie nicht in die Gegenleistung einzubeziehen, während dies bei Beträgen, die kraft kaufvertraglicher Verpflichtung allein für die Übertragung des Grundstückseigentums zu entrichten sind, der Fall ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.09.2009 – II R 20/08

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