Die Aufgabe eines Geschäftsbereichs, die Schließung eines Standorts oder die fundamentale Neuorganisation eines Unternehmens können mit besonderen Kosten etwa für die Abfindung von Arbeitnehmern oder die vorzeitige Auflösung von Mietvertragsverhältnissen verbunden sein. Eine Rückstellung für derartige Restrukturierungskosten ist nach IAS 37.71 nur dann anzusetzen, wenn die allgemeinen Kriterien für den Ansatz einer Rückstellung erfüllt sind.

Die Beurteilung, ob die allgemeinen Ansatzkriterien erfüllt sind, kann jedoch bei Restrukturierungen besondere Fragen aufwerfen. Für deren Beantwortung gibt IAS 37.70 ff. konkrete Hinweise. Eine rückstellungsfähige faktische Verpflichtung entsteht nur, wenn

  • das Unternehmen zum Bilanzstichtag einen detaillierten Restrukturierungsplan hat (betroffene Geschäftsbereiche und Standorte, Zahl der abzufindenden Mitarbeiter, entstehende Ausgaben, Umsetzungszeitpunkte) und
  • mit der Umsetzung des Restrukturierungsplans entweder bereits begonnen wurde oder der Plan ausreichend detailliert den Betroffenen gegenüber angekündigt wurde.

Interne Beschlüsse reichen für eine Restrukturierungsrückstellung nicht aus. Eine Außenverpflichtung muss entstanden sein, sei es faktisch durch Ankündigung (in Stilllegungsfällen) oder rechtlich durch Vertragsschluss (in Verkaufsfällen). Nicht rückstellungsfähig sind Kosten für Umschulung oder Marketinginvestitionen in Bezug auf neue Geschäftsfelder. Derartige Ausgaben sind vielmehr der künftigen Geschäftstätigkeit zuzuordnen.

 

Beispiel

Die Ökosteuer zeigt selbst im Kreis Bergheim ihre Wirkung. Breitreifen und Spoiler gehen nach wie vor gut, aber die Nachfrage nach Motortuning tendiert gegen null. Die Geschäftsführung beschließt noch vor dem Bilanzstichtag die Einstellung des Bereichs Motortuning. Der detaillierte Plan sieht u. a. die Entlassung von sechs Arbeitnehmern vor. Vier weitere Arbeitnehmer sollen nach entsprechender Schulung in die Voreifel versetzt werden, wo die Power Car GmbH aufgrund guter Absatzsynergien noch die Landmaschinenwerkstatt "Power to the Bauer" betreibt. Der Restrukturierungsplan quantifiziert u. a. die Abfindung und sonstigen Ausgaben und enthält genaue Umsetzungszeitpunkte.

Der detaillierte Restrukturierungsplan rechtfertigt noch keine Rückstellung. Sofern die Power Car GmbH zum Bilanzstichtag weder mit der Umsetzung des Plans begonnen noch durch detaillierte Information an die Betroffenen faktische Verpflichtungen geschaffen hat, muss eine Rückstellung unterbleiben. Wäre die Mitteilung erfolgt, so wären nur die Abfindungsbeträge der sechs zur Entlassung vorgesehenen Mitarbeiter rückstellungsfähig, hingegen nicht die Umschulungskosten für die vier zu versetzenden Mitarbeiter.

 

Tipp

In Stilllegungsfällen hat die Unternehmensleitung es in der Hand, ob sie das aktuelle Jahr noch mit einer Rückstellung belasten will. Möchte sie dies nicht, muss sie die Veröffentlichung des Plans hinauszögern. Falls dies nicht möglich ist, kann es helfen, den Plan möglichst wenig zu detaillieren und auf diesem Weg die Passivierungsvoraussetzungen zu umgehen.

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