Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) gilt als eine wichtige Kennzahl zur Bewertung von Aktien. Ein im Unternehmens- oder Branchenvergleich niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis soll (unter sonst gleichen Bedingungen) indizieren, dass eine Aktie billig ist.

Das KGV lässt sich wiederum aus dem Ergebnis je Aktie (earnings per share – EPS) ableiten. Es besteht folgender Zusammenhang:

 
Kurs : Ergebnis = KGV
Aktie Aktie

Das Ergebnis je Aktie wird so zu einem Bindeglied zwischen Rechnungslegung und Unternehmensbewertung.

Die Berechnung des EPS versteht sich nur dann von selbst, wenn sich die Zahl der im Umlauf befindlichen (nicht von der Gesellschaft selbst gehaltenen) Aktien im Geschäftsjahr nicht geändert hat. In anderen Fällen sind theoretisch verschiedene Berechnungsmodi denkbar. Hier soll IAS 33 die Berechnung normieren, um die Vergleichbarkeit der Kennzahl zwischen Unternehmen sicherzustellen.

Eine zweite Zielsetzung von IAS 33 betrifft die Offenlegung von Verwässerungseffekten. Der Wert der Anteile der bisherigen Gesellschafter wird verwässert, wenn an neue Gesellschafter Aktien unter ihrem Marktwert ausgegeben werden. Zu einer Ausgabe unter Marktpreis kann es z. B. bei Gewährung von Mitarbeiteroptionen kommen, aber z. B. auch durch Wandelanleihen, die mit einem niedrigen Zins ausgestattet sind, dafür dem Inhaber eine günstige Wandlung in Aktien erlauben.

Mit der Verwässerung der Anteile ist regelmäßig eine Verwässerung des Ergebnisses je Aktie (EPS) verbunden: das Gesamtergebnis verteilt sich auf eine größere Aktienzahl. Geht mit der Erhöhung der Aktienzahl keine mindestens gleich hohe Steigerung des Ergebnisses einher, sinkt das Ergebnis je Aktie. IAS 33 verlangt, schon die potenzielle Verwässerung zu erfassen. Neben dem Ergebnis je Aktie (basic earnings per share) ist deshalb ein verwässertes Ergebnis je Aktie (diluted earnings per share) zu berechnen. Bei dieser Berechnung wird unterstellt, dass alle zum Stichtag noch ausstehenden Options- oder Wandlungsrechte schon zum Jahresanfang ausgeübt worden wären (if-converted-Methode). Diese Fiktion wirkt bei Wandelanleihen nicht nur auf den Nenner der EPS-Kennzahl (die shares), sondern auch auf den Zähler (die earnings): wenn sich die Wandelanleihe schon zum Jahresanfang durch Wandlung erledigt hätte, wären hierfür keine Zinsaufwendungen mehr entstanden. Das Ergebnis vor Steuern wäre also entsprechend höher ausgefallen. Bei steuerlicher Abzugsfähigkeit von Zinsen wäre allerdings auch der Steueraufwand gestiegen, sodass das Ergebnis nach Steuern (earnings) nur in Höhe der fiktiven Nettoentlastung gestiegen wäre.

 

Beispiel

Zum 1.1. und 31.12. setzt sich das Grundkapital aus 11 Mio. Aktien zusammen. Zu beiden Stichtagen werden jeweils 1 Mio. Aktien von der Gesellschaft selbst gehalten (eigene Aktien). Die Zahl der im Umlauf befindlichen Aktien beträgt daher 11 Mio. - 1 Mio. = 10 Mio. Bei einem Jahresergebnis von 20 Mio. EUR berechnet sich der basic EPS wie folgt:

 
basic EPS = 20 Mio. EUR = 2 EUR/Aktie
10 Mio. Aktien

Während des Jahres sind 1,5 Mio. EUR Zinsaufwand auf eine Wandelanleihe über nominal 80 Mio. EUR entstanden. Bei einem Steuersatz von 33 % beträgt die Wirkung auf das Ergebnis nach Steuern (1 - 0,33) × 1,5 Mio. EUR = 1 Mio. EUR. Die Inhaber der Anleihe können (allerdings frühestens in zwei Jahren) je 100 EUR Nominalbetrag eine Wandlung in fünf Aktien verlangen. Für die Berechnung des diluted EPS ist eine Wandlung schon zum Jahresanfang zu unterstellen. Die Zahl der Aktien hätte sich hierdurch um 80 Mio. × 5 / 100 = 4 Mio. erhöht.

In dieser Fiktion wäre der Gewinn nach Steuern durch den Fortfall der Zinsen um 1 Mio. EUR gestiegen. Der diluted EPS berechnet sich daher wie folgt:

 
diluted EPS = 20 Mio. EUR + 1 Mio. EUR = 1,50 EUR/Aktie
10 Mio. Aktien + 4 Mio. Aktien

Im Vergleich der in diesem und dem vorangehenden Kapitel behandelten Bereiche ergibt sich ein deutliches Missverhältnis im Regelungsvolumen. Der umfassenderen und relevanteren Frage der Segmentberichterstattung widmet der IASB nur etwa halb so viel Regelungstext wie der viel eingegrenzteren Frage nach dem Ergebnis pro Aktie, ein deutlicher Hinweis auf eine gewisse Überreglementierung des letztgenannten Bereichs.

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